Durch einen Spiegel, in einem dunklen Wort
warf einen Schatten über die alte Perlenkette und den griechischen Katzenkalender.
»Nichts da«, sagte er energisch. »Schöpfung und Himmel sind ein so großes Mysterium, daß weder die Menschen auf der Erde noch die Engel im Himmel es fassen können.«
»Dann könnte ich ja genauso gut mit meinem Vater oder meiner Großmutter sprechen.«
Er nickte.
»Auch die treiben irgendwo in Gottes großem Mysterium umher.«
Sie blickte zu ihm hoch:
»Kennst du Gott eigentlich? Persönlich, meine ich.«
»Ich sitze einem kleinen Zipfel von ihm von Angesicht zu Angesicht gegenüber. Denn was ich mit dem kleinsten seiner Kinder gesehen und besprochen habe, das habe ich mit ihm gesehen und besprochen.«
Cecilie dachte darüber nach.
»Wenn man Gott nur auf diese Weise begegnen kann, ist es bestimmt nicht leicht, ihm eins auf die Finger zu geben.«
Ariel prustete los.
»Dann würde er sich ja selbst eins auf die Finger geben!«
Es wurde ganz still im Zimmer, da fügte der Engel Ariel hinzu:
»Wenn du dich beklagst, daß Gott dumm ist, klagt sich Gott dadurch vielleicht selbst an. Oder hast du vergessen, was er gesagt hat, als er am Kreuz hing?«
Cecilie nickte. Die Großmutter hatte ihr in der letzten Zeit oft aus der Bibel vorgelesen, aber gerade an diese Stelle konnte sie sich nicht mehr erinnern.
»Na, sag schon!«
»>Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen Cecilie ging ein Licht auf. Sie hatte sich das noch nie überlegt. Wenn Jesus Gott war, dann hatte Gott am Kreuz mit sich selbst geredet. Vielleicht hatte er auch mit sich selbst geredet, als er in Gethsemane zu seinen Jüngern sprach. Sie hatten sich nicht mal die Mühe gemacht, bis zu seiner Gefangennahme wach zu bleiben.
»>Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen!<« wiederholte sie.
Ariel schwebte etwas näher an sie heran. Er schaute ihr mit seinem saphirblauen Blick in die Augen und sagte:
»Sag es nur, Cecilie! Sag es ruhig immer wieder. Denn im Himmelsraum stimmt wirklich etwas nicht. Mit der ganzen großen Zeichnung ist etwas schiefgegangen!«
Sie versuchte, ihre Gedanken in den Griff zu bekommen.
»Weißt du wirklich nicht mehr darüber, was auf der anderen Seite ist?« fragte sie.
Er schüttelte seinen kahlen Schädel.
»Wir sehen alles in einem Spiegel. Jetzt hast du durch das Glas einen Blick auf die andere Seite tun dürfen. Ich kann den Spiegel nicht ganz sauber putzen. Dann würdest du vielleicht etwas mehr sehen, aber du könntest dich nicht mehr selbst erkennen.«
Verwundert starrte sie ihn an.
»Was für ein tiefer Gedanke«, sagte sie.
Er nickte.
»Aber noch tiefer können wir nicht in Fleisch und Blut vordringen. Denn Fleisch und Blut sind ein seichtes Fahrwasser. Ich kann die ganze Zeit Sand und Steine auf dem Boden sehen.«
»Ehrlich?«
Er nickte.
»Fleisch und Blut sind doch auch nur aus Erde und Wasser. Aber Gott hat euch etwas von seinem Geist eingehaucht. Und deshalb steckt in euch etwas Göttliches.«
Cecilie breitete resigniert die Arme aus.
»Ich weiß nicht, was ich sagen soll«, sagte sie.
»Du könntest dir selbst gratulieren.«
»Aber ich habe doch gar nicht Geburtstag!«
Er schüttelte den Kopf.
»Du könntest dir selbst gratulieren, weil du ein Mensch bist, der an einer wundersamen Reise um eine brennende Sonne im Himmelsraum teilnehmen durfte. Und dabei durftest du einen kleinen Zipfel der Ewigkeit erleben. Du hast ins Universum geschaut, Cecilie! Und auf die Weise konntest du von dem Papier aufblicken, auf das du gezeichnet wurdest. Auf die Weise konntest du deine eigene Majestät im großen Himmelsspiegel sehen.«
Ariel hörte sich jetzt so feierlich an, daß seine Worte Cecilie richtig angst machten.
»Ich glaube, du darfst jetzt wirklich nicht mehr weiterreden. Ich fürchte, ich halte das nicht länger aus.«
»Nur noch eins!« sagte er ganz zum Schluß.
Er starrte ihr mit einem Blick in die Augen, der klarer und tiefer als die Ägäis war.
»Alle Sterne fallen irgendwann einmal. Aber ein Stern ist doch nur ein Funke des großen Feuers am Himmel .«
Im nächsten Augenblick war er verschwunden. Und gleichzeitig war sie offenbar eingeschlafen. Als sie erwachte, saßen ihre Eltern und ihre Großmutter an ihrem Bett.
»Da seid ihr ja alle!«
Alle drei nickten. Mama feuchtete Cecilies Mund mit einem Tuch an.
»Wo steckt Lasse?« »Der ist mit Großvater draußen, Schlittschuh laufen.«
»Ich möchte mit Oma reden.«
»Sollen Papa und ich rausgehen?«
Cecilie
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