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Dunkler Schnee (German Edition)

Dunkler Schnee (German Edition)

Titel: Dunkler Schnee (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Klein
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der von Entschlossenheit und Kühnheit zeugt, als könnten ihre Worte seinen Tatendrang nur schwach dämpfen.
    Marisa schwankt innerlich. Hat Adam recht? Nimmt sie ihre Probleme ungelöst wieder mit nach Deutschland, wenn sie Hals über Kopf abreist?

11. Versuchung
    Marisa saß in der Teeküche der Praxis und blätterte in einem Brautmodenmagazin, eine Tasse Kaffee vor sich auf dem Tisch und hörte ihre Kollegin Elke den letzten Patienten des Tages verabschieden. Sie selber hatte schon seit einer halben Stunde Feierabend, blieb aber noch, um abzuschalten und sich zu entspannen und den geschäftigen Tag Revue passieren zu lassen. Die Putzfrau wischte durch die Kabinen, Georg kam mit zwei Aktenordnern aus seinem Büro und verabschiedete sich. „Denk an die Patientenkarten, es kann ja nicht sein, dass du nur deine Hochzeit im Kopf hast!“, ermahnte er Marisa zum Schluss.
    „Ja, ja, Chef, aber jetzt hab’ ich Feierabend“, erwiderte sie, ohne aufzublicken.
    „Solange du hier bist, bist du auch im Dienst“, mahnte Georg mit arrogantem Tonfall. Marisa äffte ihn in Gedanken nach und beherrschte sich, nichts nach außen dringen zu lassen. Sie atmete tief ein, blätterte ruhig in ihrem Magazin und ignorierte die offensichtliche Erwartungshaltung ihres Chefs. Als Georg gegangen war, hing noch eine Weile der Zigarillogeruch in der Luft. Georg rauchte ausschließlich in seinem Büro und meist erst gegen Ende des Arbeitstages. Er missachtete sein eigenes Rauchverbot und schürte bei den anderen Rauchern immer wieder Hoffnungen auf eine Raucherzone innerhalb der Praxis. Marisa fand das indiskutabel und verstand ihre Kollegen nicht. Auch mochte sie nicht, dass diese in Georgs Beisein kuschten, sich aber, kaum dass er den Raum verließ, genauso über ihn ausließen wie andere. Wagte es einer, die Verbote des Chefs zu umgehen und es ihm gar gleichzutun, konnte sich Georg binnen Sekunden zu einem Choleriker verwandeln.
    „Du bist ja noch da!“, sagte Elke und setzte sich. Neugierig schaute sie ins Magazin und fragte, ob Marisa sich schon für ein Kleid entschieden habe.
    Sie sammele nur Ideen und wolle am Wochenende mit ihrer Mutter einkaufen gehen, antwortete sie.
    „Wollen wir denn noch rüber einen trinken gehen?“
    „Nein danke, Elke, heute nicht. Ich will nur noch ein wenig die Ruhe genießen und gehe dann nach Hause. Da warten die Einladungskarten auf mich, die alle noch adressiert und frankiert werden müssen. Laurens hat sich klugerweise verdrückt; der ist mit seinen Hockeyfreunden auf Tour.“
    „Ich kann dir helfen, wenn du willst.“
    „Das ist lieb, aber das schaffe ich schon. Bei dem Chaos in meinen Listen würdest du sowieso nicht durchblicken. Wir sehen uns morgen.“
    Nachdem Elke gegangen war, blätterte Marisa noch ein paar Minuten in der Zeitung, blickte versonnen auf das Abbild einer Model-Braut, die ihr besonders gefiel, und verstaute das Heft schließlich in ihrer Tasche. Sie war die Letzte; einzig die Putzfrau war noch in der Praxis.
    Als sie auf den Hinterhof trat, empfing sie die eisige Herbstluft. Mit hochgestelltem Mantelkragen eilte sie zu ihrem Auto und bemerkte etwas Ungewöhnliches …
    Es war nur ein Schatten, den sie aus dem Augenwinkel heraus sah. Aber dieser Schatten reichte, um sofort sicher zu sein, dass hier etwas anders war als sonst. Sie stockte im Gehen, hielt die Luft an, fröstelte noch mehr, schaute vorsichtig nach hinten und erkannte, dass sich der Schatten von der dunklen Fassade löste und auf sie zukam. Sie erschauderte und drehte sich um, um besser auf das Unbekannte gewappnet zu sein und nicht ihre Kehrseite zu präsentieren. Die Gestalt bekam im Näherkommen rasch Konturen.
    „Hallo Marisa, ich habe auf Sie gewartet!“
    „Volker! Was tun Sie denn noch hier?“ Ihr Erschrecken wich der Erleichterung und einem Erstaunen; der Puls wollte sich jedoch nicht beruhigen.
    „Ich … wollte Sie noch mal sehen.“
    „Ich verstehe nicht …“ Sie kramte fahrig nach ihrem Autoschlüssel in der Tasche.
    „Ich glaube, oder besser gesagt, ich hoffe, Sie verstehen doch?“
    „Volker, bitte, bringen Sie mich nicht in eine merkwürdige Situation.“
    „Merkwürdig? Was ist daran merkwürdig, dass ich mich von Ihnen angezogen fühle?“
    Er kam näher, berührte sie jedoch nicht.
    „Bitte gehen Sie. Sie sind mein Patient, und ich heirate bald. Volker, bitte erfinden Sie nichts zwischen uns.“
    „Es ist nichts erfunden, Marisa, es passiert einfach. Seit heute bin ich auch

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