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Dystopia

Dystopia

Titel: Dystopia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Lee
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später befanden sie sich vor dem Hotel. Die Stille in der Stadt hatte etwas Gespenstisches. Erst aus der Nähe wurde klar, wie hoch sich die Knochenhaufen hier unten tatsächlich türmten.
    Die Lufttemperatur war ungefähr dieselbe wie in der Gegenwart, um die vierzig Grad.
    Sie überquerten den Parkplatz und legten drei Blocks zurück, bis sie sich in einer reinen Wohngegend befanden; verglichen mit dem weitläufig angelegten Geschäfts- und Gewerbeviertel, fühlte es sich einfach sicherer an, zwischen den Häusern zu laufen. Vom Hotel aus hatten sie gesehen, dass sie auf diesem Weg bis zum Flughafen gelangen konnten, wenn sie immer weiter nach Osten liefen und dann am Rand der Wohngegend nach Süden abbogen.
    In allen Häusern, an denen sie vorbeikamen, sahen sie ledrig mumifizierte Leichen. Nach dem ersten Straßenzug schauten sie gar nicht mehr hin.
    Um die Häuser herum lagen überall Knochen verstreut. In manchen Gärten, die dank ihrer Zäune relativ windgeschützt waren, hatten sich teils noch intakte Skelette erhalten. Aus einem Sandkasten ragte halb begraben ein kleiner Schädel samt Brustkorb hervor, umgeben von hell verblichenen Spielzeugtraktoren und Baggern.
    Travis bildete die Nachhut. Er sah sich etwa alle zwanzig Meter um. An freien Stellen, wo sich ein ungehinderter Blick auf das Hotel hinter ihnen bot, spähte er zu den großen Flurfenstern in den oberen Stockwerken empor. Obwohl sich der Himmel gleißend darauf widerspiegelte, hätte er sofort erkennen können, wenn dort jemand gestanden hätte. Bisher hatte er niemanden entdecken können.
    Ihm fiel auf, dass Bethany, die direkt vor ihm ging, seltsam flach und stoßweise atmete; als würde sie nur unter Mühe die Tränen zurückhalten.
    Paige drückte ihr sanft die Schulter. «Du kannst ruhig weinen. Es ist doch keine Schande, wenn einen dieser Anblick erschüttert.»
    «Ich weiß», sagte Bethany.
    Aber sie beherrschte sich trotzdem. Nach einer kurzen Weile hatte sie sich beruhigt und atmete wieder normal.
    An der nächsten Querstraße, bei der sie anlangten, blickten sie nach Süden und sahen in einer halben Meile Entfernung bereits den noch intakten Maschendrahtzaun am nördlichen Rand des Flughafengeländes.
    Sie setzten ihren Weg am nächsten Häuserblock entlang fort und bewegten sich zwischen Gärten hindurch nach Süden. Inzwischen hatte ein leichter Wind eingesetzt, dessen leises Rauschen es schwieriger machte, auf der Hut vor etwaigen verdächtigen Geräuschen zu sein. Zum Ausgleich drehte Travis sich immer wieder um.
    Als sie nur noch hundert Meter von dem Zaun entfernt waren, trat eine kurze Windstille ein.
    Travis hörte etwas.
    Er packte Paige und Bethany an den Armen und riss sie von der Straße in einen schmalen Durchgang zwischen zwei Häusern. Sie zuckten zusammen und starrten ihn fragend an. Er hielt sich einen Finger vor die Lippen.
    Schweigend standen sie da und lauschten.
    Der Wind fuhr leise heulend zwischen den Dächern der Häuser umher.
    Dann trat wieder kurz Stille ein, und sie alle hörten das Geräusch.
    Es drang von Süden her zu ihnen herüber, vielleicht vom Flughafengelände aus.
    Eine Frauenstimme, die in ruhigem Tonfall irgendetwas sagte, was sie nicht verstehen konnten.
     
    Schon nach wenigen Sekunden wurde klar, was sie da hörten. Die Frauenstimme sprach in freundlichem Singsang und hallte merklich wider. Es war eine aufgezeichnete Durchsage, die über eine Lautsprecheranlage auf dem Flughafengelände immer wieder abgespielt wurde.
    Sie horchten mit schräggelegtem Kopf, vermochten aber die genauen Worte nicht zu verstehen.
    Dann setzte erneut der Wind ein, und damit verlor sich auch das Geräusch wieder.
    Sie traten zwischen den Häusern hervor und setzten ihren Weg fort. An der Ecke des letzten Hauses blieben sie stehen, zwanzig Meter vor dem Zaun. Dahinter dehnte sich eine weit offene Fläche, bis zum nächsten Terminal mochten es an die vierhundert Meter sein. Von einem hohen Aussichtspunkt in der Stadt aus wären sie sofort zu sehen. Einen kürzeren Weg aber gab es nicht. Sie müssten eben so schnell wie möglich hinüberlaufen.
    Der Zaun war drei Meter hoch. Einfacher Maschendraht, ohne Stacheldrahtgeflecht am oberen Rand. Zur Abschreckung dienten lediglich Schilder, die alle zehn Meter darauf hinwiesen, dass das Betreten streng verboten war.
    Travis versuchte noch einmal, die Worte der Durchsage zu verstehen. Vergeblich. Sie war noch immer zu weit entfernt, drang aus der Richtung des Terminals

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