Dunkle Wolken über den Schären: Mittsommerträume (German Edition)
rührte sich nicht von der Stelle.
“Wollten Sie nicht …?” Sie räusperte sich.
Er nickte. Doch anstatt ins Boot zu klettern, trat er einen Schritt auf sie zu.
Jennys Herz begann wie wild zu pochen. Er stand jetzt so dicht vor ihr, dass sie den herben Duft seines Aftershaves riechen und seine Körperwärme spüren konnte. Und die ganze Zeit über hielt er ihren Blick mit dem seinen gefangen.
Langsam beugte er sich zu ihr herab, sein Mund näherte sich ihren Lippen. Jenny wusste, sie sollte dies beenden, ehe es zu spät war. Doch ein Teil von ihr sehnte sich so sehr nach seinem Kuss, dass sie einfach die Augen schloss und den Kopf erwartungsvoll in den Nacken legte.
Sein Kuss war zart wie die Berührung eines Schmetterlingsflügels. Ein Zittern durchlief ihren Körper, ihr war heiß und kalt zugleich. Seufzend schlang sie die Arme um seinen Nacken und erwiderte seinen Kuss leidenschaftlich. Die Welt um sie herum versank in einem Nebel des Vergessens. Nichts anderes zählte mehr, nur dieser Augenblick.
Und dann war es vorbei.
Sie löste sich von Magnus und wich einen Schritt zurück. “Wir sollten das lieber sein lassen”, flüsterte sie heiser. “Es … Es wäre einfach nicht richtig.”
“Du hast recht.” Er lächelte traurig. “Trotzdem möchte ich diese Erfahrung um keinen Preis der Welt missen. Es war sehr schön, dich zu küssen.”
“Geh jetzt”, brachte sie heiser hervor. Sie wusste nicht, wie lange sie noch die Kontrolle wahren konnte, wenn er so weiterredete.
Jenny stand noch da, als die Dunkelheit sein Boot schon längst verschluckt hatte. Noch immer glaubte sie, seinen süßen Kuss auf ihren Lippen zu schmecken, seine Wärme zu spüren und seinen Duft einzuatmen. Aber es handelte sich nur um einen dumpfen Nachklang, und wenn auch dieser verschwunden war, würde nichts zurückbleiben als ein Gefühl von Verlust.
Aber wie konnte das sein? Warum reagierte sie so heftig auf Magnus, wo ihr Herz doch schon einem anderen Mann gehörte? Plötzlich kamen ihr die Empfindungen, die Magnus mit seinem Kuss in ihr ausgelöst hatten, wie ein Verrat an ihrem verstorbenen Verlobten vor.
Auch wenn ihr niemals jemand Vorwürfe gemacht hatte, so wusste sie doch, dass sie allein die Schuld an Torbens Tod trug. Ohne sie wäre er heute womöglich noch am Leben. Sie hatte nicht das Recht, einfach so zu tun, als wäre nichts geschehen.
Jenny holte tief Luft, dann kehrte sie zu ihrem Wagen zurück.
Behutsam steckte Göran Molander seine Kamera in die Fototasche zurück. Er saß verborgen im Schatten auf der Terrasse eines kleinen Cafés. Von hier aus hatte man fast den ganzen Hafen im Blick. Optimale Bedingungen also, besser konnte man es sich kaum wünschen. Sein Auftraggeber würde zufrieden sein.
Mehr als zufrieden.
Er hatte den Gedanken kaum zu Ende gebracht, als das Mobiltelefon in der Innentasche seiner Jacke zu vibrieren begann. Er grinste. Wenn man vom Teufel spricht.
“Molander”, meldete er sich.
“Haben Sie die Zielperson wie besprochen im Auge behalten?”, fragte sein Klient ohne lange Vorrede.
“Natürlich. Und ich glaube, ich habe hier ein paar Schnappschüsse, die Ihnen gefallen dürften.”
“Wirklich? Das ging aber schnell.”
Göran hob die Schultern. “Ich hatte auch nicht damit gerechnet, dass meine Observation schon so bald von Erfolg gekrönt sein würde. Nach allem, was man über diesen Mann hört, ist er ja sonst eher kontaktscheu und verlässt seine Insel fast nie.”
“Sonst?” Die üblicherweise so gelassene Stimme Olof Lindhs klang plötzlich ganz aufgeregt. “Wollen Sie damit sagen, er war heute auf dem Festland unterwegs?”
“Ja – und noch mehr als das.” Göran lachte. “Ich schwöre Ihnen, die Fotos werden Sie umhauen!”
“Es ist nicht so wichtig, ob sie mir gefallen. Hauptsache, sie überzeugen Magnus Sund davon, endlich von seiner sturen Weigerungshaltung abzurücken.”
“Keine Sorge”, erwiderte Göran selbstsicher. “Wenn Sie ihm drohen, diese Bilder an die Öffentlichkeit zu bringen, wird er tun, was immer Sie von ihm verlangen.”
5. KAPITEL
D ie letzten Vorbereitungen für die Spendenparty waren im vollen Gange. In ein paar Stunden würden die ersten Gäste erscheinen, doch vorher gab es noch eine ganze Menge zu erledigen.
Seufzend schob Jenny eine Strähne ihres hellblonden Haares, die sich aus ihrem Zopf gelöst hatte, zurück hinters Ohr. Es war doch immer dasselbe: Egal, wie gut man ein solches Event auch plante, zu guter Letzt
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