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E-Book statt Papierkonserve

E-Book statt Papierkonserve

Titel: E-Book statt Papierkonserve Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlies Michaelis
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anziehen, das Haus verlassen, den Weg bis zum nächsten Supermarkt oder Spätkauf zurücklegen, die richtige Art Milch aussuchen und den Rückweg antreten. Je nach Entfernung des Ladens und der eigenen Geschwindigkeit variieren die zusätzlichen Aufwände. Bis zum nächsten Spätkauf sind es vielleicht nur zehn Minuten zu Fuß – aber dafür ist der Liter Milch dort teurer. Und auf dem Dorf bleibt nur die Fahrt zur nächsten Tankstelle, so dass zum Zeitaufwand und den erhöhten Kosten für den Liter Milch noch die Benzinkosten hinzukommen. Oftmals führen diese Überlegungen dazu, dass es dann am nächsten Morgen Kaffee ohne Milch gibt.
    Genau dasselbe trifft auch auf den Kauf eines Buches zu. Wie häufig liest man eine spannende Rezension und möchte das dort besprochene Buch sogleich kaufen und lesen? Zumal wir es ja mittlerweile gewohnt sind, ziemlich vieles in der bunten Warenwelt sofort zu bekommen – Musikdateien und Videos beispielsweise. Der Vorteil von Versandbuchhandlungen besteht ja gerade darin, dass die zusätzlichen Aufwände wesentlich geringer sind als beim Einkauf in einer Buchhandlung. Dort muss der Kunde doch oftmals erst die Ware bestellen und sie dann am nächsten Tag innerhalb der Öffnungszeiten abholen. Hier macht es uns das E-Book wesentlich einfacher. Die Online-Buchhandlungen haben an sieben Tagen die Woche rund um die Uhr geöffnet. Und nach Anklicken des Kauf-Buttons ist bei vielen E-Book-Readern der neuesten Generation das elektronische Buch schon nach wenigen Momenten heruntergeladen. Einen kleinen Nachteil gibt es zwar: Bevor dieser Service greifen kann, muss sich der Nutzer zunächst ein entsprechendes Gerät anschaffen. Dennoch ist das E-Book klarer Sieger in dieser Disziplin.
    Bei meinem letzten Vergleichspunkt, dem Preis , ist das Ergebnis dagegen ein Unentschieden. Zwar sind E-Books meist ein paar Euro günstiger als das gedruckte Pendant, aber dafür benötigt man für die elektronische Version auch ein Trägergerät. Und das kostet ebenfalls Geld. Ein separater E-Book-Reader ist derzeit ab 59 Euro erhältlich, Geräte anderer Hersteller kosten beispielsweise 99 Euro oder 149 Euro, manche auch noch etwas mehr. Wenn ich von einer Ersparnis pro E-Book von 3 Euro und einem durchschnittlichen Buchkonsum von zehn E-Books pro Jahr ausgehe, dann hat sich das günstigste Gerät nach zwei Jahren und das zweitgünstigste Gerät nach etwas mehr als drei Jahren amortisiert. Hinzu kommt, dass es zahlreiche E-Books kostenlos gibt. Denn bei Werken, deren Autoren seit über 70 Jahren tot sind, erlöschen die Urheberrechte.
    Das Ergebnis des Zehnkampfs zwischen E-Book und gedrucktem Buch steht damit fest: Mit sechs zu zwei gewinnt das E-Book, zwei Disziplinen endeten mit einem Unentschieden. Das E-Book hat einen größeren individuellen Nutzen für die Leserinnen und Leser als das herkömmliche Buch. Nun können die Fans des gedruckten Buches einwenden, dass ihnen die Haptik wichtiger ist als alles andere und daher das papierne Buch doch der Gewinner ist. Ein anderer Einwand scheint mir aber wesentlich schwerwiegender zu sein: Das Buch ist nicht einfach nur ein Gegenstand, über den wir tagtäglich Wissen und Geschichten aufnehmen. Es ist zudem ein ganz eigenes Medium, das sich über Jahrtausende mit bestimmten Eigenschaften entwickelt hat – ein uraltes Medium, das sich nun anschickt, den digitalen Raum zu betreten und sich zu den Online-Medien zu gesellen. Es geht also nicht nur um individuelle Vorlieben bei der Lektüre und die Frage, welches Buchformat mehr kann. Es geht auch um die Frage, welche zentralen Eigenschaften das Medium Buch im Laufe der Zeit erworben hat und ob das E-Book diese zentralen Eigenschaften ebenfalls aufweist.
    Es ist Zeit für einen Blick zurück. Wie sind wir Menschen dazu gekommen, lesen und schreiben zu können und wie selbstverständlich gedruckte Bücher zu besitzen und zu benutzen? Was für schriftliche Ausdrucksformen gab es vor den Buchstaben des Alphabets? In den nächsten Kapiteln werde ich anhand der Entwicklungsgeschichte von Schrift und Buch wesentliche Aspekte des Mediums Buch erörtern. Vor diesem Hintergrund werde ich dann am Ende des Buches erneut die Frage stellen, welchen Nutzen das E-Book hat – diesmal nicht individuell, sondern kulturell gesehen.
    Zunächst einmal also der Blick zurück, um später dann den Blick nach vorn zu wagen. Wir betrachten die Entwicklung hin zum Medium Buch mit ihren verschiedenen Stationen: Zuerst entstand die

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