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Dunkles Verhaengnis

Dunkles Verhaengnis

Titel: Dunkles Verhaengnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Sallis
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aus jungen Bäumen und Ranken eine Trage gebaut und sie darauf bis in die Stadt gezogen. Lieferte sie im Krankenhaus ab, aber
die stellten ihm ein bisschen zu viele Fragen, also kam er hierher. Er hatte einfach keine Antworten für sie.
    Doc Oldham und Dr. Bill Wilford standen neben einer fahrbaren Krankentrage, als ich dort eintraf, wobei jeder bemüht war, dem anderen den Vortritt zu lassen. Schließlich machte sich Doc mit einem Achselzucken an die Arbeit, wobei er von Wilford assistiert wurde. In der kleinen Notaufnahme roch es nach frischem Blut, Alkohol und Desinfektionsmittel. Eine der Untersuchungslampen unter der Decke flackerte, als würde die Röhre jeden Moment den Geist aufgeben. Ich erinnerte mich an den Gestank in Feldlazaretten, von Füßen, die wochenlang in Stiefeln gesteckt hatten, ein dermaßen penetranter Geruch, dass es die Gerüche von Blut, Schweiß, Chemikalien, Pisse und gekochtem Fleisch einfach überdeckte.
    Es war Milly. Und es würde eine Weile dauern, sagte Doc zu mir, während er seine Arbeit tat, bis er irgendetwas sagen könnte. Sah aus wie ein gequetschter Brustkorb, eine gebrochene Hüfte und noch ein paar komplizierte Knochenbrüche – für den Anfang. Die Wirbelsäule schien jedoch in Ordnung. Lunge und Herz gut. Blutdruck im Keller, aber sie pumpten ihr Flüssigkeiten rein, so schnell es nur
ging. Ich könnte mich vorläufig durchaus um andere Dinge kümmern.
    Draußen war ein strahlend heller Tag, die Luft war klar und verriet nichts von den jüngst angerichteten Verwüstungen oder denen, die noch kommen sollten.

    Es gelang mir, mit dem Jeep bis auf Sichtweite der Unfallstelle zu kommen. Burl saß neben mir und sah die ganze Zeit ziemlich verbissen aus. Er machte sich aus motorisierten Fahrzeugen genauso wenig wie aus Städten. Zu viele waren ihm während seiner Zeit in der Wüste unter dem Hintern weggeschossen worden, sagte er.
    Natürlich war die Straße kaum mehr als ein Feldweg, einer von Hunderten, die diese Berge kreuz und quer überzogen, unwesentlich breiter als das Fahrzeug, mit zahllosen Schichten tiefer Spurrillen und fast ebenso vielen Auswaschungen aus jüngster Zeit. Über weite Abschnitte war es die reinste Schlammpiste. Es ergab überhaupt keinen Sinn, dass sie hier oben waren, auf solch einer Straße. Und wie sie mit ihrer lahmen Karre überhaupt so weit gekommen waren, war ein Rätsel.
    Der Transporter war ein protziger Dodge mit so viel Chrom, dass es aussah, als wäre er aus der
Fernsehküche eines berühmten Kochs abgehauen. Der junge Baum, mit dessen Hilfe Burl Milly befreit hatte, war immer noch da, halb unter dem Wagen. Ameisen und andere Interessenten hatten das Blut gefunden. Der vordere Beifahrersitz war mit Isolierband überzogen. Doc hatte Ähnliches von Millys Kleidung berichtet.
    Die Windschutzscheibe war praktisch weg, die Splitter überall verteilt. Ich trat dagegen, bückte mich und hob ein schlaffes Stück auf, das ein Loch, umgeben von einer sternförmigen Rissbildung, zeigte. Dann war der Schuss also von hinten gekommen. Spritzer von Blut und Gewebe auf den Überbleibseln der Windschutzscheibe und auf dem Armaturenbrett, wo sich die Insekten niedergelassen hatten. Ich fand die Handfeuerwaffe acht, neun Meter entfernt, mit der Mündung voran in den Boden gerammt, als wäre sie dort gepflanzt worden, um Wurzeln zu schlagen.
    Der Fahrer war erschossen worden, und dann hatten die drei sich schlitternd und rutschend zu Fuß auf den Weg gemacht. Milly saß offensichtlich mit Klebeband gefesselt auf dem Beifahrersitz. Warum? Warum war sie überhaupt bei ihnen, warum waren sie auf dieser Straße, die de facto nirgendwohin führte? Und wer hatte geschossen? Die halbvergrabene Handfeuerwaffe war eine.38er, die Gleiche, die
in Millys Nachttisch gelegen hatte. Aber Milly befand sich auf dem Beifahrersitz, und der Schuss war von hinten gekommen. Welchen denkbaren Grund konnte der Mann gehabt haben, seinen fahrenden Partner zu erschießen? Und falls er es getan hat, aus welchem Grund sollte er sich dann den Mann über die Schulter wuchten und versuchen, ihn hier herauszuschaffen?
    Viel zu viele Fragen.
    Ganz zu schweigen von: Wer zum Teufel waren diese Kerle überhaupt?
    Ich sah mich noch ein bisschen um. Wie J.T. ziemlich bald herausgefunden hatte, war es nicht wie die Arbeit in der Stadt, mit Beamten der Spurensicherung, einem Gerichtsmediziner, der halben Dienststelle vor Ort und vielleicht noch ein, zwei Laufburschen. Ich entschied daher, dass es

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