Dunkles
angenommen.«
»Aha«, sagte Behütuns, und es klang wie eine Frage.
»Also der Knoblauchslandschutzverein könnte ja, wie es der Zufall will, justament bei Herboldshof ein handtuchbreites Stück Land besitzen, mit dem er symbolisch das Knoblauchsland schützt. Wir nennen das dann einen ›Schikanierzwickel‹.«
»Aha?« Wieder dieser fragende Unterton bei Behütuns.
»Der Clou ist: Dieser Zwickel könnte ja zufällig genau da sein, wo später einmal die Autobahnauffahrt zu unserem Möbelhaus hin soll.«
»Aha.«
»Das muss ich Ihnen erklären: Für die Autobahnauffahrt muss Land enteignet werden.«
»Aha.«
»Wenn das nun aber kein Privatland oder Ackerland ist, dann ist die Enteignung schwieriger. Dauert also länger.«
»Aha.«
»Um drei bis vier Jahre. Und so lange hat Rotstuhl den Markt für sich alleine mit seinem Monopol.«
Behütuns horchte in sich hinein. Machte sich da so etwas wie ein Anflug von Mitgefühl breit? Von Anteilnahme für das Unternehmen Köster? Das war ja wohl absurd! Die spielten doch alle in der gleichen Liga! Und hier so einen Flugzeugträger hinzuklatschen, war ja auch nicht gerade schön. Und die Möbel? Kamen sicher alle aus China. Schrankwand »deutsche Eiche«. Pappmaché. Wegwerfmöbel, Wegwerfgesellschaft ... Aber das war ein anderes Thema.
»Das erinnert einen ja fast an Italien«, kommentierte er, »oder an das alte Bayern unter Strauß.«
»Das haben jetzt Sie wieder gesagt«, lachte Kollitz erneut. Der schien sich über gar nichts zu ärgern.
»Aber warum«, fragte Behütuns, »gehen Sie damit nicht an die Öffentlichkeit? Für die Presse wäre das doch ein gefundenes Fressen, diese Linkereien, Absprachen und Mauscheleien, meinen Sie nicht?«
»Ach«, schloss Kollitz, »wenn Sie wüssten, was wir schon alles erlebt haben. Gekaufte Gutachter, Absprachen im Hintergrund, verlogene Politiker ... Aber so ist das Geschäft. Es dauert dann eben etwas länger, was soll's. Wir spielen das Spiel so nicht mit. Gehen den geraden Weg.«
Der gerade Weg ist länger als der verwinkelte?, überlegte Behütuns, während Kollitz weitersprach. Auch das ist ein schöner Gedanke, völlig gegen die Geometrie. Muss ich versuchen mir zu merken.
»Wissen Sie, wir kommen eben langsamer vorwärts. Aber dagegen vorgehen? Anzeigen? Öffentlichkeit? Presse? Da kommt hinten doch immer nur das Gegenteil dessen heraus, was man erreichen wollte. Das ist nicht kalkulierbar. Nein, das ist nicht unser Weg. Wir arbeiten konstant und beharrlich und schieben so nach und nach alle Hindernisse weg. Es gibt ja den offiziellen Rechts- und Genehmigungsweg. Der ist sauber definiert.«
»... und kostet aber sicherlich mehr Zeit – und damit auch mehr Geld.«
»Richtig. Aber so isses eben.« Schon wieder lachte Kollitz.
Das Rauschen der Autobahn von drüben war so konstant, dass man es fast nicht mehr wahrnahm. Ständiger Lärm wird zur Stille. Oben am Himmel kreuzte ein Milan. Seltener Vogel hier, noch, dachte Behütuns, macht sich erst nach und nach in der Region breit. Noch vor zwei Jahren hast du hier keinen einzigen gesehen. Aber der liebt eben auch die Müllhalden, und von denen findet er im Knoblauchsland genug.
Behütuns streckte die Füße aus, legte die Hände hinter den Kopf und gähnte herzhaft. Dann setzte er sich auf und wandte sich Kollitz zu.
»Jetzt aber mal zu Ihrem Auto. Wann wurde das gestohlen?«
»Ich habe keine Ahnung. Ich war um acht in der Pension und hab es gegenüber abgestellt. Da, wo der Kiosk und der geschotterte Parkplatz sind, weil bei der Pension nichts frei war. Also kein Parkplatz«, schob er hinterher.
»Und Sie waren die ganze Nacht über in der Pension?«
»Nein, um neun bin ich raus und gelaufen. Nach Großgründlach, dann nach Buch und im großen Bogen wieder zurück.«
»Ein Spaziergang im Knoblauchsland?«
»Nein, gelaufen. Also gejoggt. Ich laufe Marathon.«
Deshalb ist der Kerl so schlank, dachte Behütuns und sah verstohlen auf den Bauch von Kollitz – zumindest dorthin, wo man normalerweise seinen Bauch hat. Bei Kollitz nämlich war da nichts. Höchstens ein Loch. Unwillkürlich zog Behütuns seinen Bauch ein.
Da meldete sich wieder die Currywurst.
»Als ich vom Joggen zurückgekommen bin, war der Wagen noch da. Da war es schon fast dunkel. Dann habe ich noch ein paar Telefonate geführt, mit meiner Frau und mit Köster, also meinem Chef, und schließlich bin ich ins Bett. Alleine und ohne Zeugen.« Wieder dieses schalkhafte Lachen. »Früh um
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