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Dunkles Indien

Dunkles Indien

Titel: Dunkles Indien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudygard Kipling
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Jhampanies vor der Klubveranda nach langen Whistabenden, harrten meiner nach dem Ball, der zu Ehren des Geburtstages der Königin stattgefunden, und vor den Türen der Häuser am hellichten Tage, in denen ich Besuche machte. Abgesehen davon, daß die Rikscha keinen Schatten warf, erschien sie mir so wirklich wie jede andere aus Eisen und Holz, und mehr als einmal mußte ich mich zurückhalten, um nicht einen Warnungsruf auszustoßen, wenn ein Bekannter, wie es mir schien, im Begriff stand, in sie hineinzureiten. Und mehr als einmal wanderte ich die Hauptstraße hinunter in tiefstem Gespräch mit Mrs. Wessington zum maßlosen Erstaunen der Passanten.
    Ich hatte es noch nicht eine Woche lang so getrieben, als ich bemerkte, daß die Ansicht, ich sei epileptisch, der Theorie von vererbtem Irresein Platz gemacht hatte; trotzdem änderte ich meine Lebensweise nicht im geringsten, machte Besuche, ritt spazieren, dinierte auswärts und bewegte mich so frei, wie es mir gut dünkte. Innerlich aber sehnte ich mich so leidenschaftlich wie wohl nie zuvor nach der Wirklichkeit des Lebens, aber gleichzeitig fühlte ich mich auch tiefunglücklich, wenn ich - für meine Begriffe - zu lang von meiner gespenstischen Gefährtin getrennt gewesen war; es ist mir unmöglich, den beständigen Wechsel meiner Gemütsstimmung zu beschreiben, die mich befallen hatte vom ij. Mai bis zum Tage dieser Niederschrift.
    Die Gegenwart der Rikscha erfüllte mich bald mit Schrecken, blinder Angst und Furcht, bald mit Freude, bald mit äußerster Verzweiflung. Simla zu verlassen, wagte ich nicht; und doch wußte ich, daß ein längeres Verbleiben mir den Tod bringen würde. Meine einzige Sehnsucht war, meine Bußezeit möchte zu einem ruhevollen Ende führen. Mich dürstete nach dem Anblick Kittys und gleichzeitig erheiterte mich ihr krampfhaftes Kokettieren mit meinem Nachfolger - besser gesagt: mit meinen Nachfolgern. Sie stand außerhalb meines Lebens, so wie ich außerhalb des ihrigen. Tagsüber wanderte ich, fast zufrieden mit meinem Schicksal, an Mrs. Wessingtons Seite dahin, aber des Nachts flehte ich zu Gott, er möchte mich der Welt, wie ich sie früher gekannt, wiedergeben. Und über all diesen wechselnden Stimmungen lag das dumpfe, betäubende Verwundern, daß Sichtbares und Unsichtbares sich so seltsam zusammenfügte nur zu dem Zweck, eine arme Seele ins Grab zu hetzen.
    27. August. Heatherlegh ist unermüdlich in seinen Sorgen um mich. Gestern hat er mir geraten, ich solle um einen Urlaub ansuchen. - Ein Urlaub, um der Gesellschaft eines Gespenstes zu entgehen!! Ein Gesuch, das Gouvernement möge mir gnädigst gestatten, nach England reisen zu dürfen, um die Anwesenheit von fünf Gespenstern und einer aus Luft bestehenden Rikscha abzuschütteln! Ich beantwortete seine Zumutung mit einem fast hysterischen Gelächter und erklärte ihm, da wolle ich doch lieber das Ende in Simla abwarten. Und ich weiß: das Ende ist nicht mehr fern. Ich erwarte es mit einer Furcht, die tiefer ist, als daß ich sie mit Worten schildern könnte. Nacht für Nacht martere ich mich mit Vermutungen ab, auf welche Art ich wohl sterben werde.
    Werde ich in meinem Bett sterben, anständig, wie es einem englischen Gentleman geziemt? Oder während eines Spazierganges auf der Hauptstraße? Wird meine Seele mir entrissen werden, um für immer und ewig an das grauenhafte Phantom gefesselt zu sein? Werde ich in die alte Heimat im Jenseits zurückkehren, oder werde ich Agnes drüben wieder hassen und dennoch für immer an sie gebunden sein? Oder sollen wir beide bis zum Ende aller Zeiten über dem Schauplatz unseres Lebens schweben? - Je näher der Tag meines Todes heranrückt, desto wilder packt mich das Grauen, das das lebendige Fleisch vor einem dem Grabe entstiegenen Schatten empfindet. Es ist traurig über alle Maßen, zu den Toten gehen zu müssen, wenn kaum noch die Hälfte des Lebens gelebt ist! Tausendmal trauriger noch, so, wie ich, mitten unter den Menschen unausdenkbare Schrecken kommen sehen zu müssen! Ihr, die ihr jetzt lest, was ich niedergeschrieben habe, bedauert mich wenigstens meiner - wie ihr es nennen werdet: Geistesverwirrung wegen! Glauben werdet ihr ja doch nie, was ich erlebt habe! Aber dennoch: so sicher, wie jemals ein Mensch durch das Eingreifen dunkler Mächte in den Tod getrieben wurde, so sicher bin ich ein solcher Mensch.
    Um der Gerechtigkeit willen: gedenket in Mitleid auch ihrer! Denn, wenn jemals ein Mann eine Frau gemordet hat, so habe ich

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