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Durch die Hölle in den Himmel (German Edition)

Durch die Hölle in den Himmel (German Edition)

Titel: Durch die Hölle in den Himmel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Plüg
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Straßen erfreulich gut beleuchtet sind, obwohl doch jedes Auto mit seinem eigenen, opulenten Licht ausgestattet ist.
    „Sollte es dafür tatsächlich eine logische Erklärung geben?“ überlegte Henry, während er seinen Fuß gerade noch rechtzeitig, über eine hervorstehende Gehwegplatte hob und so ein Stolpern vermeiden konnte. „Mir verschließt sich allerdings jeder tiefere Sinn für diese einseitige Regelung.“ Obwohl im herrlich milden Sonnenlicht nahezu jeder erdenkliche Dreck vor seinen Füßen gut zu erkennen war, kam er durch seine übertriebene Vorsicht nur recht schleppend voran. Gelegentlich warf er auch noch sicherheitshalber einen Blick über die Schulter, um sich zu vergewissern, dass sich hinter seinem Rücken keine Gefahr zusammenbraute. Denn mit den vermummten Gestalten vom Hinterhof wollte er jetzt nichts mehr zu tun haben. Oder besser gesagt, weder jetzt, noch sonst irgendwann. Wegen, wenn auch kleiner, so aber doch recht zahlreicher Hindernisse, schaffte er die kurze Strecke bis an die Hauptstraße sehr zäh fließend aber ohne wirklich erwähnenswerte Zwischenfälle. An der Kreuzung blieb er kurz stehen, um sich zu orientieren. Er sah erst links in die Hauptstraße, um seine Erfolgsaussichten, dort ein ordentliches Café zu finden, abzuschätzen, entschied sich dann aber doch rechts in den belebteren Teil der Straße einzubiegen. Hier erwarteten ihn eine Vielzahl kleiner Geschäfte, Stände und Imbissbuden, die sich auf beiden Seiten der Straße aneinanderreihten; nur ab und zu durch einen Hauseingang unterbrochen, konnte man sie erst bei genauerem Hinsehen voneinander unterscheiden.
    „Das ist hier ja wie vor fünfzig Jahren“, dachte Henry, „bei denen leben sogar noch die guten, alten Tante-Emma-Läden. Da wird schon irgendwo der richtige Laden für mich bei sein“.
    In Ruhe einen Becher Kaffee trinken, ein paar Zigaretten rauchen und nebenbei die Zeitung lesen. Mehr wollte er doch gar nicht.
    Auf den ersten Blick machte die Szene einen angenehm vertrauten Eindruck. Leider war der zweite Blick dann schon ziemlich ernüchternd. Irgendwie fügte sich die Ladenzeile in das schreckliche Bild, welches sich eben, vor gerade ein paar Minuten, unauslöschlich in sein Hirn gebrannt hatte. Zunächst kam er an einem, vermutlich türkischen, Gemüseladen vorbei, gefolgt von einem Kiosk, dessen einziges Schaufenster mit unzähligen Zetteln zugekleistert war, deren Beschriftung für Henry nur den Rückschluss auf einen ebenfalls türkischen Inhaber zuließ. Der Kiosk wurde von Männern belagert, die alle in der einen Hand eine Zigarette, in der anderen eine Bierdose hielten und dennoch wild gestikulierend aufeinander ein plapperten. Obwohl Henry nicht ein Wort verstand, machte ihm der Zustand der Leute unmissverständlich klar, dass sie so etwas wie eine Lebensversicherung für den Inhaber waren. Er war sicher glücklicher über, das niedrige Einkommen seiner Kunden, deren Geld offensichtlich für eine Kneipe nicht ausreichte.
    Der bunt bestückten Auslage nach, ließ die nächste Gemüsehandlung, wie die vorherige, wieder nur unschwer dieselbe Herkunft des Betreibers erkennen. Auch dort lag dieselbe Angebotspalette aus, die hauptsächlich aus verschiedenen Melonen, roten und grünen Peperoni, Porree und vor allem Paprika in allen Größen, Farben und Formen bestand.
    Anschließend wurde er von einer echten Abwechslung überrascht: es gab hier weder Grünzeug, noch Alkohol oder Zigaretten - hier wurde Fleisch angeboten.
    Der Schlachterei brachte Henry etwas mehr Aufmerksamkeit entgegen, als den anderen Läden. Er blieb sogar einen Moment stehen und ließ seinen Blick so lange über die Angebote schweifen, bis ihm plötzlich klar wurde, dass etwas, für ihn ganz selbstverständliches, in der Auslage fehlte. Schweinefleisch. Das war es. Es gab in diesem Laden kein Schweinefleisch.
    Was ist das denn für ein Schlachter, der ohne Karbonaden und Schnitzel auskommt?
    Er hob ein wenig den Kopf und sah angestrengt durch die Scheibe, in der sich die Läden der anderen Straßenseite spiegelten, bis er einen kleinen, blassen Mann hinter der Theke erkannte, dessen Gesichtsfarbe, der des toten Lamms, auf das er mit heftigen, gut gezielten Hieben einschlug, verblüffend ähnlich war. Mit feurigem Eifer ließ er sein Hackebeil immer und immer wieder auf die Fleischbrocken hinab sausen.
     „Auch der Metzger wird vermutlich ein Türke sein, oder zumindest einer von den Muslimen, die hier, aus einem dieser

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