Dunkler Schnee (German Edition)
– ein gewisser Max Fischer. Na? Klingelt’s?
Zu dumm, dass du diesem Fischer so viel Geld schuldest, dass er dich bis ans Ende der Welt verfolgen würde …
Die Bilder werden sofort online gehen, solltest du es nochmal wagen, mich oder meine Familie zu bedrohen!
Herr Fischer wartet schon gespannt am Flughafen!
Nimm die Tasche und verschwinde! Für immer!
Nemesis
Die Zeilen werden ihn verwirren, vielleicht erschrecken, ihm zumindest vor Augen führen, dass seine Identität offengelegt ist, denkt sie zum wiederholten Male. Marisa zweifelt nicht daran, dass Georg später wieder versuchen wird, sich an ihr schadlos zu halten. Auch er weiß, dass sein Aufenthalt in Peggy’s Cove nur im eigentlichen Augenblick für seine Verfolger in Deutschland interessant ist. Sobald er aus dem Radius der Kamera raus ist, kann er verschwinden, wohin er will. Kanada ist groß. Aber vielleicht fällt er auf die Finte rein und denkt, dieser Herr Fischer wäre in Halifax am Flughafen. Das sollte ihm genug Angst einflößen, um zu verschwinden.
In Gedanken umarmt sie Elke, die herausgefunden hat, dass Georg richtig Ärger mit Max Fischer hat. Und Max Fischer ist ein stadtbekanntes großes Tier der Kölner Mafia, mit dem nicht zu spaßen ist. Marisa hat mit Adam und Todd dieses Ablenkungsmanöver ausgedacht, doch Marisa will sich einfach nur rächen. Rächen für die Monate, in denen sie mit sich, mit Laurens, mit Volker gehadert hat, in denen sie ausgenutzt und mit Füßen getreten wurde. Sie will mit allen Mitteln verhindern, dass es noch einmal zu einer Erpressung kommt.
Dass Elke in Georgs Büro herausgefunden hat, dass der pleite ist und dass er obendrein vom aktuellen Verbrecherkönig gejagt wird, wirkte zunächst wie Balsam auf Marisas Seele. Das Wissen über die Vorgänge muss sie ausnutzen! Doch was nutzt es, wenn der Steuerfahnder in Deutschland weiß, dass sein Beobachtungsobjekt in Kanada an eine Tasche mit Schmuck gerät? Was nutzt es, wenn ein Gläubiger erst über den Atlantik jetten muss, um an einen Bruchteil seines Geldes zu kommen, das sicher nicht für ihn gedacht ist, sondern zur Flucht nach Mittelamerika dienen soll.
Elke hat, ohne zu wissen warum, alles an Informationen mitgenommen, was sie kriegen konnte. Dass sich Georg nach Mexiko absetzen will, ist eine Vermutung, gestützt durch Notizen seinerseits und dem Ausdruck einer Buchungsanfrage bei einer Fluggesellschaft, die bezeichnenderweise von Halifax nach Mexiko-Stadt fliegt. Zerknüllt und halb zerrissen lagen die Hinweise im Papierkorb, doch Elke hat die richtige Spürnase bewiesen und alles eingepackt.
Seit Marisa Elkes Fax gelesen hat, überlegt sie, wie das alles zusammenpasst. Es kann nicht sein, dass es nur um Geld geht, denkt sie, und wenn es so wäre, wie kann er dann einfach mal eben nach Halifax fliegen? Wie kann er sich eine Unterkunft leisten, ein dickes Mietauto? Woher wusste er überhaupt, dass ich nach Kanada fliege? Wieso kommt er mir nach? Wieso hat er mir nicht in Deutschland aufgelauert?
Es wird so kalt, dass ihr das Denken schwerfällt; außerdem muss sie sehen, dass sie aus der Schusslinie gerät!
Sie sieht zwei Gestalten aus dem Restaurant herauskommen und macht sich auf den Rückweg. So war es verabredet: Marisa geht zum Auto und wartet hinter einem Fischerhaus am Ende des Dorfes; David und Pam spielen ein albernes amerikanisches Pärchen, das unbedingt bei Nacht und Nebel zum Leuchtturm will; Todd schleicht sich über die Granitfelsen im Dunkeln heran und bleibt auf der Lauer – um diesen macht Marisa sich die größten Sorgen, denn zwischen den Felsen sind zum Teil tiefe Spalten, in die man leicht abrutschen kann – und Adam geht durch den Lieferanteneingang ins Restaurant und bedient den Scheinwerfer, sobald Georg sich am Turm blicken lässt.
Marisa ist nervös, viel zu nervös, um hinter einem Fischerhaus zu warten. Sie geht zum Auto, fährt über die Ausfahrt auf die Straße und biegt hinter dem ersten Wohnhaus in eine fremde Einfahrt hinein. Die Kälte missachtend schlägt sie sich von dort durch den verschneiten Garten und stößt schnell auf die Felsen, über die man zum Meer gelangt …
31. Der Zustand
Schwanger von einem Mann, der von der Bildfläche verschwunden ist; die ganze Zukunft nur aus Fragen bestehend, kaum beruflich rehabilitiert, irrte Marisa durch den Alltag, beschäftigt mit der Entscheidung: das Kind bekommen oder nicht?
Niemandem außer Yvonne hatte sie bisher von der Schwangerschaft erzählt.
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