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Durch Zeit und Raum

Durch Zeit und Raum

Titel: Durch Zeit und Raum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Madeleine L'Engle
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Keuchend und japsend kam Harcel wieder hoch, und weiter ging es unter der wärmenden Sonne, daß die Gischt aufschäumte.
    Freude. Die reine Freude.
    Ein paar zufällige Augenblicke nur, und schon wußte Charles Wallace, wie Harcel die Freude am Leben genoß.
    In der Dachkammer ließ Meg die Hand nicht von Anandas Fell. Beide spürten sie die plötzlichen Schauder.
    »Ach, Ananda«, seufzte Meg, »warum konnte es nicht so bleiben? Was ist geschehen?«
    Wann ist das? fragte sich Charles Wallace. In welchem Wann befinden wir uns?
    Für Harcel war jedes Wann ein Jetzt. Ja, es gab ein Gestern; doch das war vorbei, war nur noch ein Traum. Und es gab ein Morgen, ein bloßes Vorausschauen in einen Tag wie heute. Wann war immer: jetzt; diese junge Welt fragte sich kaum nach dem Gewesenen und dem Kommenden. Jetzt, jetzt war es schön hier; und das Gestern war ein angenehmer Traum, mehr nicht, schön, aber unnütz. Das Jetzt war gut, und warum sollte es morgen nicht ebenso gut sein?
    Das Windvolk war sanftmütig und lebte in harmonischer Eintracht. Gelegentlich war man zwar geteilter Meinung, aber dann bat man eben den Einiger um Rat, und der bedachte, was zu bedenken war, und hinterher folgten alle stets ohne Widerspruch seiner Entscheidung. Für den täglichen Bedarf fing man Fische und jagte das Wild mit Pfeil und Bogen. Jeder Stammesangehörige wußte, wofür er geboren und wozu er bestimmt war, und keine Gabe, kein Geschick galt besser oder geringer als andere. Nicht einmal der Einiger nahm einen höheren Rang ein als der jüngste Koch, der eben lernte, eine Feuerstelle zu bauen oder einen Fisch auszunehmen.
    Einmal fiel ein wilder Eber in blinder Wut einen Trupp von Jägern an und riß dem kleinsten und langsamsten von ihnen die Hüfte auf. Harcel half, den Verletzten zu den Behausungen zu tragen, und er kniete die ganze Nacht hindurch neben dem Heiler, brachte frisches, kühlendes Moos, legte es auf die brennende Wunde und sang die heilsamen Gebete, während hoch über ihm die Sterne ihre vorbestimmten Bahnen zogen.
    Am anderen Morgen gab es ein Fest, denn die schlimme Wunde hatte aufgehört zu schwären; und überdies hatte sich nun herausgestellt, worin Harcels besonderes Geschick bestand. Er wurde dem Heiler als Helfer beigegeben, um eines Tages, wenn der Alte zu den Sternen ging, seine Nachfolge antreten zu können.
    Die Musik war rein und klar. Die Harmonie war nicht gestört. Noch war das Zeitalter jung. Hell schien am Tag die Sonne, und furchtlos ruhte sie des Nachts im fernen Reich der Sterne.
    Harcel hatte im Stamm viele Freunde, doch standen zwei Tiere seinem Herzen am nächsten: Finna und Eyrn.
    Eyrn war ein Vogel, am ehesten vergleichbar einem Adler oder einer riesigen Möwe, und so groß, daß Harcel auf ihr reiten konnte. Eyrns Federn waren weiß am Schaft und rosafarben an der Spitze, in einem Rosa, das bis ins Purpurrot verschattete. Ihr Kopf war von einem hellen Federnschopf gekrönt, und ihre Augen glänzten wie Rubine. Mit Harcel auf ihrem Rücken flog sie hoch und immer höher, bis die Luft dünn wurde und der Junge nach Atem rang. Sie trug ihn hoch hinauf und weit dahin, so daß er die Behausungen fremder Stämme und das Meer sah, das sich bis an den Rand der Welt erstreckte.
    Harcel wollte vom Geschichtenerzähler mehr über die fremden Stämme erfahren.
    »Kümmere dich nicht um sie!« befahl der Geschichtenerzähler mit einer Schärfe, wie Harcel sie noch nie von einem aus dem Windvolk gehört hatte.
    »Würde es denn nicht Spaß machen, sie zu kennen? Vielleicht könnten wir etwas von ihnen lernen.«
    »Harcel«, sagte der Geschichtenerzähler, »auch ich habe ein Tier geritten, wie du deine Eyrn, und ich ließ es in einem Versteck niedergehen, von dem aus ich heimlich alles beobachten konnte. Da sah ich einen Mann einen Mann töten.«
    »Aber warum? Warum sollte ein Mensch seinen Bruder töten?«
    Der Geschichtenerzähler blickte dem Jungen lange und ernst in die Augen. »Laß uns hoffen, daß du das nie erfährst.«
    Es fiel Charles Wallace leicht, in Harcel zu sein, denn die Sonne war jung und hell, und die Dunkelheit war ein Gefährte des Lichts. Bei einem ihrer Flüge stießen Harcel und Eyrn auf eine Ansammlung von Hütten, und schon wollte der Junge den Vogel überreden zu landen, da stahl sich Charles Wallace behutsam in Harcels Gedanken und ließ ihn statt dessen die Freuden des Fliegens genießen, und Eyrn schwang sich in eine neue Luftströmung und glitt fast ohne Flügelschlag auf

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