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Dunkler Winter

Dunkler Winter

Titel: Dunkler Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Luckett
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geschehen ist. Komisch, musste ich denken, er versucht mich zu reizen. Das ist eine geplante Sache. Aber was ich dachte, hatte nichts mit meinen Reaktionen zu tun. Ein Teil von mir riet, es zu überhören und die Herausforderung ins Leere laufen zu lassen, nicht auf der Ebene zu fechten, die sie gewählt hatten. Doch der Rest von mir kümmerte sich nicht darum; er wollte handeln.
    Irgendwo hatte ich einmal einen Roman gelesen, wo der Held beim Essen beleidigt worden war und darauf mit einer Geste reagiert hatte, die der Autor – und ich mit ihm – im höchsten Maße angemessen fand. Ich streckte die Hand zum nächsten Weinbecher aus, tauchte einen Finger hinein und berührte den Handrücken des Ritters damit. Ein roter Tropfen glänzte dort im Fackelschein wie das Auge eines Kobolds.
    »Dies in Ihr Gesicht«, sagte ich.
    Er schüttelte den Tropfen ab und lächelte, blickte wie um Billigung heischend zum Grafen. Er stieß nur auf Ver ärgerung, was ihn ein wenig ernüchterte.
    »Der Streit ist mein«, erklärte Silvus. »Indem Sie mei nen Knappen so schwer beleidigten, haben Sie mich belei digt, und ich bin von einem Rang, das Schwert mit Ihnen zu kreuzen.«
    De Lacy schürzte die Lippen. Er musste in jüngeren Jahren geübt haben, wie man höhnisch lächelt. »Es wird mir ein Vergnügen sein, entweder diesem Lümmel oder seinem landlosen Herren den Unterschied zwischen eh renhaftem Zweikampf und einer Schlägerei im Dreck zu lehren.«
    Das weckte Graf Ruanes Interesse. Aufmerksam beugte er sich vor. Vielleicht gefielen ihm Ritterduelle.
    Silvus’ Gesicht lief rot an, in seine Augen kam ein gefährlicher Glanz. »Ihr Tod dafür. Morgen auf dem Anger…«
    Das konnte ich nicht zulassen. Es war mein Streit. Außerdem konnte ich Silvus bei den Übungen von fünf Hieben einen beibringen. Beim Kampf in der Rüstung war er wahrscheinlich besser als ich; aber niemand sollte meine Kämpfe für mich bestreiten, nicht einmal er.
    »Mit Ihrer Erlaubnis, Ser.« Das war laut genug, um sie beide innehalten zu lassen. Ich wandte mich zu Graf Ruane, als wollte ich Anleitung erbitten. »Ich glaube, Durchlaucht, dass in Ehrenhändeln der herausgeforderte Teil die Entschuldigung oder Satisfaktion eines anderen Edelmannes nicht ablehnen darf?«
    Das musste zutreffend sein. Ich hatte oft genug im Ar chiv des Sterberegisters gelesen, um die Regeln zu kennen.
    Ruane zögerte. »Das ist die alte Doktrin. In diesem Fall glaube ich jedoch…«
    »Und mein Titel als Edelmann, den ich aus Euren Hän den empfing?«
    »Nun ja, richtig… Aber Ihr Ritter…«
    Ich ließ mich nicht beirren. »Dann glaube ich, dass die Aufgabe, diese Beleidigung meines Namens zu bestrafen, mir zufällt.«
    De Lacy machte es mir leicht. »Bestrafen! Du Bauern lümmel, du hochgespülter Abschaum, ich werde dich in Stücke hauen!«
    »Das reicht.« Ich wandte mich zu Silvus. »Ser, werden Sie mein Sekundant sein?«
    Graf Ruane lehnte sich stirnrunzelnd zurück. Glaubte er nicht an seine eigenen Ernennungen?
    Silvus starrte finster, zuerst zu mir, dann zu de Lacy. »Sehr gut«, knirschte er. »Ich sekundiere für meinen Knappen. Auf dem Dorfanger, zu Fuß, weil keine Zeit ist, Turnierschranken zu errichten. Schwert, Streitaxt oder Streitkolben, wie es Ihnen gefällt. Und beim ersten Licht morgen früh, damit wir Ihr Aas verscharren und ohne Verzögerung aufbrechen können. Mit Eurer Erlaubnis, Durchlaucht. Ser Heulmes, meine Dame, ich danke Ihnen für Ihre Gastfreundschaft.«
    Und er stand auf, verbeugte sich vor dem Grafen und dem Landedelmann und seiner Frau, und schritt hinaus. Ich folgte ihm.
    Der Mann verstand es, sich einen Abgang zu verschaf fen. Ich wünschte beinahe, ich könnte bleiben und die aufgeregten Kommentare hören.
    Das Gasthaus hatte unsere Pferde in den Stallungen un tergebracht so gut es ging, aber der Pferdeknecht hatte sich schon schlafen gelegt. Muck war gefüttert und ge tränkt worden, aber nicht gestriegelt und gepflegt, und das machte ihn unglücklich. Ich machte mich an die Ar beit, während Silvus sich um sein Pferd kümmerte.
    Die Pferde spürten unsere Stimmung und waren nervös, obwohl ich mich um einen beruhigenden, begütigenden Tonfall bemühte. »Heb den Fuß auf, du Saukopf. Na, na, lass gut sein, altes Trampeltier, ich putze nur deinen Huf aus, wie jeden Tag. Ja, brav, aber hör auf, dich an mich zu lehnen.«
    »In einem Punkt hat er Recht, weißt du.« Silvus ließ sich nicht ablenken.
    »Was?«
    »Es gibt einen Unterschied. Du

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