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Dunkler Winter

Dunkler Winter

Titel: Dunkler Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Luckett
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Kleidern.
    »Siehe da. Und wie geht es uns heute Morgen?«, fragte die Heilerin in einem Ton professioneller Munterkeit. Da bei sah sie müde aus und ihr langes Gewand war zerknit tert. Wahrscheinlich hatte sie die Nacht an Huberts Kran kenlager verbracht, vermutete ich. Aber ich widerstand dem Drang, sie zu fragen, wie es ihr gehe.
    »Viel besser, danke«, antwortete ich statt dessen. »Hungrig bin ich.«
    »Hm. Gut. Sie haben hübsch viel Blut verloren. Es kann nicht schaden, neues zu bilden. Aber keine großen Mahlzeiten, nicht zu plötzlich.«
    Sie sagte etwas zu der Novizin, die hinausging, und kam ans Bett, um meinen bandagierten Brustkorb zu un tersuchen. »Sieht nicht schlecht aus«, meinte sie nach der Untersuchung. »Das Fieber ist zurückgegangen, die Blu tung hat aufgehört. Sieht auch nicht so aus, als hätte die Heilsalbe Sie überfordert.«
    Mich überfordert? Ich sah sie fragend an.
    »Ich dachte, es sei offensichtlich. Dieses Zeug heilt Sie nicht wirklich. Es ist nicht magisch. Es unterstützt nur die Selbstheilung, und das sehr wirksam, sodass sie schnell vonstatten geht. Es ist nicht Mana, das ihr Kräfte verleiht, sondern die Kraft des Körpers selbst. Darum kann man die Salbe nicht bei Leuten verwenden, die nicht viel ei gene Kraft in Reserve haben, sozusagen. In solchen Fällen treibt sie Kranke umso schneller in den Tod.«
    Ich brauchte eine kleine Weile, um das zu verdauen. Es war jene Art einer als selbstverständlich vorgebrachten logischen Bemerkung, die einen zum Schweigen bringt, auch weil man selbst daran hätte denken sollen. Wie die Sache mit dem Lampenöl.
    »Kann ich dann meine Kleider haben?«, fragte ich nach einer Pause und versuchte gesund und robust auszusehen. »Ich würde gern frühstücken, wenn es möglich ist.«
    »Es ist möglich. Hier kommt es schon.«
    Es war Leber und Speck, warmes Brot und Bier, von einem anderen Mädchen auf einem Tablett gebracht. Und hinter ihr kam Silvus.
    Er und die Heilerin tauschten Blicke und dann schickte sie das Mädchen hinaus und zog den Vorhang zu. Ich hörte ihre sich entfernenden Schritte. In der darauf fol genden Stille hörte ich eine ferne, aber vertraute Litanei. Jemand zählte den Marschrhythmus und rief Komman dos zum Geräusch gestiefelter Füße. Es wurde exerziert.
    Silvus zog den Hocker heran und setzte sich. Ich be gann zu essen.
    »Wie ist es, berühmt zu sein?«, fragte er, lehnte sich zu rück und umschloss das angezogene Knie mit beiden Händen.
    Ich sah mit vollem Mund zu ihm auf, überrascht. Dann schluckte ich mühsam. »Berühmt?«
    »Wirklich. Anscheinend hast du eine Armee von Kobolden zurückgeschlagen, einen gefallenen Kameraden zu Füßen, und deinen Schlachtruf gebrüllt. Dann decktest du unseren Rückzug und warst der Letzte, der die Hoch burg der Kobolde verließ, und so weiter und so fort. Damit nicht genug, du schenktest deinen schweren Verwundungen keine Beachtung, um andere in Sicherheit zu bringen. Sehr eindrucksvoll, finde ich«, fügte er hinzu, nahm ein Stück Brot und tunkte es in die Soße. »Bestimmt sind sie schon dabei, Balladen darüber zu dichten.«
    Er grinste. Ich nicht. Er aß mit gutem Appetit, und ich musste mich beeilen, zu meinem Frühstück zu kommen. Wie schon des öfteren hatte ich das dringende Bedürfnis, an seinem heiteren Gleichmut zu kratzen.
    »Hat jemand den braven Schwestern erzählt, dass der ganze Grund zu dieser gottverdammten Expedition in besagter Koboldfestung zurückgeblieben ist?«
    Er kaute und schluckte, nickte. »Sie wissen es. Sie wis sen auch, dass sie fünf erprobte Kämpfer gewonnen ha ben, darunter einen vorzüglichen Bogenschützen. Bogen schützen sind kostbarer als Gold. Das Bedürfnis des Ordens, Bogenschützen hinter ihren Zinnen aufzustellen, lässt sie ihren Sinn für Proportionen verlieren.«
    »Dann ist es so ernst?«
    »Es scheint so. Wenn wir nicht erschienen wären, hätten sie diese Burg in ein paar Tagen verlassen, um die Garnison in Ys zu verstärken. Darum ist die Priorin selbst hier. Nun wollen sie noch eine Woche warten, bis Hubert auf einer Bahre befördert werden kann. Viel länger können sie nicht warten, weil das Risiko besteht, dass Stürme die Straße in Schlamm verwandeln werden.«
    »Ich dachte, es sei schon Winter. Weiter oben in den Bergen ist er jedenfalls eingekehrt.«
    »Richtig. Aber hier ist das Wetter mild gewesen. Sie waren ziemlich verblüfft, als sie von unseren Schwierig keiten hörten.«
    »Schwierigkeiten! Wir wären fast

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