Dunkles Blut: Thriller (German Edition)
wieder zu der schmutzigen Fensterscheibe um. » Haben Sie einen Schutzengel, Sergeant?«
Logan lachte. » Wenn ja, dann muss er ein ziemlicher Versager sein.«
» Ich habe einen. Gott hat jemanden geschickt, der auf mich aufpasst. Sogar als ich im Gefängnis war, hat er ein Auge auf mich gehabt. Hat mich beschützt, damit ich meine Lektion lernen konnte.«
Logan zog seine Autoschlüssel aus der Tasche. » Tja, also –«
» Wissen Sie, Gott prüft uns immer, nicht wahr? Erwischt zu werden, ins Gefängnis zu kommen, das war alles Teil Seines Plans für mich. Wenn Er es nicht getan hätte, dann hätte ich Ihn nie gefunden, nicht wahr?« Knox streckte die Hand aus und malte etwas mit der Fingerspitze auf die dreckige Scheibe. » Er hat mich zu dem Mann gemacht, der ich bin, irgendwie.«
Darauf konnte er aber wirklich stolz sein.
Der Schnee kommt, Richard kann es in den Knochen spüren. Sein Arm tut weh – die Stelle, wo sie ihn ihm gebrochen haben, damals in dieser ersten Gruppentherapiestunde. Wo sie diesen ganzen Mist mit dem STOP -Programm machen mussten: im Kreis hocken wie ein Haufen Weiber beim Kaffeekränzchen und darüber jammern, dass ihre Mamas und Papas sie nicht geliebt haben. Hat ihnen nicht gefallen, dass er sich darüber lustig gemacht hat, wie? Nein. Und seitdem tut sein Arm jedes Mal weh, wenn es kalt wird.
Die erste Lektion von Gott: Du musst wissen, wann du den Mund zu halten hast.
Sicher, danach hatten sie alle diese kleine Unfälle, nicht wahr. Und Gott sprach zu ihnen: Leg dich nie mit einem Typen an, der für Mad Mikey arbeitet – zwei von den Wärtern, die dem großen Boss einen Gefallen schuldeten, haben die Worte des Herrn überbracht.
Man muss einen Schutzengel haben, nicht?
Richard sieht zu, wie der Polizist mit eingezogenem Kopf den Gartenweg entlanggeht, das rostige Tor aufstößt und in einen kleinen braunen Fiat steigt, der aussieht wie ein Haufen Scheiße auf Rädern.
Hat ihn angestarrt, als wäre er verrückt, nicht wahr? Hat nicht geglaubt, dass Richard die Wahrheit sagt, die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit. So – wahr – ihm – Gott – helfe.
Es ist alles eine Prüfung. Alles eine Lektion. Wie man mit Dingen umgehen soll, die Ihm wichtig sind, nicht wahr? Ist ja auch logisch. Sonst würde Er die Dinge ja nicht so passieren lassen, wie Er es tut.
Und Gott liebt Richard Knox.
Richard legt die Hand auf das Glas und wischt das Bild weg, das er in den Schmutz gemalt hat. Er lächelt in sich hinein.
Bald. Sehr, sehr bald …
15
Es war fast halb elf, als Logan ins CID -Büro zurückkam. Die Bude war rammelvoll – sämtliche Stühle besetzt von Constables in Zivil und in Uniform, die Anrufe aus der Bevölkerung entgegennahmen. Ein Klangteppich aus konstantem Gemurmel und elektronischen Klingeltönen erfüllte den Raum.
» Ja, Sir, ich verstehe, dass Sie sich Sorgen um Ihren Vater machen, aber –«
» In Kincorth? Ah ja … Und wieso glauben Sie, dass es Richard Knox war?«
Eine Polizistin legte die Hand über die Sprechmuschel und hielt Logan den Hörer hin. » Sarge, da ist ein Typ dran, der behauptet, er sei letzte Nacht von Knox überfallen worden. Wollen Sie übernehmen?«
Logan blickte sich in dem vollbesetzten, lauten Großraumbüro um. » Da rufen jetzt wohl sämtliche Spinner der Stadt an, wie?«
» So ungefähr. Also, wollen Sie übernehmen?«
» Bin ich bescheuert?« Er eilte weiter in die kleine Nische für die Sergeants, ehe ihm noch jemand seine Irren aufs Auge drücken konnte, schloss die Tür, um das Gebrabbel nicht mehr hören zu müssen, und ließ sich auf seinen Stuhl fallen, um sich die pochende Stirn zu massieren.
Er hatte das kleine Büro für sich, und so konnte niemand sehen, wie er die Schreibtischschubladen der Kollegen auf der Suche nach Schmerztabletten durchwühlte. Okay, er hatte eine kleinen Kater, aber nach der Sache mit Reuben und dem ganzen Stress hatte er doch wohl einen Drink verdient gehabt, oder nicht? Auch wenn der Wodka so spät am Abend wohl nicht die allerbeste Idee gewesen war.
DS Mark MacDonald hatte eine Packung Ibuprofen in einer Schublade versteckt. Logan nahm sich zwei und spülte sie mit dem halben Liter Orangensaft hinunter, den er sich auf dem Rückweg zum Präsidium gekauft hatte. Sein Magen gurgelte, als die Flüssigkeit unten ankam, und er verspürte ein bitteres Brennen in der Kehle.
Mitten auf Logans Computermonitor klebte eine Haftnotiz, auf der in schreienden Großbuchstaben stand: » IN MEIN
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