Dunkle Wolken über den Schären: Mittsommerträume (German Edition)
Hand.
Anni-Frid fiel aus allen Wolken, als Jenny so kurz nach ihrer überstürzten Abreise wieder vor ihrer Tür stand. “Ich glaube es ja nicht!”, stieß sie aus. “Was machst du denn hier? Ich dachte, du bist in London?”
“Ich habe es einfach nicht mehr länger ausgehalten.” Jenny stellte ihren Koffer im Hausflur ab. “Darf ich reinkommen?”
“Natürlich, du bist jederzeit herzlich willkommen, das weißt du doch!”
Die beiden Freundinnen gingen ins Wohnzimmer. “Möchtest du vielleicht einen Tee?”
Jenny schüttelte den Kopf, dann brach sie in Tränen aus.
“O nein, nicht weinen, Liebes! Es ist wegen Magnus, nicht wahr?” Ärgerlich schüttelte sie den Kopf und reichte ihrer Freundin eine Packung Taschentücher. “Verflixt, ich habe ihn gewarnt, dass er es mit mir zu tun bekommt, wenn er dich dieses Mal nicht anständig behandelt!”
“Wovon sprichst du?” Jenny schnäuzte sich. “Ich verstehe nicht. Was heißt, dieses Mal?”
“Na, er war ja wohl offensichtlich bei dir in London. Aber als ich ihm die Adresse deines Cousins gab, dachte ich …”
“Du hast ihm Eriks Adresse gegeben?”
“Ja, natürlich! Wie sollte er dich sonst gefunden haben?”
“Er hat mich überhaupt nicht gefunden. Ich habe Magnus nicht mehr gesehen, seit diese Blondine ihn auf dem Marktplatz geküsst hat.”
“Ach, die Blondine.” Anni-Frid nickte. “Ich hab da inzwischen mal ganz in Ruhe drüber nachgedacht.”
“Und?”
“Na, ich frage mich, woher du eigentlich wissen willst, dass diese Frau nicht einfach nur eine alte Bekannte ist?”
“Sie hat ihn geküsst.”
“Ja, das sagtest du bereits. Und wie?”
Jenny runzelte die Stirn. “Wie meinst du das? Das tut doch überhaupt nichts zur Sache.”
“Nun ja, das würde ich so nicht sagen. Mich an deiner Stelle würde das
Wie
sogar sehr interessieren. Hat sie ihn auf die Stirn geküsst wie eine Mutter, oder auf die Wange wie eine Schwester. Oder war es ein
richtiger
Kuss, wie zwischen zwei Liebenden?”
“Ich …” Jenny zögerte. “Ich bin mir nicht ganz sicher, aber ich glaube, sie hat ihn auf die Wange geküsst.” Sie schüttelte den Kopf. “Trotzdem. Du hast nicht gesehen, wie vertraut sie miteinander umgegangen sind. So, als würden sie sich schon eine Ewigkeit lang kennen.”
“Das mag ja sein, aber deshalb muss er noch lange nichts mit dieser Blondine haben. Mensch, Jenny, dich hat es wirklich mächtig erwischt, was?”
“Ich hätte nicht gedacht, dass mir so etwas nach Torben noch einmal passieren würde. Aber ja, du hast recht, ich liebe Magnus.”
“Dann geh endlich und sag ihm das!”
“Ist er mir wirklich nach London nachgereist?”
“Zumindest hatte er das vor.”
Jenny nahm ihr Mobiltelefon. “Ich rufe ihn an.”
Sie wählte seine Handynummer, doch zu ihrer Enttäuschung meldete sich nur die Mailbox, auf der sie eine Nachricht hinterließ. Es war wie verhext.
“Ich fahre rüber nach Vattenfå und spreche mit Magda und Fredrik”, entschied sie spontan. “Vielleicht hat er sich zwischenzeitlich bei ihnen gemeldet, und sie können mir sagen, wie ich ihn am besten erreichen kann.”
Anni-Frid nickte. “Ich drück dir die Daumen. Wenn es einer verdient hat, glücklich zu werden, dann du.”
So laut und voll wie an dem Abend nach Magnus’ Abreise nach London war es in der Küche der Björlings schon lange Zeit nicht mehr gewesen – genau genommen seit dem Tag, an dem ihre Tochter Anja die Insel verlassen hatte, um ihr Studium in Uppsala zu beginnen. Seufzend musste Magda sich eingestehen, dass ihr seitdem etwas fehlte. Doch mit Magnus’ Besuchern war nun zumindest für eine Weile wieder etwas Leben auf Vattenfå eingezogen.
“Und Sie sind wirklich alle mit unserem Magnus Sund … Verzeihung, ich meine natürlich Persson, verwandt?” Magda schüttelte den Kopf. “Warum er bloß nie von Ihnen erzählt hat?”
“Das ist eine ziemlich lange Geschichte”, sagte Gunnars dunkelhaarige Frau Louisa, die gerade ihre Stieftochter Ann-Sofie zu Bett gebracht hatte. “Aber zum Glück eine, die endlich ihr Happy End gefunden hat.”
Lars nickte. “Jetzt können wir nur noch hoffen, dass Magnus in London ebenfalls erfolgreich ist. Er scheint bis über beide Ohren in diese Jenny verliebt zu sein.”
“Die beiden geben aber auch wirklich ein hübsches Paar ab”, sagte Magda. “Jenny ist eine Seele von einem Mensch. Sie leitet drüben in Lillebom einen Jugendtreff in einer stillgelegten Konservenfabrik. Soweit ich
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