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Dunkles Erbe - Blut Der Finsternis

Dunkles Erbe - Blut Der Finsternis

Titel: Dunkles Erbe - Blut Der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Schröder
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er die Lider schloss.
    »Oh Mann, was für ein Trip, was für ein verdammter Trip«, flüsterte er. Er fühlte sich, als habe er jahrelang geschlafen. Vielmehr noch, als wäre er jahrelang nicht wach gewesen, was ein Unterschied ist.
    Interessiert verfolgte sein Blick die dünnen Streifen, die das Licht in schwebende Staubpartikel zeichnete. Kleine Flusen trudelten taumelnd durcheinander und sanken langsam herab, stiegen wieder auf und wurden zu einem neuen Lichtstrahl getragen. Turner fühlte sich herrlich schläfrig. Doch schon glitt sein Bewusstsein aus den warmen Opiumfingern des Schlafes. Unsanft katapultierte ihn sein knurrender Magen und der widerliche Geruch seines ungewaschenen Körpers zurück in die Realität.
    Bah, ist das widerlich! fluchte er in Gedanken. Mit einem Schlag war er hellwach und sprang aus dem Bett. »Ooooh«, winselte er. Stechende Kopfschmerzen zwangen ihn, sich wieder zu setzen. »Shit, das ist kein Kater, das ist ja ein ganzer Zoo«, jammerte er und rieb sich die tränenden Augen.
    Nachdenklich betrachtete er die schwarzen Ränder unter seinen Fingernägeln, die zu lang waren, dann glitt sein Blick hinab zu seiner Hose. Erst letztes Jahr erstand er sie für einen Wochenlohn bei einem Versandhaus für Herrenoberbekleidung. Guter Stoff, teurer Stoff. Jetzt taugte sie nur noch zum Wegwerfen.
    Und noch immer wollte ihm nicht einfallen, wie er zu dem stinkenden, verdreckten Ding geworden war, das ihn aus dem Spiegel neben seinem Kleiderschrank anstarrte. Sein Entschluss von letzter Nacht, alles zu vergessen, gefiel ihm immer besser. Darüber nachzugrübeln, wie er in einen solch scheußlichen Zustand gekommen war, schien sowieso keinen Sinn zu haben und machte die Kopfschmerzen nur noch schlimmer. Entweder die Erinnerung kam irgendwann von allein oder er wurde wahnsinnig bei dem Versuch, Bilder und Worte aus seinem Hirn zu quetschen.
    Am besten machte er sich daran, zu reparieren, was übrig war. Fingernägel schrubben, gut einseifen. Überall, auch zwischen den Beinen und am Hintern. Und bloß nicht darüber wundern, warum Spinnweben in der Dusche hängen. Haare waschen, Haare schneiden. Das Gestrüpp aus dem Gesicht rasieren. Hey, darunter lebt ja ein menschliches Wesen. Zähne putzen, frische Unterwäsche. Ein neuer Turner. Alles klar.
    Weiter. Küche. Pelziges Geschirr im Spülbecken. Wegwerfen. Weg damit und bloß nicht hinsehen.
    Die Sonne wärmte heute sogar ein bisschen. Und das mitten im Winter. Als er aus dem Fenster sah, fiel sein Blick auf unberührtes Weiß. Schnee lag im Hof und auf dem Dach. Warum stand der Kalender auf Oktober? Das Wetter fühlte sich an wie Dezember. Draußen lag Schnee und bitterkalt war es auch. War die Heizung ausgefallen?
    Das Radio funktionierte nicht, die Kaffeemaschine auch nicht. Der Strom war abgeschaltet. Scheiß Gesellschaft, dachte er. Da bezahlt man einmal nicht seine Rechnung und schon drehen sie einem den Saft ab. Allerdings war Mr. Tennant, sein Vermieter für die Stromrechnung zuständig und der war zuverlässig wie kein anderer, was Rechnungen betraf. Vielleicht war denen ein Fehler unterlaufen oder ein Kabel im Eimer. Das Wasser lief ja auch.
    Mit heißem Wasser aus dem Hahn brühte Turner einen Kaffee, der nach Ausguss schmeckte, was aber besser war als nichts. Neben der Küchentür lauerte der Mülleimer mit den alten Klamotten, den abgeschnittenen Haaren und dem gammeligen Geschirr. Bloß weg damit! Wozu nachdenken, wenn man sich ausgezeichnet fühlt? Er fühlte sich doch gut. Er war weder krank noch verletzt. Die Sonne schien und die Vögel zwitscherten. Alles prächtig, ganz hervorragend.
    In der warmen Sonne bekäme seine fischbleiche Haut bald wieder ein wenig Farbe. Ein Friseurbesuch konnte Wunder wirken und einige Mahlzeiten bei Arnette stellten gewiss im Handumdrehen seine alte Figur wieder her.
    Dann konnte er sogar diesen seltsamen Morgen und auch die Nacht zuvor vergessen. Der Kaffee wurde kalt, während er in dem verstaubten Zimmer seiner Wohnung nach seinem Feuerzeug suchte. Er wusste genau, dass er es nicht aus der Jackentasche genommen hatte. Das tat er niemals. Niemals! Und wenn er seine Jacke wechselte, dann kramte er immer den Inhalt sämtlicher Taschen von der einen in die andere Jacke. Jedes Mal. Aus seinen Augen quollen Tränen und rannen als farblose Tropfen in den Staub auf Möbeln und Fußboden. Er schob Vasen, Aschenbecher, Bücher, Schalen, Kissen, Sitzpolster, Tischdecken und so viele, viele Spinnweben

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