Dystopia
herüber.
Sie wechselten einige kurze Blicke. Nickten sich zu.
Und rannten los.
Nachdem sie den Zaun ohne größere Schwierigkeiten überklettert hatten, spurteten sie so schnell wie möglich über die freie Fläche auf das Terminal zu. Travis fragte sich, ob er die Entfernung falsch abgeschätzt hatte, ob die Gebäude weiter als vierhundert Meter entfernt waren. Auch unwichtig jetzt. Er rannte. Der Wind rauschte ihm an den Ohren vorbei. Noch immer war die Durchsage nicht zu verstehen, obwohl er ihr jetzt schon wesentlich näher war. Nach dreißig Sekunden pochte ihm der Puls so laut in den Ohren, dass er den Wind noch übertönte.
Paige und Bethany hielten mit ihm Schritt. Etwa fünfzig Meter vor dem Gebäude drang erneut die monotone Stimme an sein Ohr, doch was sie sagte, vermochte er noch immer nicht zu verstehen.
Dann kamen sie an der Ecke des Gebäudes an, dessen breite Front sich an die dreihundert Meter nach Osten hin erstreckte. Sie spurteten an der vielleicht fünfzig Meter langen Schmalseite entlang nach Süden, zu einer weiteren Ecke, wobei Travis sich schmerzlich bewusst war, dass sie von der Stadt aus immer noch gut zu sehen wären. Besser denn je sogar – vor der grell weißen Metallfassade des Terminals würden sie sich so deutlich abzeichnen wie Ameisen auf einem Porzellanteller.
An der Südecke bogen sie scharf ab und blieben im Schutz des Gebäudes keuchend stehen, um kurz zu verschnaufen. Zum ersten Mal, seit sie das Hotel verlassen hatten, waren sie nun von der Stadt aus, die sich im Norden und Westen des Flughafens befand, nicht mehr zu sehen.
Travis ging ein paar Schritte, um seine schmerzenden Beinmuskeln zu lockern. Atmete noch einmal tief durch und merkte, wie sich sein heftig pochender Herzschlag langsam wieder normalisierte. Und nun endlich hörte er auch die Durchsage, die allerdings alles andere als deutlich war.
Die Frauenstimme klang dumpf, als würde sie durch eine mit Wachspapier überzogene Pappröhre dringen. Es bedurfte großer Konzentration, die Worte zu verstehen. Travis hob den Blick und sah die Lautsprecher, die in drei Metern Höhe unter dem Dachvorsprung des Gebäudes angebracht waren. Vermutlich waren sie an Sonnenkollektoren auf dem Dach angeschlossen. Die Aufnahme selbst musste auf irgendeinem Festmedium gespeichert sein, einem USB -Stick vielleicht. Möglich, dass das gesamte System außer den durch die Kabel geleiteten Elektronen und vibrierenden Membranen der Lautsprecher keinerlei bewegliche Teile aufwies. Dennoch war es erstaunlich, dass es noch funktionierte, selbst an einem Ort wie Yuma.
Travis sah, dass auch Paige und Bethany angestrengt lauschten, um die Durchsage zu verstehen. Die, wie er bald erkannte, etwa alle zwanzig Sekunden wiederholt wurde. Beim vierten Durchlauf hatten sie den Inhalt endlich verstanden:
BITTE HABEN SIE GEDULD . BITTE VERLASSEN SIE NICHT DIE SAMMELSTELLE YUMA . DER BETRIEB DER ERICA-FLÜGE WIRD IN KÜRZE WIEDER AUFGENOMMEN . HALTEN SIE IHR TICKET UND IHREN LICHTBILDAUSWEIS ZUM BOARDING BEREIT . ANKOMMENDE FLÜGE WERDEN FÜR ALLE WEITERHIN WARTENDEN VERPFLEGUNG UND ZUSÄTZLICHE WASSERFILTER AN BORD HABEN . BITTE HABEN SIE GEDULD …
Nachdem sie sich die Durchsage ein weiteres Mal angehört hatten, war Travis überzeugt, alles zweifelsfrei verstanden zu haben.
«Erica-Flüge», sagte Paige und sah Bethany an. «Ob die wohl so was Ähnliches sind wie die Janet-Flüge von Las Vegas aus?»
«Derselbe Gedanke ist mir auch gekommen», sagte Bethany.
Travis blickte zwischen ihnen hin und her. «Tut einfach so, als wüsste ich nicht, wovon ihr da eigentlich redet.»
«Die Janet-Flüge», belehrte ihn Paige, «sind so etwas wie eine private Fluglinie. Sie werden von einem der großen Rüstungskonzerne betrieben. Von welchem genau, ist mir gerade entfallen.»
«Von EG &G», sagte Bethany.
Paige nickte. «Sie fliegen vom McCarran Airport in Las Vegas aus Landepisten auf dem Nationalen Sicherheits- und Testgelände in Nevada an. Hauptsächlich Groom Lake, da bin ich mir sicher. Im Grunde handelt es sich um Pendlerflüge für Militärangehörige und Zivilangestellte, die da draußen arbeiten.» Sie ließ den Blick über das gleißend helle, leere Flughafengelände schweifen. «Möglicherweise ist das ähnliche Benennungsschema ja ein Fingerzeig. Vielleicht waren diese Erica-Flüge ja auch militärischer Art, oder so etwas Ähnliches zumindest.»
Aus den Lautsprechern über ihnen drangen die letzten Worte der Durchsage, die
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