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Dunkle Wasser

Dunkle Wasser

Titel: Dunkle Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jane Beaufrand
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Ihre Nackenhaare sträubten sich wie Wildschweinborsten.
    Und wie wir so reglos dastanden, stieß ich mit dem Ellbogen an etwas Unförmiges. Mein Batmangürtel. Das Handy war zwar futsch, aber da steckte noch etwas anderes. Ich brauchte nur ein bisschen mehr Spielraum.
    »Petunia!«, kreischte ich.
    Und das war der Auslöser. Sie stürzte sich auf Keiths Wade und vergrub ihre Zähne darin wie in einen Spielknochen. Keith schrie auf und ließ von mir ab. Im gleichen Moment zog ich mein Pfefferspray hervor und sprühte es den Umstehenden ins Gesicht. Phil bekam das meiste ab, aber Robbie erwischte auch eine Ladung.
    Ich fackelte nicht lange und rannte los.
    »Gib mir die Knarre!«, hörte ich Keith rufen.
    Den Hang hinunter versuchte ich erst gar nicht, festen Halt zu bekommen. Ich stolperte über Steine, verfing mich an Ästen. Ich musste es zum Boot schaffen. Mein Leben hing davon ab. Flink wie ein Maultierhirsch sprang ich den Pfad hinunter.
    Hinter mir hörte ich das Getrappel von vier Pfoten. Petunia war freigekommen und holte mich jetzt ein.
Gutes Mädchen!
, dachte ich. Dann ließ mich ein lauter Knall zusammenfahren.
    Ich schnellte herum und sah, wie es Petunia zur Seite riss.
Oh nein!
Ich lief ihr ein paar Schritte entgegen, machte aber abrupt halt. Hinter ihr stand Keith mit gezückter Pistole. Und die richtete er jetzt auf mich.
    Peng!
Etwas zischte an meinem Kopf vorbei. Ich duckte mich und lief wieder los. Ich musste hier weg. Schon war ich in Hörweite des Flusses.
Lauf, Ronnie, lauf!
    Von überall her hörte ich es rufen. »Hierher! Hier drüben!«
    Endlich hatte ich das Ufer erreicht, zog die Zedernäste beiseite. Das Boot lag noch genauso da, wie ich es verlassen hatte. Ich fummelte am Tau herum, murmelte unentwegt vor mich hin.
Kommschonkommschonkommschon
… aber es nützte nichts. Mit meinen nassen Fingern bekam ich den Knoten nicht auf.
    Im Gebüsch hinter mir raschelte und knackte es. Keith war mir dicht auf den Fersen. Schweren Herzens gab ich das Tau auf und stürmte flussabwärts. Wieder eine Chance weniger.
    Lauf, Ronnie, lauf!
, drängte mich der Fluss.
    Ein erneutes
Peng!
zerriss die Luft und die Welt um mich verschwamm.
    Manche sagen, dass man zunächst einmal nichts fühlt, wenn man angeschossen wird. Ich schon. Irgendetwas, das definitiv kein Brombeergestrüpp war, war in mein Bein gedrungen und sandte nun Schmerzen durch meinen gesamten Körper. Ich schrie auf und ging sofort zu Boden. Verzweifelt griff ich mir an die Wade, die voller Blut war und wie Feuer brannte. Doch stärker als der Schmerz war die Angst, dass das Schlimmste noch nicht vorüber war – das Schlimmste jagte mich mit blutunterlaufenen Augen durchs Unterholz.
    Und plötzlich drängte mich der Fluss nicht mehr weiterzulaufen. Vielleicht hatte ich zu viel Blut verloren und stand unter Schock, aber ich bildete mir ein, dass das Wasser, das gegen das Ufer spritzte, die Gestalt einer Frau annahm, die sich in der Gischt auflöste und mit jeder neuen Woge wiederauferstand. Keine weinende Frau, sondern eine, die mir mit ausgebreiteten Armen zulächelte, bereit, mich zu empfangen.
Komm, Veronica. Das wird ganz leicht. Du wirst gar nichts spüren
. Mich in die Arme dieser Frau zu flüchten, schien mir in diesem Moment keine so schlechte Idee, vor allem nicht, wenn ich noch jemanden mitnahm.
    Nun war mir klar, was ich zu tun hatte. Vielleicht würde der Fluss auch mich verschlucken. Ich wusste es nicht. Aber eins war sicher: Der Fluss hatte sein eigenes Gesetz und brauchte mich als Vollstreckungsgehilfin.
    Ich zog mich an einer Fichte hoch. Hinter mir lag der Fluss, nagte am Ufer.
    Und da kam Keith auch schon angerannt, halb blind, die Pistole in der Hand. Reglos und mit angehaltenem Atem verbarg ich mich hinter dem Stamm. Alles hing davon ab, dass er mich erst bemerkte, wenn es schon zu spät war.
    Er kam näher. Zehn Meter. Fünf. Zwei. Einen. Ich ließ ihn an mir vorbeiziehen, griff ihn von hinten und stürzte uns rücklings in die Fluten.
    Zisch!
Kaum waren wir in das kalte Wasser getaucht, tat
la llorona
das Ihrige und spülte uns davon. Ich ließ Keith los und versuchte, mit dem Kopf über Wasser zu kommen. Prustend durchbrach ich die Wasseroberfläche, ein seltsames saugendes Schmatzen entwich meinen Lungen. Und dann wurde ich wieder in die Tiefe gerissen.
    Doch ich war lange genug über Wasser gewesen, um einen Baumstamm mit knorrigen Ästen vor mir treiben zu sehen. Ein Schrammen, danach ein Knacken, als würde etwas

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