Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkler Fremder

Dunkler Fremder

Titel: Dunkler Fremder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
Vom Netzwerk:
sind.«
      Shane versuchte seinen schmerzenden Körper in
eine verhältnismäßig bequeme Stellung zu bringen.
»Ganz einfach, Pater«, antwortete er ruhig. »Ich bin
nach Burnham gekommen, um einen Mann zu töten.«

    2

      An dem Nachmittag, als Shane in Burnham eintraf,
regnete es stark, und Nebelschwaden hingen in der Luft. Als er aus der
Bahnhofshalle trat, wehte ihm ein Windstoß einen Regenschauer ins
Gesicht, als ob er ihn zur Umkehr mahnen wollte, ehe es zu spät
war. Er schüttelte dieses Gefühl ab und machte sich auf dem
nassen Pflaster auf den Weg ins Zentrum der Stadt.
      Schon bald fand er das, was er suchte: ein billiges,
drittklas siges Hotel in einer ruhigen Seitenstraße. Nachdem er
die triste Halle betreten hatte, empfing ihn ein junges Mädchen,
das hinter dem Empfangstresen saß und in einer Zeitschrift las.
Es blickte auf und lächelte ihn freundlich aus strahlenden Augen
an.
      »Ich möchte ein Zimmer für eine Woche«, sagte Shane.
      »Mit oder ohne Bad?« Das Mädchen
schob ihm das Gästeverzeichnis hin und reichte ihm einen
Kugelschreiber.
      Er antwortete, er wolle ein Zimmer mit Bad, und das
Mädchen nahm einen Zimmerschlüssel vom Schlüsselbrett,
hob die Klappe des Empfangspults und ging ihm voraus zur Treppe.
      Sie trug einen eng anliegenden Rock und hochhackige
Schuhe. Sie bot von hinten keinen unerfreulichen Anblick. Doch der
Gesamteindruck wurde durch die Tatsache beeinträchtigt, daß
sie keinen erwähnenswerten Busen hatte, und ihr Mund war von
zahlreichen Aknenarben umgeben, die auch kein noch so sorgfältiges
Make-up verbergen konnte.
      Der Teppichläufer im oberen Korridor war
schäbig und abgetreten. Sie blieb mit einem Absatz hängen und
stolperte. Er konnte sie gerade noch vor dem Fallen bewahren. Sie
lehnte sich fest an ihn und lächelte. »Hier ist Ihr Zimmer,
Mr. Shane.«
      Das Mädchen steckte den Schlüssel ins
Schloß, öffnete die Tür und trat beiseite, um ihm den
Vortritt zu lassen.
      Das Zimmer war weder besser noch schlechter, als er
erwartet hatte. Eine Frisierkommode und ein Schrank in viktorianischem
Mahagony, die der Hotelbesitzer bei einer Auktion billig erstanden
haben mußte, zierten den Raum. Das Bett war sauber und das Bad
ausreichend. Das alles war erfüllt von dem abgestandenen stickigen
Geruch, der solchen Räumen eigen ist und aufdringlich an begangene
Sünden gemahnt. Shane trat ans Fenster und stieß es weit
auf.
      Als er sich umwandte, stand das Mädchen noch
unter der Tür und sah ihn mit einem Lächeln an, das wohl
geheimnisvoll sein sollte. »Wäre das alles?« fragte
es.
      Er ging auf das Mädchen zu, nahm ihm den
Schlüssel aus der Hand und schob es sanft zur Tür hinaus.
»Ich sage Ihnen Bescheid, wenn ich etwas brauche,
Kindchen.«
      Bevor er die Tür schloß, sagte sie
verbindlich lächelnd: »Wenn Sie etwas brauchen –
irgend etwas, Mr. Shane, klingeln Sie einfach.«
      Es war sehr still in dem Zimmer, nachdem sie gegangen
war. Und plötzlich hämmerte wieder dieser Schmerz in seinem
Kopf, rumorte in seinem Schädel wie etwas Lebendiges, nahm ihm den
Atem und trieb ihn wankend ins Badezimmer. Rasch drehte er den Hahn auf
und füllte ein Glas mit kaltem Wasser. Dann kramte er ein
Röhrchen aus der Tasche seines Jacketts, schraubte mit zitternden
Fingern den Verschluß ab und schüttelte zwei rote Pillen in
die Handfläche. Er zögerte einen Augenblick, dann fügte
er noch zwei hinzu, schob sie sich in den Mund, schluckte und
spülte sie mit einem Schluck Wasser hinunter. Einen Augenblick
lang blieb er schwankend mit geschlossenen Augen stehen, stützte
sich schwer auf das Waschbecken, schlurfte dann schwerfällig in
das Zimmer zurück und ließ sich quer auf das Bett fallen.
      Das war der schwerste Anfall, den er bisher gehabt
hatte. Er lag auf dem Bauch, preßte das Gesicht in das Kissen,
schwitzte vor Angst; doch dann ließ der Schmerz nach, so
unvermittelt wie bisher noch immer, und er konnte wieder freier atmen.
      Langsam richtete er sich auf und blieb einige Minuten,
den Kopf in die Hände gestützt, auf der Bettkante sitzen.
Nach einer Weile griff er nach seiner Reisetasche neben dem Bett und
öffnete den Reißverschluß. Er nahm eine halbvolle
Flasche Whisky heraus, entkorkte sie und trank einen kräftigen
Schluck.
      Die Flüssigkeit rann durch seine Kehle,
erfüllte ihn mit neuem Leben. Er zündete sich eine Zigarette
an und zog das schweißnasse Hemd aus und streifte sich ein
frisches

Weitere Kostenlose Bücher