Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkle Wasser

Dunkle Wasser

Titel: Dunkle Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jane Beaufrand
Vom Netzwerk:
kein kurzer Sprint gefragt, hier ging es um Ausdauer. Zum Glück hatte ich mich in den letzten Monaten im Durchhalten geübt.
    »Ich möchte gerne auf dein Angebot zurückkommen. Das mit dem Gutfühlen und so.«
    Keith kaufte es mir nicht ab. Er lächelte. Ein Guhl-Lächeln, das nichts Liebes an sich hatte.
    »Dafür ist es wohl ein bisschen spät, Ronnie. Meinst du nicht auch?«

22
    Keith schob mich den Pfad hinauf bis zur Lichtung. Petunia lag ausgebreitet unter dem Winnebago-Wohnmobil.
    Verräterin. Wo warst du, als ich den Abhang hinunter um mein Leben gerast bin? Schöner Wachhund!
    Keith öffnete die hintere Wagentür, stieß mich unsanft hinein und verkündete: »Seht mal, was ich im Wald gefunden habe!«
    Zwei Personen hoben die Köpfe und funkelten mich böse an. Die eine trug ein Hawaiihemd und hatte die grauen Haare zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Das war Keiths Stiefvater und Mrs Kinyons Boss, Phil LaMarr. Die zweite war Robbie Markle, ein Junge aus der Schule. Robbie war ein Skatepunk, ein wenig wie Keith, nur dass ihm dessen nötige Lässigkeit fehlte. Er war klein und inder Mitte etwas rundlich. Wenn Keith Fred Feuerstein war, dann war Robbie Barney Geröllheimer.
    Phil machte ein finsteres Gesicht. »Na, sieh mal einer an, deine kleine Freundin besucht uns«, sagte er. »Und was sollen wir jetzt mit ihr anstellen?«
    Keith und Phil kommunizierten wortlos miteinander. Sie wollten mich töten, so viel war klar, nun ging es nur noch um das Wie. Panische Angst befiel mich. BADUMMBADUMMBADUMMBADUMM. Dann glaubte ich, Karens Stimme zu hören.
    Komm, Ronnie, komm gucken
.
    Mann, war das widerlich hier. Abgesehen von dem üblen Gestank strotzte der orangefarbene Zottelteppich auf dem Boden vor Dreck: Zigarettenstummel, verschimmelte Essensreste und gebrauchte Kondome. Irgendwer musste an diesem abscheulichen Ort Sex gehabt haben und leider konnte ich mir sehr gut vorstellen, wer.
Gretchen, was hast du nur getan?
    Alles war vollgestellt. Dreckige Töpfe stapelten sich in der Spüle und auf den Arbeitsflächen, Wochen alter Makkaroni- und Käseauflauf war noch gut erkennbar. Die einzige Stelle, die nicht zugemüllt war, war eine Arbeitsfläche mit elektrischer Kochplatte. Darauf stand ein Becherglas, das Hitze und diese seltsamen chemischen Dünste von sich gab, die das gesamte Waldgebiet um den Santiam River verseuchten.
    »Ich dachte, wir behalten sie vielleicht für eine Weile hier«, sagte Keith und streichelte meinen Arm.
    »Keith«, krächzte Phil. »Das halte ich für keine gute Idee. Sie hat Menschen, die sich um sie sorgen. Die kommen und suchen nach ihr.«
    »Gretchen hat auch Menschen, die sich um sie sorgen. Und Karen genauso«, sagte ich.
    Darauf wusste Phil nichts zu erwidern.
    Komm, Ronnie, komm gucken. Zwischen ihnen gibt es Lücken. Das Schweigen kann ausgedehnt werden
.
    Die Tür lag hinter mir. Die einzige Person, die mich von ihr trennte, war Keith, und seine Augen waren geschwollene Schlitze, also konnte er nicht sonderlich gut sehen. Wenn ich ihn dazu bringen könnte, seinen Griff zu lockern, könnte ich es den Berg hinunter schaffen.
    Mit voller Kraft trat ich ihm auf den Fuß. Er ließ mich für einen Moment los. »Du Schlampe!«, schrie er, und ehe ich auch nur zwei Schritte machen konnte, hatte er mich schon wieder gepackt.
    »Schnapp sie dir!«, brüllte Robbie.
    Phil öffnete eine Schublade in der Kochnische und holte ein Stück Gummischlauch heraus.
    Keith warf mich mit dem Kopf zuerst auf den Tisch. Sterne tanzten mir vor den Augen.
    »Haltet ihren Arm ruhig!«
    Mit einem Mal wurde ich von ihnen auf den Tisch gepresst. Keith beugte sich über meinen Rücken, während Robbie meinen Arm ausgestreckt hielt und ihn straff über dem Ellbogen abband. So hatte sich Gretchen also den Wundbrand zugezogen.
    Sie drehten mich um, Keith drängte sich mit seinem ganzen Körper gegen mich, rieb seinen Unterleib an mir. »Schh …«, sagte er immer wieder, als ob das einen Unterschied machte. Er half dabei mit, mich umzubringen, und das törnte ihn auch noch an. Ich hätte nicht gedacht, dass man so krank sein konnte.
    »Die beste Methode abzutreten. Du wirst schon sehen.«
    Ich bäumte mich auf und stieß einen animalischen Schrei aus.
    Rumms!
Die Tür flog auf und da war sie. Ich hatte mich so an sie als Schnuckiputz gewöhnt, dass ich ganz vergessen hatte, wie bedrohlich sie sein konnte. Knurrend und mit weit zurückgezogenen Lefzen gab sie den Blick auf ihre spitzen Eckzähne frei.

Weitere Kostenlose Bücher