Dunkles Blut: Thriller (German Edition)
Kammer im Erdgeschoss des Präsidiums. Zwei klapprige Plastikstühle, ein Schrank zur Aufbewahrung der Festplatten aus den Videoüberwachungsanlagen der Polizeitransporter – und ein ranziger Fettgeruch nach abgestandenen Pommes, der von irgendwo unter dem kleinen Resopaltisch herkam.
Butler hantierte mit der Fernbedienung herum, und das Bild auf dem Monitor erstarrte: Hendersons Juweliergeschäft in strahlendem Schwarz-Weiß.
Eine Frau stand vor einer Auslage mit Porzellanfigürchen, neben ihr ein kleiner Junge, der sich an ihrem Rocksaum festhielt. Eine Verkäuferin stand gelangweilt hinter einem langen Glastresen herum. Und ein fülliger Mann war auf halbem Weg zum Tresen; er trug eine Schiebermütze und schob einen dieser Sportwagen vor sich hier, die mit ihrem Chromgestänge und den dicken Reifen immer ein bisschen an Mountainbikes erinnern. Das Kind war im Sitz festgeschnallt; es trug eine gestrickte Pudelmütze und lutschte am Schlappohr eines Plüschhäschens herum.
Wie ein Team von gerissenen Juwelenräubern sahen sie nicht gerade aus.
Logan hielt die Hand über das Mikrofon seines Handys, während Steel ihre Tirade fortsetzte.
» … schlimm genug, dass ich mich mit Idioten wie Beattie rumschlagen muss, da brauch ich …«
Er deutete auf den Monitor. » Ist das digital oder eine DVD ?«
Butler schüttelte den Kopf. » Video.«
» … verdammt noch mal die Verantwortung übernehmen für das, was du tust? Und noch was …«
Das bedeutete, dass die Aufnahmen wahrscheinlich nicht gut genug waren, um einzelne Ausschnitte scharf vergrößern zu können. » Okay, lassen wir es noch mal laufen.«
Der Mann trat an den Tresen, wobei er den Kopf gesenkt hielt und die funkelnden Objekte unter der Glasscheibe inspizierte. Er war jetzt seit zwei Minuten im Laden, und noch immer hatte die Kamera sein Gesicht nicht richtig erfasst.
Im Handy war es einen Moment still, und dann: » McRae! Hörst du mir überhaupt zu?«
» M-hm.«
Logan tippte wieder auf den Monitor. » Sehen Sie sich mal die Ladentür an.«
» Ich schwör bei Gott, ich werde mir den Fuß in deinem Arsch abbrechen, wenn du nicht sofort …«
Butler ging näher heran und kniff die Augen zusammen. » Was denn?«
» Die untere rechte Ecke. Er hat etwas fallen lassen, da, wo die Tür auf den Türpfosten trifft – deswegen schließt sie nicht ganz.«
» … Trottel von Beattie; mal sehen, wie dir das gefällt!«
Der Mann deutete auf einen der glitzernden Gegenstände unter der Glasscheibe, und die Verkäuferin nickte. Sie löste eine Art Verriegelung und öffnete die hintere Klappe der Vitrine, um ein mit schwarzem Samt bezogenes Tablett herauszuziehen. Die Aufnahme war ohne Ton; alles spielte sich in völliger Stille ab.
Ein Bus fuhr draußen vorbei. Die Uhr in der Ecke des Bildschirms zeigte 09.14 Uhr.
» … mich mit diesen Scheiß-Anwälten rumschlagen …«
Die Verkäuferin hielt einen der Gegenstände aus der Auslage hoch.
Der Mann mit der Schiebermütze nickte, dann griff er in seinen langen schwarzen Mantel.
PC Butler lächelte. » Sehen Sie, ich hab’s Ihnen doch gesagt.«
Der Vorschlaghammer war ungefähr halb so lang, wie er hätte sein müssen, aber das hinderte ihn nicht daran, die Glasplatte des Tresens in Tausende glitzernde Splitter zu zerschlagen. Ein zweiter Schlag, und die Registrierkasse flog durch die Luft. Noch einer, und eine Vitrine explodierte. Ein stummer Tanz der Zerstörung.
» … solltest es inzwischen wirklich besser wissen! Bist schließlich kein kleines Kind mehr, also hör auf, dich so zu benehmen …«
Die Frau in der Ecke wich in Panik an die Wand zurück und riss ihren kleinen Jungen mit sich, den Mund weit geöffnet – sie schrie.
» … allein machen. Ist es das, was du willst?«
Der Mann schwang den Vorschlaghammer mit beiden Händen über den Kopf und ließ ihn noch einmal mit voller Wucht auf den Tresen krachen. Die Schiebermütze flog ihm vom Kopf, und darunter kam eine mit dünnen Strähnen überkämmte Glatze zum Vorschein.
» … aber nein, du musst natürlich wieder den Idioten spielen …«
Zwei schwarze Handschuhe durchwühlten die Trümmer, stopften Ringe, Armbänder und Halsketten in die Manteltaschen, vermischt mit Glassplittern. Dann raffte der Mann seine Schiebermütze auf und pflanzte sie wieder auf seinen kahlen Schädel. Und die ganze Zeit hatte er nicht ein Mal in die Kamera geschaut.
Er schob sich rückwärts durch die offene Tür hinaus, zog den Kinderwagen nach und
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