Dunkler Winter
hast bisher nicht in der Rüstung gefochten. Du bist gepanzerte Gegner nicht ge wohnt.« Er grübelte. »Nur gut, dass ich ihm ein Duell zu Fuß untergejubelt habe. Zu Pferde würde er dich auf spießen.«
»Ich werde mit ihm fertig.« Ich wünschte, ich fühlte mich so zuversichtlich, wie es klang. »Er ist höfische For men gewohnt. Ich möchte bloß die Farbe seiner Gedärme sehen.«
»Das ist das Problem, mein Lieber. Wenn du ihn in einer Art und Weise niedermachst, die von den ande ren als – entschuldige das Wort – unehrenhafte, gemeine Verschlagenheit empfunden wird, wird es dir ewig an hängen.«
»Ich werde mich nicht im anerkannten ritterlichen Stil ausweiden lassen, wenn es eine Alternative gibt.«
»Nun, du könntest dich entschuldigen. Dann würdest du nicht getötet. Wenigstens vorläufig nicht.«
»Nein. Ich würde bloß bis zur Bedeutungslosigkeit missachtet werden. Oder ohne Aufhebens zum Teufel ge schickt, weil niemand etwas mit einem Angsthasen zu tun haben will.«
»Ja.« Silvus bestritt es nicht. »Oder man würde dir die Kehle durchschneiden. Wie diesem Kerl, dem du die Kniesehnen durchschlugst. Ich frage mich, wer ihn tötete.«
»Ich weiß nicht. Mir ist es gleich.«
»Hm. Jemand sollte es wissen. Wenn wir ihn hätten verhören können, hätte er uns vielleicht nützliche Aus kunft geben können. Jemand wollte das verhindern.« Sil vus seufzte, verfolgte das Thema aber nicht weiter. »Also, wir werden sichergehen müssen, dass du gewinnst. Und das wird nicht leicht sein. Er ist erfahren in diesen Din gen. Und er wird in voller Turnierrüstung erscheinen, mit Zusatzstücken zu seinem Vorteil.«
»Zusatzstücken?«
»Zusätzlichen vorgehängten Schwebe- oder Brechschei ben für den Turnierkampf. Verstärkungen.«
Ich dachte darüber nach, erwog die Möglichkeiten.
»Schwerer«, bemerkte ich.
»Ein wenig. Aber die Verstärkungen garantieren, dass du ihn mit einem Schwert nicht wirst verletzen können, so lange es kein Bihänder ist, mit dem du nicht viel Erfahrung hast.«
»Ich könnte sein Schwert unterlaufen, ihn packen, zu Fall bringen und einen schmalen Dolch durch das Augen loch stoßen.«
»Mh-mh. Nicht ehrenhaft. Nicht ritterlich. Nicht fein.«
»Dann bleibt nur die Möglichkeit, ihn niederzuschla gen. Mit einer Streitaxt oder einer Hellebarde. Vielleicht würde die gute Schwester mir ihre leihen?«
»Das würde sie nicht tun, und ich würde dir den Ver such auch nicht empfehlen. Es ist das gleiche Problem. Du hast nicht viel Erfahrung mit Stangenwaffen.« Er hielt inne. »Sie wird über diese Geschichte nicht glücklich sein, weißt du. Darum ist sie jetzt nicht hier.« Silvus war mit den Hufen fertig und begann sein Reittier abzureiben. Ich wartete, bis ich mit dem Striegeln an die Reihe käme. Er hatte offensichtlich etwas im Sinn, und ich war der Rate spiele überdrüssig.
»Was soll ich dann tun?«
»Er wird annehmen, dass du mit der gleichen Ausrüs tung antreten wirst, wie er sie hat. Ich empfehle, dass du ihn durcheinander bringst. Du wirst Rüstung tragen müssen – «
»Warum nicht einfach das Kettenhemd? Dann bin ich beweglicher und kann ihn von der Seite nehmen.«
Silvus blickte ungeduldig. »Ein Edelmann trägt das Beste. Nichts sonst ist annehmbar. Und du kannst nicht einfach außer Reichweite bleiben, bis er ermüdet. Das wäre genauso schlimm. Aber du kannst deine Feldrüstung tragen, die leichter ist als seine, und einen Langschild. Er wird bloß einen von diesen Rundschilden zum Anschnallen haben, weil seine Rüstung ja so gut ist. Des halb empfehle ich eine Streithacke mit zwei Fuß langem Griff. Wenn du einen massiven Hieb…«
»Es würde wie ein Kampf mit der Keule sein.«
»Ja. Aber darauf verstehst du dich.«
Richtig. Die geeignete Waffe, um in einer Wirtshaus schlägerei Schädel einzuschlagen. De Lacy würde aber etwas besser als der durchschnittliche Trunkenbold sein.
»Und wenn die Art und Weise, wie er den Wein in sich hineingegossen hat, einen Hinweis zulässt, wird er mor gen früh einen dicken Kopf haben. Vielleicht einen Kater, vielleicht noch einen kleinen Restrausch.«
Da war er wieder, dieser Trick, den gleichen Gedan kengängen zu folgen wie ich. Ich grunzte, beendete meine Arbeit mit dem Striegel, und wir gingen wieder hinauf zum Herrenhaus.
Das Abendessen war vorbei. Die Leute saßen in be drückten kleinen Gruppen bei Bier und Wein in der Halle, wo Silvus unseren traurig blickenden Gastgeber fand. Ja, er besaß eine
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