Dunkler Zauber
in Acht nehmen und nur noch Fragen beantworten, die direkt an mich gerichtet sind.«
Bree flüsterte: »Hast du dich genug angebiedert?« Doch die Webb kaufte Beth die Ausrede ab. Sie erwiderte das Lächeln der sommersprossigen Schülerin. »So etwas kommt vor. Und eine richtige Antwort verdient natürlich immer Lob. Nun denn, eine zweite Frage für Miss Barnes.« Erleichtert über Beths Rettungsaktion antwortete Cam ohne Umschweife: »Robert, der Justizminister« - auf die Frage: »Wer aus der Familie Kennedy wurde ebenso wie sein berühmter Bruder John F. ermordet?«
Als Cam »nicht mehr dran« war, schaltete sie für den Rest der Stunde ab. Alex und sie hatten niemanden daheim davon erzählt, dass sie einen Ladendiebstahl verhindert hatten -weder ihrem Bruder Dylan noch Dave oder Emily. Sie hatten sich nicht einmal miteinander darüber unterhalten. Gestern Abend schien es nicht so, als gäbe es noch viel zu dem Thema zu sagen.
Falsch.
War es denn wirklich nur ein Zufall, dass die Frau, die sie beim Klauen erwischt hatten, sich jetzt in eine Vertretungslehrerin verwandelt hatte? Cam brauchte Alex. Unbedingt. Doch sie zu treffen würde in den nächsten Stunden unmöglich sein.
Da sie nicht gerade ein Fan der Marble-Bay-Highschool war, machte sich Alex gewöhnlich sofort aus dem Staub, wenn die letzte Stunde vorbei war. Wahrscheinlich war sie schon fast zu Hause - oder wo auch immer sie heute noch hinwollte -, überlegte Cam, während sie ihre Bücher in ihrem Schließfach verstaute, um sich dann auf den Weg zum Fußballtraining zu machen. Trotz ihres Aussetzers im letzten Jahr war Cam noch immer die größte Hoffnung des Teams Cam und ihre Freundinen Bree und Beth waren schon halb im Losgehen, als Ms Webb aus der offenen Klassenzimmertür rief: »Könnten Sie wohl noch einen Augenblick dableiben, Miss Fish?« Zum ersten Mal an diesem Tag war ihr Tonfall offen und freundlich. Und sie fügte hinzu: »Es wird auch nicht lange dauern. Und sie werden Ihre Freundinnen sicher noch einholen.«
Tu's nicht!, hätte Cam gern geschrien. Beinah hätte sie nach Beths Ellenbogen gegriffen, um sie aufzuhalten. Doch Beth kam ihr zuvor: »Geht schon mal, Leute«, sagte sie, »wir treffen uns dann auf dem Platz.«
Cam war völlig durcheinander. Die Webb wollte Beth offensichtlich ausquetschen, um an Infos über sie, Cam, heranzukommen. Und ganz sicher wollte sie herausfinden, ob Cam sie wohl wiedererkannt hatte. Und ob Beth etwas über den Ladendiebstahl wusste.
Das Training lief nicht gut. Cam spielte miserabel. Statt sich zu konzentrieren, schaute sie ständig auf die Uhr. Wo blieb das Mädchen nur? Wie lange wollte die Webb Beth eigentlich noch festhalten ?
Eine halbe Stunde. Genauer gesagt waren es vierunddreißig Minuten. So viel später kam Beth zum Training und Trainer Mill bemerkte es natürlich auch - andererseits war ein Gespräch mit dem Lehrkörper eine unanfechtbare Entschuldigung.
Endlich ergab sich nach dem Training in der Umkleidekabine eine Situation, in der Cam allein mit ihrer Freundin war. Sie versuchte sich ihre Besorgnis nicht anmerken zu lassen, als sie fragte: »Was wollte die denn vorhin von dir? Die war doch wohl nicht sauer auf, dich?«
Beth runzelte die Stirn. »Quatsch. Sie versucht nur, einen Überblick zu kriegen. Es ist schon nicht so leicht, mitten im Halbjahr einen Kurs zu übernehmen.«
»Hat sie mich erwähnt?«, fragte Cam nervös.
»Nein«, erwiderte Beth kühl.
»Du warst ja ziemlich lange bei ihr.«
Beth wurde langsam wütend und zuckte mit den Schultern. »Wir haben uns eben unterhalten. Ich hab nicht auf die Zeit geachtet.«
»Worüber habt ihr denn gesprochen - wenn nicht über ihre Arbeit oder über die Schüler?«
»Es war ganz spannend. Ms Webb hat mir erzählt, wie gern sie unterrichtet und dass es ihr Spaß macht, Kids dabei zu helfen, ihre Fähigkeiten zu entwickeln«, berichtete Beth ernsthaft. »Dann hat sie noch erwähnt, dass sie zusätzlich ehrenamtlich tätig ist, weil sie über die Schule hinaus noch etwas Gutes tun will.«
Da kannst du Gift drauf nehmen, dachte Cam, die von ihrem Gefühl tiefen Unbehagens geradezu überflutet wurde.
Sie versuchte, ihrer Stimme einen ungezwungenen Tonfall zu verleihen, als sie nervös nachfragte: »Du hast dich aber nicht irgendwie freiwillig verpflichtet, ihr ehrenamtlich zu helfen oder so was ?«
»Doch«, sagte Beth.
Kapitel 5 - ABGESCHALTET
Alex saß im Schneidersitz neben Dylan auf dem Fußboden in seinem
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