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Dunkles Indien

Dunkles Indien

Titel: Dunkles Indien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudygard Kipling
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dem Pflanzer und rief unter heißen Tränen: »Meine Mutter ist tot!«
    »Ich weiß«, sagte der Pflanzer, »sie ist vor zwei Monaten auf der andern Plantage gestorben. Aber auch früher ist sie schon einmal gestorben, damals hast du - vor einem Jahr - bei mir gearbeitet.«
    »Dann ist's meine Tante!« heulte Deesa. »Sie war so gut zu mir wie meine Mutter. Sie hat achtzehn kleine Kinder zurückgelassen, deren hungrige Mägen ich füllen muß«, und er schlug seine Stirne auf den Boden.
    »Wer hat dir die Nachricht gebracht?« forschte der Pflanzer.
    »Die Post.«
    »Die ganze letzte Woche ist doch gar keine Post gekommen! Scher dich an deine Arbeit!«
    »Eine verheerende Krankheit ist in meinem Dorf ausgebrochen und meine sämtlichen Weiber liegen im Sterben!« jammerte Deesa, und echte Tränen füllten seine Augen.
    »Chihun soll herkommen!« befahl der Pflanzer. »Er ist aus demselben Dorf wie Deesa. Chihun, hat dieser Mann ein Weib?«
    »Der?!« sagte Chihun. »I wo! Kein Weib aus unserm Dorf würde ihn anschauen! Eher würde sie noch seinen Elefanten heiraten.«
    Und Chihun lachte laut; Deesa aber weinte und brüllte.
    »Du wirst gleich was erwischen! Marsch jetzt an deine Arbeit!« rief der Pflanzer.
    »So will ich denn die himmlische Wahrheit sprechen!« stieß Deesa, von plötzlichem Offenherzigkeitsdrang ergriffen, hervor. »Seit zwei Monaten habe ich mich nicht mehr betrunken. Ich will weit fortgehen von dieser Himmelsplantage, um kein Ärgernis zu geben.«
    Ein Lächeln flackerte über das Gesicht des Pflanzers. »Deesa«, sagte er, »jetzt hast du die Wahrheit gesprochen, und ich würde dir auf der Stelle einen Urlaub bewilligen, wenn ich nur wüßte, was ich mit Moti Guj anfangen soll, während du fort bist. Du weißt, er gehorcht nur dir allein.«
    »Mögest du, o Licht des Himmels, vierzigtausend Jahre leben!« rief Deesa. »Ich werde nur zehn Tage fort sein, dann kehre ich zurück, das schwöre ich bei meinem Glauben, bei meiner Ehre und meiner Seele. Habe ich jetzt die allergnädigste Erlaubnis des Himmelsentsprossenen, Moti Guj herzubringen?«
    Die Erlaubnis wurde erteilt und auf Deesas schrillen Pfiff hin kam das majestätische Tier aus dem Schatten einer Baumgruppe herangeschaukelt, wo es sich die Zeit damit vertrieben hatte, sich mit Staub zu duschen.
    »Licht meines Herzens, Beschützer der Betrunkenen, Berg der Macht, leihe mir dein Ohr!« begann Deesa und pflanzte sich vor dem Elefanten auf.
    Moti Guj lieh es ihm und salutierte mit dem Rüssel. »Ich gehe fort«, erklärte Deesa.
    Moti Guj zwinkerte verständnisvoll; er liebte ebenso wie sein Herr das Herumstrolchen: man konnte da allerlei nette Sachen auf der Landstraße aufschnappen.
    »Aber du, du altes dickes Schwein, bleibst hier und arbeitest!« setzte Deesa schnell hinzu.
    Moti Guj heuchelte Entzücken, aber der Glanz in seinem Auge erlosch. Er haßte aus tiefster Seele das Stümpfeausroden. Es bereitete ihm Zahnschmerzen.
    »Zehn Tage bleibe ich fort, o Lieblicher! Heb mal jetzt den linken Vorderfuß, damit ich dir die Zahl einhämmern kann, du Warzenkröte aus einer vertrockneten Dreckpfütze!« - und Deesa nahm die Zeltstange und schlug Moti Guj, der dabei grunzte und von einem Fuß auf den ändern trat, zehnmal auf die Nägel.
    »Zehn Tage«, wiederholte Deesa, »mußt du arbeiten. Stümpfe ausroden und ausreißen, wie Chihun dir befehlen wird. Heb jetzt Chihun auf und setze ihn auf deinen Nacken!« Moti Guj rollte das Ende seines Rüssels zusammen, Chihun stellte seinen Fuß hinein und befand sich im nächsten Augenblick auf dem Nacken des Elefanten.
    Deesa reichte ihm den Ankus hinauf, den eisernen Elefantenstachel; Chihun hämmerte damit auf Moti Gujs Glatze los wie ein Grobschmied auf den Amboß.
    Moti Guj trompetete.
    »Keine Widerrede, du Schwein aus dem Urwald!« ermahnte ihn Deesa. »Chihun ist jetzt dein Mahout für zehn Tage. Und nun, Tier meines Herzens, sag mir Lebewohl! O du mein Herr, mein König! Perle aller erschaffenen Elefanten! Du Lilie der Herde, bleib gesund und sei tugendhaft! Gott befohlen!«
    Moti Guj schlang als Antwort seinen Rüssel um Deesa und schwenkte ihn zweimal durch die Luft.
    »Jetzt wird er arbeiten«, sagte Deesa zu dem Pflanzer. »Darf ich gehen?«
    Der Pflanzer nickte, und Deesa verschwand im Gehölz. Moti Guj ging zurück an seine Arbeit. –
    Chihun behandelte ihn gut, aber er fühlte sich dennoch unglücklich und verlassen - Chihun gab ihm klumpenweise Gewürze, kitzelte ihn unter dem Kinn,

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