Dunkler Schnee (German Edition)
Besitzer.
Sie finden ihn in der Werkstatt, er wischt sich gerade die Hände an einem ölverschmutzten Lappen ab. Er nickt kurz den drei Besuchern zu, und David beginnt die Konversation mit dem üblichen Small-Talk. Marisa schaut sich um. Drei Quads stehen hinter der Werkstatt im Schnee. Was mache ich hier nur, fragt sie sich zum wiederholten Male. Das darf doch alles nicht wahr sein. Warum nur bin ich nicht nach Teneriffa geflogen? Aber ich musste ja unbedingt hierhin zurückkommen. Sie hört David und John lachen, Adam steht unbeteiligt daneben, doch er macht Zeichen, dass sie sich nähern soll.
„Hast du kürzlich ein Quad verliehen?“, hört sie David fragen.
„Sicher, hab ich das, ich muss schließlich meine Familie ernähren.“ Und wieder ertönt ein raues Lachen aus Johns Kehle.
„Kannst du uns auch sagen, an wen?“
„Wieso wollt ihr das wissen?“ Misstrauisch wendet sich John Marisa zu, spricht sie aber nicht an.
„Das ist eine junge Freundin von mir aus Deutschland, sie ist auf der Suche nach einem Bekannten, der auch hier Urlaub macht.“ David räuspert sich, so als sei ihm diese Falschaussage gänzlich unbequem.
Urlaub, ha! Das wäre schön, denkt Marisa grimmig, nickt aber David zu, schließlich will er nur helfen.
„Ja, sicher“, fährt der Tankstellenbesitzer fort, „ich hab es an einen Deutschen vermietet. Wollte sich die Gegend ansehen. Hat aber nichts von Freunden gesagt.“
„Ja, es soll eine Überraschung sein“, erwidert David geistesgegenwärtig. „Sag, John, wie sah er aus?“
Mit klopfendem Herzen hört Marisa die Beschreibung, die John mit wenigen Worten zu geben bereit ist.
Ein leichter Schwindel ergreift sie, doch Adam spürt ihre Schwäche und packt sie fest am Arm.
9. Volker
„Hallo Marisa, da bin ich wieder – ist es Ihnen recht, wenn ich Sie Marisa nenne?“ Volker stand in der Kabine und schälte sich aus seiner Jacke.
Marisa staunte insgeheim über den aufgeräumten Eindruck ihres Patienten.
„Natürlich. Wie geht es Ihrem Arm?“
„Unverändert. Wunder sind wohl nicht zu erwarten, wie?“ Er grinste schief.
„Ich zeige Ihnen nachher ein paar Übungen, die Sie täglich machen sollten, und Tennis gespielt wird natürlich nicht!“
„Zu Befehl!“
Er legte sich hin. Sein Kinn sah frisch rasiert aus. Er blickte sie aufmerksam an, als sie mit der Behandlung begann.
„Ich habe Ihre Kollegen gehört, wie sie darüber gesprochen haben, dass sie bald heiraten.“
„Die alten Tratschmäuler“, antwortete Marisa, grinste aber dabei.
„Getratscht haben sie nicht, es klang eher …“, er überlegte mit gerunzelter Stirn, „fürsorglich, wenn Sie so wollen, ja fürsorglich trifft es wohl.“
Marisa sah ihn überrascht an. „Wie meinen Sie das?“
„Oh, ich wollte nicht zu viel sagen, ich hatte nur den Eindruck, dass man sich möglicherweise Sorgen um Sie macht. Jedenfalls kann sich Ihr Verlobter glücklich schätzen.“
„Vielen Dank, aber Sie kennen mich doch gar nicht. Vielleicht bin ich ja eine alte Xanthippe.“
„Das glaube ich nicht.“ Er lachte. „Tja, und wenn ich Glück habe, lerne ich Sie noch kennen.“
In dem Moment ging mit einem gleichzeitigen Klopfen die Tür auf und Laurens kam herein. Mit einer Entschuldigung auf den Lippen holte er einen Gymnastikball aus einem Korb im Regal. Sein Blick streifte Volker, dann zwinkerte er Marisa zu, bevor er wieder verschwand. Marisa, der eine Erwiderung auf der Zunge lag, verkniff sich erschrocken die Antwort bei Laurens’ Anblick. Erst als die Tür wieder geschlossen war, besann sie sich und bemerkte, dass sich ihr Pulsschlag unangenehm verändert hatte.
„Also, ich, äh, Sie verstehen sicher, dass wir besser über etwas anderes reden, Herr Meerbusch.“
„Bitte nennen Sie mich Volker. Und bitte vergessen Sie, was ich gesagt habe, ich rede manchmal zu viel.“
Den Eindruck habe ich eigentlich nicht, ging es Marisa durch den Kopf, sagte aber nichts mehr. Eigentlich hätte ich Laurens als meinen Verlobten vorstellen können, dachte sie. Warum habe ich es nicht getan? Ach, es ging zu schnell, es war nicht notwendig, er ist bloß ein Patient, den ich zum zweiten Mal sehe. Immer cool bleiben.
„Sie sehen angestrengt aus, Marisa“, hörte sie Volkers Stimme. Sein Grübchen wurde, wenn er lachte, flacher, und genau das tat er jetzt wieder. „Verwirre ich Sie? Wirke ich verwirrend?“ Er lachte leise.
„Wie meinen Sie das?“ Sie schüttelte den Kopf und fühlte sich in der Tat
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