Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dynamit im Kofferraum

Dynamit im Kofferraum

Titel: Dynamit im Kofferraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
Vom Netzwerk:
erwartete
das.
    Albrecht von Finkweiler, der
Baron, war ein kauziger Mensch — und noch kauziger geworden mit zunehmendem
Alter.
    Er zählte jetzt 88 Jahre, was
man ihm freilich nicht ansah, und er arbeitete täglich zehn Stunden.
    Er war Diplom-Ingenieur. Für
Maschinen, wie Petra das verstanden hatte, jedenfalls für technische Finessen.
Dazu rechnete er, unter anderm, auch Autos. Sieben besaß er: alte und neue,
große und geduckte. Petra kannte sich nicht aus. Den Führerschein hatte sie
erst im dritten Anlauf geschafft. Daß ein Auto fährt, war für sie ein Wunder.
Zündschlüssel drehen und schon... Unglaublich!
    Grundstück Nr. 100.
    Es war alter Familienbesitz:
ein Park mit hoher, umfriedender Mauer, das schloßartige Herrenhaus, ein
Werkhaus — Finkweiler nannte es so, weil er dort werkelte — und die Remise (Wagenschuppen). Vor hundert Jahren hatten die Finkweilers dort ihre Kutschen untergebracht.
Jetzt dösten die Kraftdroschken vor sich hin auf dem historischen Boden.
    Ein silberner Sportwagen,
scherzhaft ,Bullterrier’ genannt, war kürzlich verkauft worden. Mit
verkniffenem Gesicht hatte Finkweiler von ihm Abschied genommen.
    Für Petra war er nur ein Haufen
Blech — wie die andern.
    Das Eisentor der Einfahrt stand
offen.
    Petra kam an dem Steinpfeiler
vorbei, ohne anzuecken, und tuckelte bis zum Remisen-Vorplatz, wo sie zu hart
bremste. Der Motor soff ab. Aber das tat er meistens.
    Sie stieg aus und nahm ihre
Einkaufstüten aus dem Wagen.
    Beim Werkhaus wurde eine Tür
geöffnet.
    Petra spürte Finkweilers Blick.
Der Alte mochte junge Frauen. Aber fröhlich mußten sie sein. Gern starrte er
ihnen nach und erinnerte sich offenbar an seine Jünglingszeit, als er ein
toller Hecht gewesen sei — wie er mal bemerkt hatte.
    „Schon zurück, Frau Fronsippe?“
rief er ihrer Rückseite zu.
    Was sollte Petra antworten? Die
Bestätigung wäre albern gewesen.
    Also rief sie über die
Schulter. „Möchten Sie Tee, Herr von Finkweiler?“
    „Selbstverständlich! Indischen,
dunklen. Sechs Minuten ziehen lassen. Dazu Sahne. Aber fettarme. Und
Kandiszucker. Aber nicht die groben Stücke. Bitte, weißes Porzellan.
Chinesisches Geschirr paßt nur zu chinesischem Tee. Daß mir das nicht nochmal
passiert.“
    Alter Blödel! dachte sie.
    Aber sie erwiderte: „Ganz wie
Sie wünschen.“
    Finkweiler schloß die Tür. Doch
einen Spalt ließ er offen. Petra wußte, daß er ihr nachstarrte, als sie ins
Herrenhaus trat. Zur Küche. Die Einkäufe verstauen. Hände waschen. Dann hatte
sie zu tun mit dem Tee.
    Nach etwa zehn Minuten trug sie
das Tablett hinüber.
    Herren- und Werkhaus waren
durch einen gläsernen Wandelgang miteinander verbunden.
    Im Werkhaus gab es mehrere
Räume — ausgestattet mit der Technik eines erfinderischen Geistes.
    Petra vermutete ihren
Arbeitgeber im Zeichen-Büro. Dort war er aber nicht. Sie hörte seine Stimme
nebenan. Hatte er Besuch? Also eine zweite Tasse?
    Petra stellte das Tablett auf
einen der technischen Zeichentische und lief zur Küche zurück.
    Es dauerte nur eine Minute.
Dann hatte Petra eine zweite Tasse gefunden vom selben Service und ging wieder
ins Zeichen-Büro.
    Verwundert stellte sie fest:
Das Tablett war verschwunden.
    Finkweiler hatte es sich
offensichtlich geholt, und er redete jetzt halblaut hinter der geschlossenen
Tür.
    Petra überlegte. Klopfen?
    „...spreche ich hiermit mein
Vermächtnis, das zugleich ein Geständnis ist, aber den Staatsanwalt einen Dreck
angeht, einen feuchten — spreche ich das also hiermit auf Tonband“, hörte Petra
nebenan die Stimme des Alten.
    Die junge Frau begriff. Da war
kein Besucher. Der Baron war allein. Und da er seinen Tee bereits hatte, wähnte
er seine Hausdame Petra in der Küche oder im Keller oder auf ihrem Zimmer -
jedenfalls im Herrenhaus drüben. Deshalb dämpfte er seine Stimme nicht. Jedes
Wort war zu verstehen.
    Sie zögerte. Lauschen? Das wäre
unredlich. Andererseits hatte er was gesagt von einem Geständnis. Und Petra war
neugierig. Schon als Kind hatte sie an fremden Türen gelauscht. Es war zu
interessant. Worüber unterhielten sich andere? Welche Heimlichkeiten tauschten
sie aus?
    Mit klopfendem Herzen stellte
sie sich dicht an die Tür.
    Dahinter war Stille — abgesehen
vom Klirren der Teetasse. Offenbar hatte der Baron sich eingegossen. Jetzt
rührte er um.
    „Mein... äh... Geständnis
also.“
    Finkweiler hatte eine hohe
Stimme. Auch in jungen Jahren hatte sie nicht männlich geklungen, was aber bei
einem

Weitere Kostenlose Bücher