e-Motion
geschrieben hat? Ich fürchte, irgendwo unter dem weiten Sternenhimmel hat sich sein Gehirn verloren. Lou, dieser Monat hier wird sehr, sehr ungesunde Folgen für mich haben. Ich werde durchhalten, aber … schick mir Bagels, schick Kaffee. Schick mir jemanden, der nicht von mir wissen will, was ich von Andy Gibb, den Bee Gees und Seelenverwandtschaften halte. Lou … du hast mir immer gesagt, dass man in diesem Geschäft auf meinen Bauch vertrauen kann wie auf sonst nichts. Nun, mein Bauch sagt mir, dass Roland Riggs einen Teil seines Verstandes in einem Gemüsegarten in Maine zurückgelassen hat.
Ich langweile mich zu Tode.
Seine Haushälterin versucht, mich umzubringen.
Ernsthaft.
Ich schwör’s dir.
Selbst dich vermisse ich
,
Cassie
7. KAPITEL
I ch klickte auf Senden, und meine E-Mail machte sich auf den Weg durch das Netz zu Lous Computer, wo sie bis zum nächsten Morgen liegen würde. Lou ist keine Nachteule. Seit er mit dem Fischen angefangen hat, ist er einer von den Verrückten, die bei Sonnenaufgang aus dem Bett springen und mit der Angel in der Hand schon zwei Stunden am Ufer sitzen, bevor bei den meisten Menschen der Wecker überhaupt geklingelt hat. Soweit ich weiß, hat es damit zu tun, dass er seit Helens Tod nicht mehr schlafen kann. Er döst ein bisschen vor dem Fernseher, aber eigentlich wartet er sehnsüchtig auf die ersten Sonnenstrahlen, auf den Moment, wo er seiner Wohnung entfliehen und sich an den Strand setzen kann, um nicht daran erinnert zu werden, dass sich die Nächte endlos hinziehen und er niemanden hat, mit dem er sie teilen konnte.
In regelmäßigen Abständen kommt immer mal wieder eine der Frauen im Verlag auf die brillante Idee, mit Lou auszugehen. Frappierend, was für absurde Fantasien manche Menschen haben. Neben der langen Liste von Lous eigentümlichen Charaktereigenschaften, alles andere als traumschifftauglichen Qualitäten – kein Witz, er isst sein chinesisches Menü vom Vortag aus der Plastikbox zum Frühstück und läuft ohne Schuhe durchs Büro (und Lous Füße sind hässlich!), er rülpst laut genug, dass es die Toten zum Leben erwecken könnte, wenn er sein Bier zu schnell trinkt – gab es da die nicht ganz unbedeutende Tatsache, dass er noch meilenweit davon entfernt war, sich auf jemand Neues einzulassen. Und ich bezweifle, dass sich das jemals ändert.
BIST DU DA?
Den Blick abwesend auf die Tastatur gerichtet, wurden meine Gedanken an Lou und Helen von einer neuen Mail jäh unterbrochen. Etwa vor einem Jahr hatte Michael die super Idee gehabt, wir sollten unsere Computer doch an ein Direktmailsystem anschließen, so dass wir uns quasi parallel und in Echtzeit an Tagen, an denen wir uns beide langweilten, miteinander verständigen konnten, aber ich hatte ja schon keine Lust, ans Telefon zu gehen, geschweige denn, mich dank der technischen Errungenschaften noch verfügbarer zu machen.
Ja.
Hast du dich schon in ihn verliebt?
In wen?
In den mysteriösen Autor.
Nein, ich habe mich noch nicht in ihn verliebt, und ich werde mich auch nicht in ihn verlieben.
Ich drückte die Returntaste, und meine Nachricht sauste nach London. Kein Funken zwischen Roland Riggs und mir. Das war mir so klar wie die Tatsache, dass ich nach dem Abendessen die ganze Nacht über würde aufstoßen müssen. Ich nahm zwei Magentabletten und steckte sie mir in den Mund.
Gut. Dann gibt es Hoffnung für mich. Cassie … du weißt, dass ich dich nur mit Worten verführen kann. Dieser andauernde, langsame Tanz, den wir seit Jahren miteinander vollführen. Wie wir uns in einem Tango der Worte drehen. Ein Wiegeschritt hier, eine Kehrtwendung auf dem Absatz da. Ich ziehe dich eng an mich, bis wir die Klänge Herz an Herz beide gleichzeitig hören können.
Was war ich doch als Teenager für ein dämlicher Idiot; ich habe mich damals genauso dumm angestellt wie wahrscheinlich jeder verknallte Junge, der das erste Mal hinter einem Mädchen her ist – völlig bescheuerte Annäherungsversuche. Hilfloses Gesabbel …
Er hörte auf zu schreiben.
Streich den Satzanfang. HILFLOSES GEGRABBEL, ein scheuer Kuss auf der Straße, bevor ich mich vor ihrer Tür von ihr verabschiedete. Ich wurde älter, aber, um ehrlich zu sein, meine Verführungskünste blieben mittelmäßig. Sicher, mit der Zeit konnte ich besser Tango tanzen. Ich lernte viel über Rhythmus und die richtigen Schrittkombinationen, mit denen man sich bis zum atemlosen Ende durch den Tanz manövrierte, aber selbst das entsprach
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