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Dunkler Winter

Dunkler Winter

Titel: Dunkler Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Luckett
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verkohlten Gliedmaßen.
    »Noch ein wenig… ich habe nur einen Schuss, den ich nicht vergeuden darf… Näher, noch ein wenig tiefer… ja… und jetzt!«
    Sie zog den Abzug durch und das Geschoss zischte von der schwirrenden Sehne. Er flog gerade ins Ziel, zu der Stelle, wo der Flügel mit dem Körper verbunden war, und das große fliegende Ungetüm krümmte sich – ein schreckliches Kreischen zerriss die Nacht. Der Flugdrache sank in taumelndem Flug abwärts und plötzlich hielt das Dunkel inne. Die Untoten sanken in sich zusammen, die Lebenden sahen einander an. Als der Flugdrache außerhalb der Festung niederging, zögerten sie. Die Sturmtrupps setzten keine Leitern mehr an die Mauern. Eine Anzahl rotbrauner Körper zog sich aus dem Hof zurück, überstieg den Schutt der Mauerbresche und kam außer Sicht.
    Schwester Winterridge sah sich um. Auf dem anderen Rundturm, von uns durch die Mauerbresche getrennt, winkte jemand mit beiden Armen.
    Merceda. Wir konnten nicht hören, was sie rief, aber die Botschaft war klar. Sie zeigte durch die Bresche hinaus zu der Stelle, wo der Flugdrache sich am Boden wand. Das dort ist der Zauberer. Erledigt ihn, und es ist vorbei. Ein Ausfall jetzt, bevor er wieder etwas organisieren kann.
    Schwester Winterridge nickte und rief ihre Befehle. Im Gänsemarsch die Treppe hinunter. Die Abstützungen und Balken wurden weggeräumt, so rasch es ging, die Riegel gehoben, die Türen aufgestoßen. Zusammen mit anderen aus dem benachbarten Turm stürmten wir in den Hof, und die wenigen lebenden Kobolde, die sich noch dort aufhielten, warfen ihre Waffen weg und flohen durch die Bresche. Wir beachteten sie nicht und formierten uns zum Ausfall, an der Spitze die gepanzerten Tenabrer.
    Schwester Winterridge hob die Hellebarde in die Höhe, sodass die widerhakenbesetzte bläuliche Stahlklinge hoch über ihrem Kopf in der Luft blinkte. »Vorwärts! Was im mer Sie tun, lassen Sie sich nicht aufhalten. Wir müssen zu ihm. Die Göttin sei mit uns!«
    Jemand hatte ein Banner gefunden, die Rose im Glo rienschein. Es entfaltete sich über uns wie eine Segnung.
    Wir erstiegen den Mauerschutt, sprangen und stolper ten auf der Außenseite hinunter und formierten uns. Wir taten in den Harnischen unser Möglichstes, die anderen abzuschirmen, aber die Armbrustbolzen aus der Dunkel heit waren wenige und schlecht gezielt. Wir an der Spitze und die Schwestern hinter uns, machten wir unseren Ausfall in einer geschlossenen Sturmabteilung.
    Zuerst gingen wir im Laufschritt vor, aber das schlech te Licht und die zahlreichen, oft makabren Hindernisse zwangen uns zu langsamerem Vorgehen.
    Die Belagerer der ersten Angriffswellen lagen, wie sie gefallen waren, durchbohrt, verbrannt, gebrochen. Hier lag einer der Steinskorpione auf dem Bauch, die kristalli nen Beine von sich gestreckt, der Panzer von offenen Ris sen durchzogen. Dort lag das halb verbrannte Skelett einer Sau mit ihren ausgeglühten, verbogenen Eisenplat ten, umgeben von halb verbrannten Körpern. Unsere Stie fel knirschten über der Asche und dem Sand der zerstör ten Häuser, wo einst Menschen gelebt hatten. Hier gab es nur noch Tote.
    Und er war hier draußen. Dort.
    Eine undeutliche Silhouette zeichnete sich in der Dunkelheit ab. Seltsam, wie anmutig der Drache im Flug ge wesen war, und wie hässlich er jetzt mit gebrochenem Flügel am Boden lag.
    Kobolde warfen sich auf uns, die Reste der Sturmtruppen. Er rief sie. Wir fegten sie beiseite. Die Toten regten sich, wo sie gefallen waren, und wir beschleunigten unseren Schritt, ließen den verwundeten Drachen links liegen. Der Zauberer war nahe, wir spürten es.
    Da, im Fackelschein: frisches Blut auf dem Pflaster einer einst geschäftigen Straße. Wir folgten den Tropfen und sahen die Schleifspuren. Andere Fußabdrücke neben den schleifenden. Er wurde getragen.
    Kobolde verlangsamten uns. Die Schwestern hinter uns sicherten in Zweiergruppen die Flanken und hielten sie zurück. In unseren Harnischen gingen wir in einen schwerfälligen Laufschritt über, die Schwestern dichtauf und zu beiden Seiten. Die ständigen Angriffe hielten die Schwestern auf und dünnten unsere Sturmtruppe aus, bis sie nur noch aus dem gepanzerten Keil der Tenabrer und Schwester Winterridge bestand. Wir konnten die andern hinter uns hören, aber das Dunkel wuchs zusammen, berührte sich an diesem Ort. Er rief es, und es hielt sie auf. Trotzdem waren wir ihm nahe. Wir konnten der Sache hier ein Ende machen. Die Blutspritzer am

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