Dunkle Wolken über den Schären: Mittsommerträume (German Edition)
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Olof Lindh. Der Name kam ihm bekannt vor. Magnus eilte zu seinem Schreibtisch und öffnete die oberste Schublade. Ganz obenauf lag der Brief einer Immobilienfirma. Es handelte sich um ein Kaufangebot für sein Grundstück auf Vattenfå. Am rechten oberen Ende des Blattes befand sich eine mit einer Büroklammer befestigte Visitenkarte.
Es war nicht das erste Schreiben dieser Art. Ein gutes Dutzend hatte Magnus bereits bekommen, ehe er – ebenfalls schriftlich – antwortete, dass ein Verkauf für ihn absolut nicht infrage komme. Doch dieser Bursche dachten offenbar nicht daran, aufzugeben. Nicht genug, dass er immer noch Woche für Woche mindestens ein neues Kaufangebot erhielt, seit einer Weile bekam er nun auch noch aufdringliche Anrufe.
Bei diesem letzten Brief aber handelte es sich um ein absolutes Novum, denn er war ihm Anfang vergangener Woche persönlich überbracht worden. Ausgehändigt von einem Mann, der ihm mit sorgsam gewählten Worten klargemacht hatte, dass man nicht gedachte, seine ablehnende Haltung so einfach hinzunehmen.
Magnus konnte sich gut daran erinnern, wie unsympathisch ihm dieser gedrungene, rattengesichtige Kerl gewesen war. Bei seinem Namen war er sich nicht ganz sicher, aber …
Also doch!
Er ließ die Hand sinken, mit der er den Brief mit der Visitenkarte hielt, und runzelte die Stirn. “Olof Lindh”, stand in fetten Lettern auf das edle Leinenpapier gedruckt, “Lindh Investments".
Sollte es ein Zufall sein, dass Jenny soeben denselben Namen während ihres Telefonats erwähnt hatte? Wohl kaum. Aber was um alles in der Welt hatte das zu bedeuten?
Kurz entschlossen legte Magnus das Schreiben zurück und eilte zurück ins Erdgeschoss.
Wenn es einen Menschen gab, der ihm mehr über Olof Lindh erzählen konnte, dann war es wahrscheinlich Jenny selbst.
Entschlossen nahm er seinen Mantel vom Garderobenhaken und öffnete die Tür. “Können wir dann jetzt los?”, fragte er Jenny.
Sie wirbelte überrascht herum, als sie seine Stimme hörte. “Was …? Aber ich dachte, Sie wollten nicht … Ich meine …”
Er hob eine Braue. “Ich habe es mir anders überlegt. Also, sind Sie so weit? Oder ist Ihnen plötzlich der Appetit vergangen?”
Jenny konnte noch immer nicht fassen, dass sie sich gemeinsam mit Magnus auf dem Weg nach Lillebom befand. Wie ein Fels in der Brandung stand er hinter dem Steuer des Motorboots, das Magda und Fredrik für Einkäufe auf dem Festland benutzten. Das andere Boot, mit dem Jenny nach Vattenfå übergesetzt war, hatten sie im Schlepptau. Jenny saß hinten auf der kleinen Holzbank und kam nicht umhin, Magnus’ wohlgeformten Po zu bewundern.
Hast du keine anderen Sorgen?, schalt sie sich selbst. Kümmere dich lieber darum, ihn bei Laune zu halten. Er ist die einzige Chance, die du jetzt noch hast.
Sie erreichten den Hafen, und Magnus sprang vom Deck, um das Boot zu vertäuen. Anschließend half er Jenny, ebenfalls von Bord zu klettern.
“Und jetzt?”, fragte er mit einem Lächeln, das ihre Knie weich werden ließ. “Wohin gehen wir?”
Angestrengt räusperte sie sich. “Mein Wagen steht oben am Kai.”
“Also dann.” Er reichte ihr galant seinen Arm. “Worauf warten wir noch?”
Es war ein merkwürdiges Gefühl, in seiner Begleitung den Steg entlangzugehen. Überdeutlich spürte Jenny die Blicke der Leute in ihrem Rücken. In einem kleinen Ort wie Lillebom kannte jeder jeden. Magnus aber war für sie ein Fremder. Sicher steckten schon jetzt die ersten ihre Köpfe zusammen und tuschelten darüber, wer ihr unglaublich attraktiver Begleiter sein mochte. Was für Gesichter sie wohl machen würden, wenn sie die Wahrheit wüssten!
Für die Bewohner von Lillebom war Magnus Sund so etwas wie eine Attraktion. Ein rätselhafter Mann, den nur selten jemand zu Gesicht bekam, so etwas heizte die Fantasie der Menschen an. Jenny hatte schon mindestens zehn verschiedene Beschreibungen des Bootsbauers gehört, der wie ein Einsiedler draußen auf Vattenfå lebte und die Insel kaum verließ. Alt und runzelig sollte er sein, klein und dick oder groß und hager und furchtbar hässlich. Es gab auch eine Theorie, die besagte, dass er nach einem Unfall von schrecklichen Narben verunstaltet sei und deshalb die Öffentlichkeit mied.
Kein einziges dieser Gerüchte enthielt auch nur ein Körnchen Wahrheit, so viel wusste Jenny inzwischen. Trotzdem musste es einen Grund geben, warum er ein Leben in völliger Abgeschiedenheit führte. Etwas, das in seiner
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