Dunkles Indien
schloß Strickland.
»Es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und -« wollte ich ausrufen, da fiel mir noch rechtzeitig ein, daß Strickland dieses Zitat haßte; es sei abgedroschen, pflegte er zu behaupten.
Noch etwas begab sich, – es erschreckte mich fast ebenso, wie die Vorfälle in der Nacht: als Fleete angekleidet ins Eßzimmer trat, schnupperte er plötzlich in die Luft. Er hatte eine seltsame Art, die Nase zu bewegen, wenn er schnupperte. »Ein scheußlicher Geruch nach Hunden ist hier«, sagte er. »Du solltest deine Terrier besser pflegen! Versuche es doch einmal mit Schwefelblüte, Stricky!«
Strickland antwortete nicht. Er haschte nach einer Stuhllehne und brach urplötzlich in einen Weinkrampf aus. Es ist eine schreckliche Sache, einen starken Mann weinen zu sehen. Dann überfiel auch mich die Erinnerung, daß wir hier in diesem Raum mit dem Silbernen um Fleetes Seele gerungen und uns als Engländer erniedrigt hatten, und ich lachte, keuchend und gurgelnd. Fleete dachte sich offenbar, wir seien beide verrückt geworden! Gesagt haben wir ihm niemals, was wir für ihn getan hatten.
Ein paar Jahre später, als Strickland sich verheiratet hatte und seiner Frau zuliebe ein emsiger Kirchengänger geworden war, besprachen wir noch einmal das seltsame Erlebnis in aller Ruhe, und Strickland machte mir den Vorschlag, ich solle den Fall veröffentlichen.
Ich meinesteils glaube nicht, daß dadurch das Geheimnis aufgeklärt wird, denn erstens glaubt niemand gern an derlei lästige Geschichten, und zweitens weiß jeder vernünftige Mensch, daß die Götter der Heiden aus Stein oder Erz bestehen, und daß die Annahme, sie könnten als etwas anderes aufgefaßt werden, überaus töricht ist!
Der Mann, der König sein wollte
»Verkehre mit einem Fürsten wie mit einem Bruder und mit einem Bettler als Kamerad, vorausgesetzt, daß er es verdient.«
Eine schöne Lebensregel in der Tat, aber nicht leicht zu befolgen! Der Kamerad eines Bettlers war ich des öftern, aber die Umstände erlaubten beiden Teilen nicht, herauszufinden, auf wessen Seite die Würdigkeit lag. Der Bruder eines Fürsten zu werden steht mir noch bevor, obwohl ich einmal dicht daran war, in solche Verwandtschaft zu geraten, und nicht nur das: sondern auch Premierminister eines zu gründenden Königreichs zu werden mit der Armee unter mir, dem Staatssäckel, der Justiz und der gesamten Außenpolitik. Heute freilich habe ich allen Grund, anzunehmen, daß es Essig damit ist, denn der König ist bereits tot, und wenn ich Lust verspüren sollte, mir eine Krone zu ergattern, wird mir wohl nichts übrigbleiben, als mich selbst auf die Beine zu machen.
Begonnen hat die ganze Geschichte in einem Eisenbahnzug auf der Strecke von Ajmir nach Mhow. Ein spürbarer Mangel in meinen Finanzen zwang mich, nicht etwa zweiter Klasse, die immer noch die Hälfte der ersten kostet, zu reisen - Gott bewahre: nein, sondern direkt im Schindluder-Kupee, was eine scheußliche Angelegenheit ist. In diesen »Letzte-Klaß-Wägen« gibt es keine Kissen, und die Passagiere sind selbst so etwas wie Schindluder, nämlich Eurasier oder Eingeborene, was bei einer langen Fahrt sehr lästig werden kann, oder sie sind Vagabunden. Da letztere meistens betrunken sind, ist die Sache in diesem Fall bisweilen erheiternd. Letzte-Klaß-Passagiere kaufen grundsätzlich nicht in den Erfrischungsräumen; sie ziehen es vor, Nahrungsmittel in Bündeln und Töpfen mit sich herumzuschleppen, hie und da bei eingeborenen Zuckerbäckerständen einige Süßigkeiten zu erwerben und Wasser aus den Stationsbrunnen zu trinken. Kein Wunder daher, daß man dergleichen »Schindluder-Reisende« bisweilen als Leichen aus den Kupees herausholt, zumal wenn heißes Wetter herrscht; aber auch bei normaler Temperatur bieten sie einen seltsamen Anblick.
Zufälligerweise blieb der Letzte-Klaß-Wagen, in dem ich saß, leer bis Nasirabad, wo ein dicker Gentleman mit schwarzen Augenbrauen und aufgekrempelten Hemdärmeln einstieg. Der Sitte gemäß, die unter solchen Eisenbahnpassagieren eingebürgert ist, blieb er den ganzen Tag hindurch in diesem Aufzug sitzen. Er war ein Landstreicher - ein Vagabund - wie ich, hatte aber eine ausgesprochene Vorliebe für Whisky. Er erzählte eine Menge Geschichten von Erlebnissen, die er teils mit angesehen, teils selbst gehabt hatte, und wußte von Abenteuern zu berichten, bei denen er, lediglich der Nahrung für einige Tage wegen, sein Leben aufs Spiel gesetzt hatte.
»Wenn's noch mehrer
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