Dunkles Blut: Thriller (German Edition)
die Augen so voller Tränen, dass er nicht richtig zielen kann.
Daneben.
Etwas Hartes knallt gegen seinen Hinterkopf. Alles wird plötzlich weiß und krakelig, und dann kommt der Teppichboden auf ihn zugerast und schlägt ihm voll ins Gesicht.
Das Handy fällt ihm aus der Hand und rutscht unters Bett; Vals Stimme, blechern und wie aus weiter Ferne, redet von ihren Plänen für die Reise nach Neuseeland. Seiner Frühpensionierung. Ihrem gemeinsamen Glück.
Ein Stiefel kracht in seine Rippen. » Aufstehen, du Fettsack!« Ein Newcastle-Akzent. O Gott, nein … Nicht jetzt. Nicht, wo er schon so dicht dran war!
Graeme zerrt seinen rechten Arm unter dem Körper hervor und stemmt sich auf die Knie hoch. » Ihr Dreckschweine …« Die Worte kommen nicht richtig raus, mit seinem Gesicht stimmt etwas nicht.
Er rappelt sich auf die Füße, steht schwankend da, während das Zimmer sich um ihn dreht. Er blinzelt. Wischt sich mit seiner massigen Faust über die halbblinden Augen. » Ich bring euch alle …«
Eine Silhouette taucht vor ihm auf. Eine Frau. Klein, mit blonden, schulterlangen Haaren. Jacke, Jeans, Cowboystiefel. Ein Werwolf-Lächeln. » DSI Danby, freut mich sehr, Sie wiederzusehen. Wie geht’s der Gattin und den Kindern?«
Er weicht taumelnd einen Schritt zurück. » Sie …«
Sie sieht zur Seite. » Neil?«
Etwas kracht gegen Graemes Kopf.
Dunkelheit.
Sie tragen ihn die Nebentreppe im hinteren Tel des Gebäudes hinunter. Den Aufzug können sie ja nicht benutzen, wegen der Überwachungskameras.
Neil ächzt, die Arme um Danbys Leib geschlungen. » Mann, der wiegt ja ’ne Tonne.«
Und aussehen tut er auch nicht so toll: das ganze Gesicht voller Blut, eine dicke Beule an seinem glänzenden Hinterkopf, und die ersten blauen Flecken beginnen auch schon zu blühen.
Am nächsten Treppenabsatz machen sie Halt, um zu verschnaufen.
Danbys weißer Bademantel ist vorne ganz voll mit roten Flecken. Der Stoff rutscht zur Seite.
Tony verzieht das Gesicht. » Uargh …«
» Was?«
» Ich kann seinen Schwanz sehen.«
» Dann schau halt nicht hin.«
Julie wartet unten auf sie. Von dort geht es hinaus auf einen kleinen Parkplatz, wo ein paar extra große Müllcontainer herumstehen. Tony späht hinaus in das Schneetreiben.
» Kameras?«
» Keine Panik, Babe, ist alles erledigt …« Sie runzelt die Stirn. » Wieso hängt denn sein Pimmel raus? Habt ihr etwa auf der Treppe ein Schäferstündchen eingelegt?«
Neil verzieht das Gesicht. » Nichts für ungut, aber der Kerl ist sauschwer.«
» Okeydoke.« Sie geht voraus zu dem unauffälligen weißen Transporter, den sie kurz vorher gestohlen haben. Die Nummernschilder haben sie ein bisschen mit schwarzem Isolierband frisiert. Wär ja schön bescheuert, das eigene Auto zu benutzen, oder? Irgendein neugieriger Idiot oder eine Überwachungskamera sieht immer irgendwas.
Julie öffnet die Hecktüren, und sie wuchten Danby hinein. Die Hände haben sie ihm mit dickem schwarzem Kabelbinder hinterm Rücken gefesselt, die Beine an den Fußgelenken zusammengeschnürt und ihm noch einen Streifen Klebeband als Knebel über seine große haarige Fresse geklatscht.
Sie beugt sich über den Beifahrersitz und zieht ein kariertes Stück Stoff hervor – ein Kopfkissenbezug aus ihrem Hotelzimmer. Den stülpt sie Danby über die lädierte Birne und schlingt ihm dann noch einen weiteren Kabelbinder um den Hals, direkt unterm Kinn.
Tony scharrt mit den Füßen. » Bist du sicher, dass das –«
» Keine Sorge, Darling, er wird schon nicht ersticken.« Sie lächelt. » Du kannst gerne hinten einsteigen und dich selbst überzeugen.«
Tony betrachtet zuerst den zerkratzten, rostigen Metallboden des Transporters, dann die Vordersitze. » Also, ich glaube eigentlich –«
» Du kannst hinten einsteigen.« Julie lächelt nicht mehr.
Tony räuspert sich. Starrt einen Moment auf den Boden. Dann klettert er in die kalte Metallbox des Laderaums und zieht die Türen hinter sich zu.
Julie und Neil steigen vorne ein.
Der Transporter rollt vom Parkplatz auf die Straße. Die Scheibenwischer schwingen klackernd hin und her.
Na gut, es ist ungemütlich und kalt hier hinten, aber es ist nichts im Vergleich mit dem, was Danby erwartet, oder?
Man muss an allem immer das Gute sehen …
Der Mond scheint durch die Lücke zwischen den Vorhängen herein, und sein Licht fällt in einem kalten weißen Streifen über das Bett, wäscht alle Farben aus der kratzigen Karodecke unter seinen nackten
Weitere Kostenlose Bücher