Dunkles Fest der Leidenschaft
zu essen oder zu trinken anbieten? Wir haben Saft im Kühlschrank.«
Ohne den Blickkontakt zu Mikhail zu unterbrechen, ließ sich das junge Mädchen mit einem fast königlichen Neigen des Kopfes auf einen Stuhl sinken. »Ja, danke, Saft wäre fein.«
Ist sie nicht großartig, Mikhail? Sie ist nervös, aber entschlossen, sich Gehör zu verschaffen. Bewunderung – und eine Warnung – schwangen in Ravens stummer Mitteilung an ihren Gefährten mit. Sie schenkte ein Glas Orangensaft ein und stellte es vor Skyler auf den Tisch.
Mikhail hob abrupt den Kopf und trat ans Fenster, um seinen Blick forschend durch die Dunkelheit wandern zu lassen. Er spürte die Gegenwart von Wölfen und Eulen, die auf Beutezug waren, aber er nahm nichts wahr, was seine innere Unruhe erklärt hätte. Als er das trotzige junge Mädchen anschaute, um behutsam ihr Bewusstsein zu erkunden – und ihre Erinnerungen -, stieß er an Francescas und Gabriels Schutzschilde, die das Mädchen vor der Brutalität ihres Lebens abschirmen sollten. Bevor die beiden sie in ihre Obhut genommen hatten, hatte Skyler Schlimmes durchmachen müssen. Trotz dieser Barrieren wurde Mikhail bei dem flüchtigen Einblick in die Grausamkeit und Gewalt, die Skyler erlitten hatte, elend.
Er spähte zu Raven und sah Tränen in ihren Augen schimmern. Auch sie erlebte Skylers Vergangenheit und fühlte ihren Schmerz und ihre Verzweiflung, die völlige Hoffnungslosigkeit eines Kindes, für das es kein Entkommen aus der erbarmungslosen Welt der Erwachsenen gab. Raven drehte sich hastig zum Herd um, um nach dem Truthahn zu schauen.
»Riecht gut«, stellte Skyler fest.
»Ich habe eine Füllung mit wildem Reis verwendet«, sagte Raven. »Ich kann mich aus meiner Kindheit daran erinnern. Es war ein bisschen zeitaufwendig, das Rezept zu finden, aber es müsste eigentlich ganz gut schmecken, auch wenn es lange her ist, seit ich etwas gekocht habe.«
»Francesca lässt mich kochen, wann immer ich will. Sie traut mir zu, meine eigenen Entscheidungen zu treffen.« Skyler warf Mikhail einen Blick zu.
»Ist dir bewusst, was mit einem männlichen Karpatianer ohne Gefährtin passiert?«, fragte Mikhail eindringlich.
Skyler nickte. »Gabriel und Francesca haben es mir erklärt. Karpatianer verlieren zuerst die Fähigkeit, Farben zu sehen und Gefühle zu haben. Im Lauf der Jahrhunderte kann auch ihr Ehrgefühl schwächer werden, und dann werden sie gefährlich, vor allem die Jäger. Und irgendwann können sie zu Vampiren werden, den grausamsten aller Geschöpfe.«
»Und diesem Schicksal könntest du deinen Gefährten des Lebens ausliefern? So hartherzig und unmenschlich könntest du sein? Soll einer dieser Männer noch mehr erdulden, als er bereits erduldet hat, nur weil du gelitten hast?«
»Mikhail!« Raven wirbelte erschrocken herum. Sie ist noch ein Kind! Wie kannst du nur? Unsere Tochter Gregori zu überlassen, als sie noch kaum den Kinderschuhen entwachsen war, war schlimm genug, aber dieses Kind hat Furchtbares durchgemacht. Und wir können unmöglich wissen, ob sie überhaupt für irgendeinen unserer Männer die Gefährtin des Lebens ist.
Sie ist ihrem Alter an Reife weit voraus, Raven. Lass sie antworten.
Skyler stellte sorgfältig ihr Glas auf den Tisch, stand auf und verschränkte die Arme, während sie Mikhail offen ansah. »Nein, natürlich nicht. Ich möchte nicht, dass irgendjemand meinetwegen leiden muss, aber ich scheine meine Vergangenheit nicht bewältigen zu können.« Sie streckte ihre bebenden Hände aus. »Ich fühle mich in Gegenwart von Männern nicht wohl. Ich bin nicht in der Lage, irgendjemandem eine Gefährtin zu sein, und ich will nicht in eine Situation gedrängt werden, in der ich keine Wahl, kein Mitspracherecht mehr habe. Ich habe diesen Entschluss nicht leichtfertig gefasst. Ich liebe Gabriel, und es wäre eine furchtbare Vorstellung, dass er tot sein könnte oder leiden müsste oder zu einem Vampir würde, doch ich weiß, dass ich mich nie wieder machtlos fühlen will. Karpatianische Männer sind viel zu dominant, und ich hätte das Gefühl, wieder an den dunklen Ort zu geraten, an dem Francesca mich gefunden hat.«
Mikhail runzelte die Stirn. »Glaubst du denn, unsere Frauen hätten keine Macht? Siehst du Francesca so?«
Skyler schüttelte den Kopf. »Francesca liebt und wird geliebt. Sie kann etwas sein, was ich nicht bin – und nie sein werde. Gabriel und Lucian haben mir beide versprochen, nie einem anderen zu erlauben, mein Nachgeben zu
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