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Dunkles

Titel: Dunkles Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommie Goerz
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das hatte ihn auf die Idee mit dem Kleintransporter gebracht. Die aber hatte ihn dann zusammen mit den Koffern so elektrisiert, dass ihn anscheinend alle Vernunft verlassen hatte. Nein, so etwas durfte nicht wieder passieren. Er erzählte es auch niemandem, würde es nie jemandem erzählen. Aber allein der Gedanke an diese Peinlichkeit verursachte bei ihm einen Hitzeschub nach dem anderen, und er schwitzte noch mehr.
    Der Kommissar wischte sich über die Stirn.
    »Glückwunsch, Männer«, begann er endlich, die Bemerkung mit der Orgel von Peter Abend einfach ignorierend. »Das war gute Teamarbeit. Und ohne den Einsatz und vor allem die Idee unseres Assistenten Klaus – und auch Jaczek will ich hier nicht vergessen, leider ist er ja noch nicht da – nicht denkbar. Sie beide hatten ja die ganz zentralen Einfälle.«
    Frau Klaus errötete und strich sich verunsichert übers Gesicht. Die anderen ahnten schon, was ihr Chef damit bezweckte.
    Mein Gott, dachte Peter Dick, hat der Alte wohl ein Seminar besucht? Mitarbeiterführung, oder so? Ich kann mich gar nicht erinnern. Vielleicht als er vorletzte Woche in München war? Das sind doch genau diese Hohlformeln, die man da lernt. Gequirlte und verlogene Kacke, mit denen sich die Chefs vorgaukeln, gut führen zu können und Identifikation und Engagement bei den Mitarbeitern zu fördern. Würde ich ihn nicht schon so lange kennen, würde ich ihm das nicht abnehmen. Aber bei solchen Ansprachen ist er halt meistens unsicher. Drollig kommt er dann immer rüber – und dadurch auch wieder sympathisch. Und bei Frau Klaus wirkt es ja auch.
    Kommissar Behütuns berichtete von der letzten Nacht. Die zeitliche Lücke, warum er so lange gebraucht hatte, bis er den entscheidenden Hinweis hatte geben können, füllte er nicht aus. Er erwähnte sie gar nicht erst, und so entstand sie bei den anderen auch nicht. So schafft man Dinge aus der Welt, dachte sich Behütuns und fühlte sich noch schlechter. Die Schmach vor sich selbst trieb ihm erneut Schweiß ins Gesicht, eine Hitzewallung. Sein Hemd klebte schon wieder am Leib.
    Für den Fall waren jetzt die Erlanger zuständig, auf deren Terrain war ja alles passiert. Sie hatten, so viel war bisher durchgegeben worden, vier Männer festgenommen. Einen Russlanddeutschen und drei aus der Region. Alle im Alter unter 30. Sie schwiegen, verlangten nach ihren Anwälten, bestanden auf Einhaltung ihres Rechts. Behütuns unterdrückte den Gedanken, der sich ihm aufzwang. Dass gerade immer die, die das Recht nicht einhalten, besonders nachdrücklich auf seine Einhaltung pochen. Aber das ist ja ihr gutes Recht.
    Polizeilich waren die vier, so wie es aussah, nicht unbekannt: Der Verfassungsschutz habe Erkenntnisse über sie, durch V-Leute, hatten die Erlanger angedeutet, etwas Genaues aber wüssten sie noch nicht. Sie gehörten angeblich zu einer Gruppierung, die in Verdacht stand, in der Ukraine ein Trainings- und Ausbildungscamp errichten zu wollen, nach dem Vorbild der Hoffmannschen Wehrsportgruppen, auf die sich die Gruppierung, so stehe es in einem Bericht des V-Mannes, auch ausdrücklich berief – eine Mission im Dienst der »Deutschen Sache«. Die vier seien, zusammen mit zahlreichen anderen, auch immer wieder in Gräfenberg aufgelaufen, an ihren unsäglichen Heldengedenktagen. Dies berichteten Peter Abend und Peter Dick, die ja seit sechs Uhr früh im Büro waren, da sie ihre Schicht hatten antreten wollen. Von den Ereignissen der Nacht hatten sie nichts mitbekommen, da waren sie im Bett gelegen. Sie hatten es erst früh im Präsidium erfahren.
    Die Nazis in Gräfenberg, das war auch so ein Kapitel, bei dem Kommissar Behütuns innerlich hochkochte. Mit Äußerungen dazu aber musste er vorsichtig sein, zumindest zurückhaltend. Er war ja bei der Polizei. Zwar bei der Mordkommission, aber eben bei der Polizei, und die Rolle, die er dort zu spielen hatte, war eine etwas andere, als es seiner privaten Meinung entsprochen hätte. Aber in seiner Sammlung von Zeitungsartikeln über kreative Aktionen und kreativen Widerstand hatte er auch einen über den bürgerlichen Widerstand der Gräfenberger, erinnerte er sich. Die hatten, als die Nazis dort wieder einmal eine ihrer Kundgebungen abhalten wollten, gleich unmittelbar daneben begonnen, mit Motorsägen ihr Brennholz zu zerkleinern – und hatten die Rechten und deren Ansprache übertönt. Kein Mensch konnte mehr hören, was sie faselten. Natürlich mussten dann seine Kollegen einschreiten, und sie

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