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Dunkles Indien

Dunkles Indien

Titel: Dunkles Indien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudygard Kipling
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Sie, es wird ein festes Geraufe werden?«
    Tallantire schilderte in kurzen Worten die Sachlage, und Tommy Dodd pfiff dazu oder schüttelte sich zur Abwechslung im Fieber. Der ganze Tag war sodann der Strategie und den Finessen der Kriegskunst geweiht, sowie der Wiederbelebung der Invaliden, bis gegen Abend glücklich zweiundvierzig Soldaten auf den Beinen standen, mager, hinfällig und ungekämmt, auf die Tommy Dodd mit Stolz blickte, sie mit folgenden Worten anredend: »Ihr Männer! Wenn ihr sterbt, so fahrt ihr zur Hölle. Deshalb rafft euch auf und bleibt hübsch am Leben! Wenn ihr aber zur Hölle fahrt, dann werdet ihr es dort heißer finden als irgendwo anders, und von kaltem Fieber wird nicht mehr die Rede sein. Deshalb fürchtet euch nicht vor dem Tod. Kehrt euch! Marsch!« Die Leute grinsten und gingen.
    Lang, lang wird die Erinnerung an jenen nächtlichen Überfall auf die Tal-Dörfer fortleben in den Herzen der Khusru Kheyl! Der Mullah hatte ihnen einen leichten Sieg und unzählbare Beute verheißen, aber - wie aus dem Boden wuchsen die Truppen der Königin, hieben und stachen, kamen angeritten im Sternenlicht, daß bald keiner mehr wußte, wohin sich wenden, und alle, wähnend, sie seien umzingelt von Armeen, in wilder Flucht zurückeilten in ihre Berge. In der Panik fielen so manche, aufgeschlitzt vom Messer der Afghanen, die von unten nach oben ihren Stoß führen, aber mehr noch unter dem Feuer der langen Karabiner. Da erhob sich der Schrei: »Verrat! Verrat!«; und als die Fliehenden die befestigten Höhen ihrer Berge erklommen hatten, fehlten vierzig Mann, die gefallen waren, und sechzig Verwundete. Aber auch der Glaube an den blinden Mullah war dahin! Man schrie, fluchte und stritt sich an den Lagerfeuern; die Weiber jammerten um ihre Söhne und Männer; und der Mullah heulte Flüche auf die Zurückgekehrten herab.
    Da stand Khoda Dad Khan auf, beredt und ungebrochen, denn er hatte an der Schlacht nicht teilgenommen - er hielt den Augenblick für gekommen. Punkt für Punkt machte er dem Stamme klar, daß nur der Mullah die Schuld trug an all dem Unheil, daß er gelogen hatte in jeder Hinsicht und sie durch sein Geschwätz in eine Falle gelockt. Freilich sei es eine Beleidigung, daß ein Bengali, der Sohn eines Bengali, beauftragt worden, die Leitung des Grenzlandes zu übernehmen, aber es bedeute noch lange nicht, wie der Mullah fälschlich behauptet habe, den Anbruch einer Zeit der Willkür und Selbständigkeit. Auch habe der unerklärliche Wahnsinn der englischen Regierung ihre Macht nicht geschwächt. Im Gegenteil, der betrogene und vom Anschluß abgetrennte Stamm werde gerade jetzt, wo seine Scheunen leerstünden, mit Blockade gegenüber dem Handel mit Hindustan bestraft, bis Geiseln gestellt würden als Bürgschaft für künftiges Wohlverhalten – habe Schadenersatz zu leisten und Blutgeld zu zahlen - sechsunddreißig englische Pfund für jeden erschlagenen Dörfler! - »Und ihr könnt euch denken«, erklärte Khoda Dad Khan, »daß diese Hunde von Talbewohnern beschwören werden, wir hätten ihrer schockweise umgebracht. Wird der Mullah die Schulden begleichen, oder sollen wir unsere Gewehre verkaufen?« - Ein lautes Murren lief um die Lagerfeuer. – »Ihr seht also: es war des Mullahs Werk, und wir haben nichts dafür bekommen als Versprechungen des Paradieses. Es fehlt uns, ihr wißt, ein Heiligenschrein, um davor zu beten. Wir sind zu geschwächt, als daß wir, wie bisher, uns hinüberwagen könnten ins Gebiet der Madar Kheyl, um am Grabe Pir Sajjis zu knien und unsere Andacht zu verrichten. Die Madar Kheyl würden über uns herfallen - und mit Recht. Unser Mullah aber ist ein heiliger Mann. Er hat hundert Leuten unseres Stammes ins Paradies verhelfen diese Nacht. Soll er ihnen nachfolgen! Wir wollen einen Dom errichten über seinem Leichnam aus blauen Multan-Ziegeln und Lampen anzünden zu seinen Füßen jeden Freitag. Er soll ein Heiliger werden, wir haben unsern Schrein, und unsere Weiber werden davor beten um Nachkommenschaft, auf daß die Lücken sich wieder füllen in unseren Reihen. Wie denkt ihr darüber?«
    Ein grimmiges Kichern folgte auf diesen Vorschlag, und das leise »Ft, ft«, wie die Dolche aus den Scheiden gezogen wurden, folgte dem Kichern. Es war eine treffliche Anregung gewesen und entsprach einem lange gehegten Herzensbedürfnis des Stammes. Der Mullah sprang auf und glotzte mit seinen verschrumpften Augäpfeln vergeblich umher nach dem drohenden, unsichtbaren Tod;

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