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Dunkles

Titel: Dunkles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommie Goerz
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steht noch nicht. Und so ist diese Auffahrt manchmal irritierend.
    Am Fuße jenes Stummels hatte das Auto gebrannt.
    Auf diesem Stummel parken immer Autos, egal, wann man daran vorbeifährt. Tag und Nacht. Pendler wahrscheinlich, dachte sich Peter Dick. Menschen, die aus Groß- oder Kleingründlach kommen – denn vom Stummelansatz führt eine kleine Straße direkt hinunter ins Knoblauchsland –, aus Eitersdorf, Vach und den anderen umliegenden Ortschaften, die sich hier treffen und zu Fahrgemeinschaften zusammentun, auf dem Weg zur gemeinsamen Arbeitsstätte.
    Im Moment aber stand Peter Dick noch an der Bahnschranke in Kleingründlach. Hatte den Motor abgeschaltet und wartete auf den Zug. Seit mehreren Minuten schon. Eigentlich schön, dachte er sich, da wird man so richtig verlangsamt. Er hatte die Fenster heruntergelassen, denn es war heiß, und besah sich die Häuser links und rechts. Kleine, gemütliche Einfamilienhäuser, manche noch aus einer anderen Zeit. 6oer-Jahre vielleicht. Schmale Vorgärten, meist erfreulich zaunlos und reichlich mit Blumen bepflanzt. Ein ICE schoss vorbei, verebbte am Horizont, die Schranke aber blieb unten. Aus dem Haus links, oben aus einem Dachfenster, schaute ein alter Mann heraus, verschwand aber sofort, als er sich beobachtet sah. Scheu. Wie oft er wohl hier herunterspähte? Ein Nahverkehrszug kam aus der Gegenrichtung, dann ging die Schranke hoch. Peter Dick startete seinen Wagen und überquerte die Schienen. Auf der anderen Seite führte die Straße den Bahndamm hinab, an zwei, drei letzten Häusern vorbei, dann hinaus aus dem Ort. Rechter Hand Stoppelfelder, das Korn schon geerntet, links schütterer Wald. Meist ältere Laubbäume, dazwischen grünes Gras, was dem Ganzen etwas Parkähnliches gab. Hier entlang also wird das Auto gefahren sein, wenn es so war, wie wir vermuten, dachte Dick. Jenseits des Ackers war schon der Stummel zu sehen, dieses sinnlose Relikt. Von der Rechtskurve, die die Straße schließlich zum Stummel hin machte, ging geradeaus eine Zufahrtsstraße zu ein, zwei alleinstehenden Häusern ab. Sie lagen verdeckt hinter Büschen und mussten ganz nah an der Autobahn sein, die dahinter die Landschaft teilte. Eigentlich eine schöne Wohnlage, dachte sich Dick. Schön draußen – nur leider viel zu nah an der Autobahn. Also nicht schön, aber vielleicht einmal sehr schön gewesen. Dann rollte er langsam hinüber in Richtung Stummel und Damm.
    Er war langsam gefahren auf diesem Stück, hatte links und rechts den Blick über die Äcker schweifen lassen. Am Fuß des Dammes erkannte er Menschen, zwei, drei einzelne Personen, jede für sich. Wahrscheinlich lassen sie ihre Hunde laufen, dachte sich Dick. Nein, die Äcker hier müsste man nicht untersuchen, die waren abgeerntet und flach, hier könnte man das Mädchen nicht verstecken. Er erschrak bei diesem Gedanken. Wie fest er doch schon davon ausging, dass sie ums Leben gekommen war, dass alles sich so verhalten hatte, wie sie vermuteten. Dabei wünschte er sich, dass das alles nicht wahr sei. Doch was hilft es, wenn dein Gespür dir was anderes sagt? Die Zeiten, als das Wünschen noch geholfen hatte, waren doch längst vorbei, allerspätestens seit dem Froschkönig. Hatte dieses Märchen nicht genau mit dieser Feststellung begonnen? In alten Zeiten, als das Wünschen noch geholfen hat ...
    Oben auf dem Damm bog er nach rechts auf den Stummel, stellte sein Auto ab. Wie viele Autos hier parkten! Schön, dass es so viele Fahrgemeinschaften gab! Die Menschen hatten doch ein Bewusstsein!
    Hinter einem der Autos stand ein Mann, mit dem Rücken zu Dick. Nur kurz drehte er seinen Kopf, dann sah er wieder weg. Wohin? Ins Gebüsch. Pinkelte, jetzt sah es Dick. Das Alter passte auch – vielleicht Mitte 60, frühes Rentenalter, da wird die Blase schon gerne mal schwächer, und man muss dann öfter. Noch einmal blickte der Alte zu ihm herüber, dann gleich wieder weg.
    Es war heiß hier auf dem Asphalt. Dick ging ein paar Schritte. In einem geparkten Wagen telefonierte ein heftig gegelter, schwarzhaariger Jüngling mit fremdländischem Teint und etlichen Ringen im Ohr. Er schlug nur die Augen zu ihm auf, als Dick am Auto vorbeiging, und telefonierte intensiv weiter. Dem würde ich auf den Kopf Drogen zusagen, dachte sich Dick, doch das geht mich nichts an, das ist für die Erlanger, das ist deren Terrain hier. Sich nur keine unnötige Arbeit verschaffen.
    Dick ging auf das Ende des Stummels zu und dort den Feldweg an der

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