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Dunkles

Titel: Dunkles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommie Goerz
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und dann hinüber zum Zaun und zu den leer stehenden Gebäuden, »machen wir schon seit über zehn Jahren rum.«
    »Was dauert denn da so lange?«, wollte Behütuns wissen.
    »Soll ich Ihnen das wirklich alles erzählen?«, gab Kollitz lachend zurück. »Das sind Geschichten, die glauben Sie nicht.« Er hatte aus irgendetwas in seiner Hosentasche ein Papierkügelchen gerollt, ließ es fallen und fasste es volley mit dem Spann ab, kickte es weg. Behütuns konnte nicht sehen, wohin oder wie weit das Kügelchen flog. Seine Augen waren viel zu schlecht und das Kügelchen zu klein. Aber dieser Typ scheint gern Fußball zu spielen, dachte er sich.
    »Aber sagen Sie mal«, hakte Behütuns halb beruflich, halb aus privater Neugier ein, »Sie haben hier doch schon ein Möbelhaus. Braucht's denn da noch ein zweites?«
    »Sie meinen das im alten Franken Wohnland? Das ist doch nichts. Klein und verbaut. Außerdem – dass wir das haben, ist eher ein Zufall.« Und er erzählte ihm eine rührselige Geschichte. Dass die alten Besitzer gut bekannt gewesen seien mit seinem Chef, dem das Möbelunternehmen Köster gehöre. Und dass sie, nachdem der Rotstuhl im Nürnberger Süden aufgemacht habe, schnell zahlungsunfähig geworden seien. Noch 2000 Euro in der Kasse, und die Mitarbeiter warteten auf ihren Lohn. Da sei der Köster eingesprungen. Aus Freundschaft und reinem Mitleid letztlich. Die alten Herren hätten ohnehin aufhören wollen, sagte er.
    »Oho, der edle Ritter«, schob Behütuns ironisch dazwischen. Kollitz beachtete es nicht.
    »Außerdem: Rotstuhl sollte den Markt ja nicht ganz für sich alleine haben. Das gebietet schon allein die Sportlichkeit.«
    »Aber sagen Sie mal«, fragte Behütuns skeptisch. Drüben donnerte ein LKW über die Autobahn, an dem irgendetwas klapperte. »Braucht's denn hier überhaupt noch ein Möbelhaus? Hier gibt es doch schon wirklich genug, oder?«
    Wieder lachte Kollitz. »Das fragen die Leute immer. Im Moment gibt es hier zwar viele Möbelhäuser, aber wir haben es mit einem Monopol zu tun. Abgesehen von den Schweden, aber das ist etwas anderes. Von Würzburg und Schweinfurt oder ... wie heißt das da bei Bamberg ... Hirschaid!, ja, bis hinunter nach Ingolstadt gibt es ja nur Rotstuhl. Das ist ja alles ein Haus, eine Firma, auch wenn die einzelnen Niederlassungen bisweilen anders heißen. Die Leute merken das nicht und denken, das sei Konkurrenz und sie könnten vergleichen. Aber der kann doch die Preise machen, wie er will. Das ist wie mit Media Markt und Saturn. Konkurrenz vorgespielt, dabei alles nur ein Konzern. Deswegen unternimmt Rotstuhl auch alles dafür, dass wir hier nicht reinkommen.«
    »Und da wollen Sie mit dem Franken Wohnland ...?«
    »Nee«, lachte Kollitz. Der schien ein unbefangener, lustiger Geselle zu sein. »Wir bauen hier einen Flugzeugträger hin. So groß wie der in Hirschaid. Größer. Mit Autobahnauffahrt und allem Drum und Dran.«
    »Und wann?«, wollte Behütuns wissen. Die Geschichte begann ihn zu interessieren.
    »Ach wissen Sie, wir sind da jetzt schon seit über zehn Jahren dran – in Hamburg haben wir 16 gebraucht. Im Osten ging das alles schneller nach der Wende. Was soll's. Irgendwann ist es halt so weit.«
    »Jetzt muss ich aber doch noch einmal fragen: Warum dauert das so lange?«
    »Wenn Sie Freunde in der Politik haben, kann es schnell gehen«, sagte Kollitz vage.
    »Und die haben Sie nicht.«
    »Wir haben da keine Feinde«, gab sich Kollitz ganz diplomatisch.
    »Schauen Sie, wenn man Freunde hat, geht alles schnell. Sie kennen die Arena in München?«, fuhr er fort.
    »Das Bayern-Stadion, diese Versicherungskonzernarena?«
    »Genau. Wo die jetzt steht, das war unser Gelände, da wollten wir ein Möbelhaus hinbauen.«
    »Und?«
    »Zehn Jahre hatten wir gerechnet für die Genehmigung. Und es ging auch entsprechend schleppend los. Dann kam der Plan mit der Arena auf, Sechzig und Bayern in einem gemeinsamen Stadion. Einem echten Fußballstadion nach englischem Vorbild, wo man bis an die Außenlinie heran sitzt, mit hautnaher Atmosphäre und so. Und mit Namen hinter dem Projekt wie Beckenbauer, Stoiber, Ude, Hoeneß und so.«
    Kollitz' Handy klingelte. Er nahm es aus der Hosentasche, sah aufs Display und drückte den Anrufer weg.
    »Sorry, ich muss nur immer nachsehen, ob es mein Chef ist. Für den muss ich rund um die Uhr erreichbar sein, auch im Urlaub, 365 Tage im Jahr.« Er steckte das Handy wieder ein, nahm das Thema mit dem Stadion wieder auf.
    »Na ja,

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