Dunkles
Rampe hinunter. Unten donnerte ein Güterzug vorbei, beladen mit endlosen Reihen fabrikneuer Fahrzeuge. Ein Pärchen kam ihm entgegen, ein Hund hinterher. Der Weg, mehr Fahrspur als Feldweg, führte kurz vor den Gleisen nach links, am Fuß des Stummels entlang, und wandte sich dann nach rechts, lief parallel zur Autobahn. Drüben fuhr ein Trecker über den Acker und wirbelte Staub auf, links zog sich eine lange Hecke hin, dichtes Gebüsch, dahinter die Autobahn. Plastiktüten im Unterholz, Pappbecher und Flaschen, Fast-Food-Verpackungen. McDonald's. Wie wohl an allen Autobahnen. Dann, fast am Ende der Hecke, fand er die Stelle, wo der Wagen gebrannt hatte. Ganz deutlich zu erkennen. Gras und Heckenlaub waren in ihrem Umkreis versengt, der Wegbelag schwarz. Dick sah sich um. Von drüben die Staubfahne des Treckers, hoch oben am Himmel eine Lerche, hell ihr Gezwitscher über der Autobahn. Das Gelände hatte diesen typischen Hinter-den-Gleisen-Charme, den man beim Bahnfahren immer erlebt. Staubige Büsche, Müll, leicht verwahrlost. Nur Schrebergärten fehlten. Dick ging den Weg weiter, wollte sich ein Bild machen, erreichte das Ende der Hecke. Er schwitzte. Hier war auch das Ende der Autobahnauffahrt, die Fahrbahn keine zehn Meter entfernt. Auto um Auto brüllte vorbei, in einer endlosen Schlange. Dicke, grün schillernde Fliegen arbeiteten auf einem Haufen und stoben wild kreisend auf, als Dick in die Nähe kam. Ein lautes, vielschichtiges Gebrumm, aber nur kurz, dann saßen sie schon wieder auf dem Haufen. Der Trecker jenseits der Bahnlinie wendete, fuhr seine Spur zurück. Der Feldweg lief hier ganz nah an der Autobahn entlang, dazwischen nur ein verdreckter Wiesenstreifen, ungemäht, kein Graben, kein Zaun, keine Leitplanken. Untypisch, dachte sich Dick, aber wie geschaffen, um die Autobahn zu verlassen oder um auf sie aufzufahren – ein typischer Polizistengedanke –, und im gleichen Moment entdeckte er Fahrspuren, schräg verlaufend und tief hineingedrückt in das Gras. Fahrspuren in beide Richtungen, zur Autobahn hin und zum Feldweg, mehrfach gekreuzt. Ganz schöner Verkehr muss hier sein, dachte er sich, so zwischen Feldweg und Autobahn. Wahrscheinlich hatten sie das abgebrannte Auto hier abgeschleppt, das hatte ihnen den Umweg über den Damm erspart. Dick ließ seinen Blick wieder schweifen. Drei-, vierhundert Meter verliefen Autobahn und Weg parallel zueinander, dann bog der Feldweg ab, um ein Wäldchen herum, das an der Autobahn lag, und an dem Wäldchen parkten Autos, eins hier, eins da, im Schatten der Bäume. Eigenartig, dachte sich Dick, was haben die dort zu suchen? – wieder so ein typischer Polizistengedanke. Er spähte hinüber, sondierend. An einem der Autos sah er einen Mann, weiter drüben einen zweiten. Beide standen nur da. Langsam ging Dick Richtung Wäldchen. Noch einen entdeckte er jetzt, der hinter einem Auto hervorkam. Und sich in langsamen Bewegungen wieder hinter das Auto schob. Verdammt verdächtig unverdächtig.
Dick erreichte den Schatten des Wäldchens und den ersten dort parkenden Wagen. Seine Tür stand offen, darin ein weiterer Mann. Mit weit zurückgelegter Rückenlehne lag der, bärtig und dick, auf seinem Fahrersitz und hob wie schläfrig den Kopf. Aber es war eine sich schläfrig stellende Wachsamkeit. Von drüben schaute noch einer her, nur langsam den Kopf bewegend. Peter Dick fühlte sich taxiert. Ein komisches Gefühl machte sich breit, für einen Moment. Was hat das hier alles zu bedeuten? Warum stehen hier so viele herum?
Und noch einer fiel ihm auf, halb im Gebüsch. Der sah erst hin, dann weg, und, wie die anderen, das alles ganz langsam. Da dämmerte Dick etwas, ein leiser Verdacht. Er schaute noch mal zu den einzeln stehenden Männern. Sie schienen alle völlig normal, im besseren Alter, nur eben verdächtig, weil sie sich kaum bewegten, nur dastanden und mal den einen oder anderen Schritt machten, aber langsam und ganz ohne Ziel. Als ob sie warteten, das war sehr offensichtlich. Und keiner hatte einen Hund dabei, der seinem Hiersein einen Sinn gegeben hätte – einen unverfänglichen, normalen.
Dick wandte sich um, ging den Weg zurück. Kramte sein Handy hervor. Wieder kam er an dem Auto mit der geöffneten Tür vorbei, der Fahrer lag noch immer auf dem Sitz, hob erneut, wie unbeteiligt, doch genau sondierend, langsam den Kopf, um ihn gleich wieder und genauso langsam sinken zu lassen.
Jetzt kam die Verbindung zustande.
»Frau Klaus? Dick hier. Warte mal
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