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Dunkler Wahn

Dunkler Wahn

Titel: Dunkler Wahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wulf Dorn
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Spurensicherer Recht gehabt, was diese Verkleidung betraf. Nicht einmal Thanners eigene Mutter hätte ihn so wiedererkannt. Nur die Augen waren eindeutig die von Felix Thanner, aber auch hier war eine Veränderung festzustellen. Die Art, mit der ihn diese Augen ansahen, und ihr Blinzeln hatten nun eindeutig feminine Züge. Jedoch nicht auf die übertriebene Art, mit der Männer häufig die Gesten von Frauen imitierten. Diese Mimik wirkte durch und durch echt, und es war nicht Felix Thanners Mimik.
    »Geht es dir gut, Schatz? Möchtest du vielleicht ein Glas Wasser?«
    Ihre Stimme klang ebenfalls täuschend echt. Sie nahm das Handtuch ab, frottierte ihr künstliches Haar und lächelte ihn an.
    Dies war also Jana. Eine Frau, die es eigentlich nicht gab. Ein imaginäres Wesen, das sich einen Weg in diese Welt gesucht hatte. Ein Gespenst im Körper eines Menschen, den es benutzte, so wie ein Lichtstrahl Rauch brauchte, um sichtbar zu werden.
    Dies war Jana, die liebeskranke und besorgte Jana, die
mit wahnhafter Selbstverständlichkeit ihren geliebten Retter umsorgte, als sei es nie anders gewesen.
    Jan deutete mit dem Kinn zu seinen Fesseln. »Bitte mach mich los.«
    »Das würde ich wirklich gerne«, sagte sie und seufzte, »aber ich fürchte, das wäre keine gute Idee. Wie ich dir schon gesagt habe, muss man die Menschen manchmal zu ihrem Glück zwingen. Erinnerst du dich noch daran? Ach, bestimmt erinnerst du dich. Ich habe dir doch nur eine kleine Dosis verabreicht, und du warst nicht lange weg.«
    »Was …«, er leckte sich über die Lippen, wobei sich seine Zunge wie dickes, geschwollenes Leder anfühlte, »was hast du mir gegeben?«
    Sie kicherte. »Nichts, worüber du dir Sorgen machen müsstest. Felix’ Schäfchen auf der Drogenstation haben mir versichert, dass es absolut ungefährlich ist und auch nicht abhängig macht.«
    Jan stöhnte und legte den Kopf in den Nacken. Natürlich, als Seelsorger konnte Felix Thanner ungehindert in der Klinik ein und aus gehen, und auf diese Weise war Jana an die Informationen und letztlich auch an den Stoff gekommen. In einer großen Klinik kamen immer wieder Medikamente abhanden, ganz gleich, wie streng die Vorschriften auch sein mochten.
    Sie bedachte ihn mit einem verwunderten Blick. »Warum siehst du mich so an? Freust du dich denn gar nicht? Jetzt sind wir in der realen Welt zusammen. Das ist doch wunderbar. Nur du und ich.«
    »Und was ist mit Felix?«
    »Felix?« Sie wirkte ehrlich überrascht. »Er ist tot. Das weißt du doch.«
    »Nein, ist er nicht«, widersprach ihr Jan. Er musste versuchen, zu Felix durchzudringen. Das war die einzige
Chance, dieses gespaltene Wesen zur Vernunft zu bringen. Felix war das Ich und das Über-Ich, das die Kontrolle wieder übernehmen musste. Jan würde sie überzeugen müssen, dass es Felix noch gab. Andernfalls lief er Gefahr, dass diese Situation eskalierte.
    »Ach, du Dummerchen, was ist denn nur los mit dir?«, sagte sie und lächelte nachsichtig. »Wirklich, wir brauchen keine Angst mehr vor ihm zu haben. Ich habe dir doch versprochen, dass ich alles für unseren Plan tun werde. Und Felix, dieser Dummkopf, hat uns dabei geholfen.«
    »Nein, du hast doch gehört, was der Polizist gesagt hat.« Jan sprach so laut und eindringlich, wie es ihm in seinem noch immer benommenen Zustand möglich war. »Felix ist nicht tot. Es war nicht sein Körper, der verbrannt ist. Felix steht vor mir und trägt das Kostüm einer Frau. Du bist Felix!«
    »Also …«, sie schüttelte entrüstet den Kopf, »was redest du da nur für einen Unsinn! Willst du mich beleidigen? Hast du etwa die Nase voll von mir? Das solltest du dir gut überlegen.«
    Etwas Bedrohliches funkelte in ihren Augen, und dieses Etwas war in der Lage, ohne Skrupel zu töten.
    Jan schluckte. Es schmerzte. Sein Hals war wie ausgedörrt, und seine Stimme klang rau und trocken. »Ich möchte doch nur, dass du vernünftig wirst. Sieh doch ein, dass …«
    »Was hältst du von meinem Nagellack?« Sie lächelte wieder und hielt ihm ihre rechte Hand vors Gesicht. Jan starrte auf die dünnen schlanken Finger mit den gepflegten Nägeln, die auch zu einer Frau hätten gehören können. »Was meinst du? Ist er nicht zu dunkel für meine Augen?«
    »Es ist nicht dein Nagellack«, schnaubte Jan. »Er gehört
Carla! Ebenso wie die anderen Kosmetiksachen im Bad. Du bist hier eingedrungen. Du bist in mein Leben eingedrungen. Und du bist Felix , verstehst du das?«
    »Nein«, entgegnete sie

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