Durch die Hölle in den Himmel (German Edition)
Prügeleien mit Lehrkräften führen, könnte man die Schulpflicht eigentlich aufheben. Es geht doch nicht darum, die Kinder für eine gewisse Zeit von zuhause weg zu holen, sondern sie auf ein hartes Leben vorzubereiten. Je besser sie vorbereitet sind, umso weniger hart wird das spätere Erwachsenenleben. Und dass, meine Lieben, ist im Allgemeinen der wesentlich längere Teil der Lebenszeit. Wenn ein Mensch, sechzig oder siebzig Jahre darunter leiden muss, dass er es die ersten fünfzehn Jahre angenehm und behaglich hatte, wird ihm die Erinnerung an die schöne Zeit kaum Trost spenden.“
An der Ampel hielt er einen verträumten, kleinen Mann an der Schulter zurück. „Wenn du deine nette Lehrerin noch einmal sehen möchtest, dann solltest du bei Rot lieber stehen bleiben.“ Der Kleine nickte verschlafen und blieb stehen ohne eine weitere Reaktion zu zeigen.
„Man muss ihnen nur ihr Handy wegnehmen, genau das ist es“, dachte Henry, „dadurch bekommt man die süßen Kleinen wach. Natürlich wird man nicht drum herum kommen, den Lehrkräften eine Gefahrenzulage zu zahlen, aber immerhin gäbe es ein Mittel, gegen das Phlegma der kleinen Racker anzugehen.“
Henrys Überlegungen wurden jäh unterbrochen, als ihm ein großer BMW, mit quietschenden Bremsen, direkt vor die Füße fuhr. Zwischen Motorhaube und dem Eingang zu einem Kiosk, blieb nur etwa ein halber Meter Platz. Henry erschrak fürchterlich und glaubte im ersten Augenblick, er sei in Gedanken auf die Straße gelaufen.
Nein - war er absolut nicht.
Er ging noch immer auf dem Fußweg, wie es sich für einen normalen Mitteleuropäer gehörte.
Zunächst hatte diese Aktion, eine für ihn typische Reaktion zur Folge. Das hieß, dass sich sein Puls bedenklich beschleunigte. Dann schnappte er nach Luft, wie üblich in solchen Situationen, bis sich sein Gesicht puterrot verfärbte.
In dem Augenblick, als sich die Beifahrertür öffnete, war Henry für eine mittelschwere Explosion geladen.
Eine junge, attraktive Frau, quälte sich aufreizend aus dem extrem tiefgelegten Wagen und ging gefährlich nah an ihm vorbei. Als sie in dem Kiosk aus seinem Blickfeld verschwand, und er schon ein wenig seines Überdrucks verloren hatte, fiel ihm ein, dass da noch jemand im Wagen saß. Der rüpelhafte Fahrer, der direkt vor ihm auf dem Fußweg parkte und Henry in seiner Freiheit ganz erheblich einschränkte.
Er wendete sich deshalb wieder dem Auto zu und wollte sich den Fahrer gehörig zur Brust zu nehmen. Der Anblick der jungen Frau hatte seinen Pulsschlag ebenso wenig beruhigen können, wie der des Fahrers, der sich inzwischen ebenfalls aus dem Wagen bemüht hatte.
„Was glotzt du meiner Alten auf den Arsch? Sieh zu, dass du weiter kommst.“
Wie gern hätte Henry dem Typen den Marsch geblasen, ließ aber ausnahmsweise einmal seiner Vernunft die Oberhand.
„Der sieht ganz danach aus, als hätte er in einem Fitnesscenter das Licht der Welt erblickt,“ dachte er und fuhr, in Erinnerung an seine lädierte Nase, die Farbe seines Gesichtes vorsichtshalber vom kämpferischen puterrot, auf ein friedlicher wirkendes Kalkweiß zurück.
Da seine Stimme urplötzlich den Dienst verweigerte, zeigte Henry nur wortlos, mit einer seiner zarten, bürogepflegten Hände, auf den sehr schmalen Durchlass zwischen der Hauswand und dem Auto des äußerst durchtrainierten Besitzers.
„Hey, du Spargel, was ist los? Willst du andeuten, dass du da nicht weitergehen kannst, weil dir mein Wagen im Wege steht? Und bevor du jetzt den Mund aufreißt sage ich dir: Dann musst du eben warten bis ich weg bin. Und wenn meine Braut wieder raus kommt, kannst du auch gleich mal einen Blick auf ihre richtig geilen Titten werfen, so etwas siehst du so schnell nicht wieder. Zuhause schon gar nicht.“
Natürlich hätte Henry auch den Anblick gern noch mitgenommen, aber wesentlich mehr lag ihm jetzt daran, die Situation gesund zu überstehen. Um mit aufrechtem Gang das Cafe zu erreichen, seine geliebte Andrea wiederzusehen, einfach um auch den nächsten Tag noch zu erleben, stellte Henry sich taub.
„Ich werde jetzt erst einmal ganz langsam die Hände in die Taschen stecken. Das signalisiert immer so etwas wie Vertrauen und Einigkeit, es zeigt dem Gegner, dass man nicht plant, ihn zu attackieren. Wenn ich mir dagegen seine Hände ansehe, würde es mich außerordentlich beruhigen, wenn er sich ebenso verhalten würde.“
Da der klotzige Kerl keinerlei Anstalten machte
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