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Durch einen Spiegel, in einem dunklen Wort

Durch einen Spiegel, in einem dunklen Wort

Titel: Durch einen Spiegel, in einem dunklen Wort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jostein Gaarder
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und plötzlich neben ihr im Badezimmer stehen könnten.
    »Warst du schon mal hier?« fragte sie.
    Er nickte feierlich.
    »Und wie bist du reingekommen?«
    »Wir finden überall Einlaß, Cecilie.«
    »Papa schließt die Tür immer ab. Und im Winter machen wir auch alle Fenster zu .«
    Er winkte nur einfach ab.
    »So was spielt für uns keine Rolle.«
    »So was?« »Verschlossene Türen und so.«
    Cecilie dachte nach. Sie hatte das Gefühl, so etwas wie einen Filmtrick gesehen zu haben. Sie ließ den Film zurücklaufen und ging alles noch einmal durch.
    »Du sagst >wir< und >uns<«, faßte sie zusammen. »Seid ihr so viele?«
    Er nickte.
    »Sehr viele, ja. Jetzt fängst du an, Lunte zu riechen.«
    Aber Cecilie hatte das Rätselraten satt.
    »Es gibt fünf Milliarden Menschen auf der Welt. Und ich habe gelesen, daß die Welt fünf Milliarden Jahre alt ist. Hast du dir das schon mal überlegt?« fragte sie.
    »Natürlich. Ihr kommt und geht.«
    »Was sagst du da?«
    »In jeder Sekunde schüttelt Gott einige nagelneue Kinder aus seinem Ärmel. Hokuspokus! In jeder Sekunde verschwinden auch einige Menschen. Er schickt dann seine Menschen aus, er schickt Cecilie zum Tor hinaus .«
    Sie spürte, wie ihre Wangen heiß wurden.
    »Du kommst und gehst doch auch selbst«, sagte sie.
    Er schüttelte energisch sein haarloses Köpfchen.
    »Hast du gewußt, daß dieses Zimmer früher das Zimmer deines Großvaters war?«
    »Natürlich. Aber woher weißt du das?«
    Er baumelte jetzt mit den Beinen. Cecilie fand, er sah aus wie eine Puppe.
    »Jetzt kommen wir langsam in Gang«, verkündete er.
    »Wieso?«
    »Du hast mir zwar immer noch nicht verraten, ob du gut geschlafen hast. Aber wir kommen trotzdem in Gang. Es dauert jedesmal eine Weile, bis man in Gang kommt.«
    Cecilie schnappte nach Luft - und stieß sie energisch wieder aus.
    »Du hast mir auch nicht verraten, woher du weißt, daß das mal Opas Schlafzimmer war.«
    »>Woher du weißt, daß das mal Opas Schlafzimmer war<«, wiederholte Ariel.
    »Genau!«
    Er strampelte mit den Beinen.
    »Wir sind seit dem Anfang aller Zeiten hier, Cecilie. Als dein Großvater klein war, mußte er einmal zu Weihnachten mit einer scheußlichen Lungenentzündung im Bett liegen, lange bevor es gute Medizin dagegen gab.«
    »Bist du damals auch hier gewesen?«
    Er nickte.
    »Seine traurigen Augen werde ich nie vergessen. Sie sahen aus wie zwei verlassene Vogeljunge.«
    »>Wie zwei verlassene Vogeljunge<«, seufzte Cecilie.
    Sie blickte zu Ariel hoch und fügte schnell hinzu:
    »Aber es ist vorbeigegangen. Er ist wieder völlig gesund geworden.«
    »Völlig gesund, ja.«
    Er machte eine jähe Bewegung. Im Bruchteil einer Sekunde war er auf die Fensterbank gesprungen und verdeckte fast das ganze Fenster. Cecilie konnte in dem starken Gegenlicht sein Gesicht immer noch nicht deutlich sehen.
    Wie hatte er es geschafft aufzuspringen, ohne auf den Schreibtisch zu fallen? Es schien, als ob er gar nicht fallen könnte.
    »Ich kann mich auch an alle Hirten auf dem Felde erinnern«, sagte er.
    Cecilie dachte daran, was Großmutter aus der Bibel vorgelesen hatte.
    »Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen«, zitierte sie. »Meinst du das?« »Die himmlischen Heerscharen, ja. Wir waren als Schlachtenbummler dabei.«
    »Das glaube ich einfach nicht.«
    Ariel legte den Kopf schräg; jetzt konnte Cecilie sein Gesicht etwas besser erkennen. Es erinnerte sie an eine von Mariannes Puppen.
    »Du Arme«, sagte er.
    »Weil ich krank bin?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Ich meine, es muß doch scheußlich sein, nicht an den zu glauben, mit dem man redet.«
    »Pa!«
    »Stimmt es, daß ihr manchmal vor Mißtrauen innerlich schwarz werdet?«
    Cecilie schnitt eine Grimasse.
    »Ich frage ja nur«, beteuerte er. »Obwohl wir gesehen haben, wie die Menschen kommen und gehen, wissen wir nicht genau, was für ein Gefühl das ist, aus Fleisch und Blut zu sein.«
    Cecilie wand sich im Bett. Ariel ließ aber nicht locker.
    »Ist es nicht wenigstens ein bißchen scheußlich, so mißtrauisch zu sein?«
    »Noch scheußlicher dürfte es sein, einer Kranken voll ins Gesicht zu lügen!«
    Er schlug sich die Hand vor den Mund und keuchte erschrocken:
    »Engel lügen nicht, Cecilie!«
    Nun war sie diejenige, die nach Luft schnappte.
    »Bist du wirklich ein Engel?«
    Er nickte nur kurz - so als ob das nun wirklich kein Grund zum Protzen sei. Cecilie war jetzt ein bißchen kleinlaut. Erst nach einigen

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