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auch schon helfen, etwas wenigstens. Ich könnte dich sonst auch besuchen kommen und dich ein bisschen aufmuntern. Wir machen Party am Strand und vergessen den ganzen Mist für ‘ne Weile.“
Ich atmete tief durch. Vor meinem inneren Auge tauchten Bilder auf, die allesamt um Johnnys schier grenzenlose Manneskraft kreisten. „Nein, ich halte das für keine überzeugende Idee. Ich würde mit dir ins Bett gehen. In Erinnerung an die gute alte Zeit … wie es immer so ist. Wir konnten einander noch nie widerstehen. Und ich denke, das sollten wir nicht riskieren.“
„Weh tät’s aber auch nicht.“ Ich konnte mir genau vorstellen, mit welchem schiefen Grinsen er das sagte. Zweimal nach unserer Scheidung sind wir uns in Manhattan in irgendwelchen Bars über den Weg gelaufen. Die Jahre der Trennung konnten der erotischen Spannung zwischen uns einfach nichts anhaben, und beide Male sind wir in meine Wohnung gerast und haben gevögelt. Wir schliefen nicht einfach miteinander. Wie trieben es fünf oder sechs Mal in jeder Nacht, wild und mit jeder Faser unseres Körpers bei der Sache. Aber beide Male wachte ich am nächsten Morgen auf, rollte mich zur Seite und dachte, dass wir einen Fehler gemacht hatten. Darauf drehte sich Johnny dann zu mir und grinste, aber ich wusste, dass er das gleiche dachte.
Ich lachte laut auf. „Vermutlich nicht, nein … Johnny, darf ich dich was fragen?“
„Na klar, Cassie X. Schieß los.“ Cassie X war mein Spitzname, wobei ich das „X“ dem Umstand zu verdanken habe, dass mein zweiter Vorname Xavria ist.
„Johnny, war ich wirklich eine schreckliche Ehefrau?“
„Schrecklich? Keine Ahnung. Du kochst so schlecht, dass es noch nicht mal einen Quickie wert wäre, du weigerst dich zu putzen. Du bist launisch, anstrengend, du trinkst zu viel, und Gott steh dem Mann bei, der es wagt, dich vor deinem ersten Kaffee anzusprechen. Du rauchst zu viel …“
„Ich hab aufgehört zu rauchen.“
„Ups, na dann aber hundert Punkte für die Kandidatin. Nein … du warst keine schreckliche Ehefrau. Du hast mich immer zum Lachen gebracht. Du hast nicht mit Tellern nach mir geworfen. Und wir hatten geilen Sex, Cass. Die ganze Zeit über. Der ist noch immer ungeschlagen.“
„Jetzt aber mal halblang. Ab und zu lese ich auch die Klatschspalten. Und da stand, dass du gleich mit zwei Supermodels eine Affäre hattest.“
„Ich hab das fünfte gerade abserviert.“
„Siehst du.“
„Aber ich habe sie nicht geliebt, Cass.“
„Tut mir Leid, dass ich es versaut habe.“
„Das hast du nicht. Wir brannten lichterloh, konnten nicht richtig mit-, und nicht richtig ohneeinander. Bis zu der Sache, wo …“
Es folgte eine lange Pause, in der er seine Gedanken zu sortieren schien und überlegte, wie er es – was auch immer
es
war – ausdrücken sollte.
„Sag es einfach, Johnny.“
„Es war damals, als du deine Erkältung hattest. Weißt du das noch? Da ist es passiert. Das hat mir das Herz gebrochen.“
Es folgte eine weitere Pause, und ich überlegte krampfhaft, was zum Teufel er meinte.
Die Erkältung. Es hatte mich an einem Freitag erwischt. Ich wollte eigentlich noch im Büro bleiben, aber Lou hat mich nach Hause geschickt.
„Um Himmels willen, Cassie, du siehst so Furcht erregend aus, dass sich heute Morgen schon eine Lektoratsassistentin verabschiedet hat. Fahr nach Hause. Fahr endlich nach Hause! Du bist weiß wie ein Laken.“
Ich sah kurz von meinem Schreibtisch auf. „Kann nicht. Muss mich noch durch ein Exposé durchkämpfen.“
„Nein. Das kann warten. Hau ab hier. Du steckst uns noch alle an. Und wenn ich diese verfickte Hongkong-Grippe kriege, dann verspreche ich dir, dass ich Saiten aufziehe, die du dir mit deinem unverbrauchten jungen Gehirn noch nicht einmal vorstellen kannst.“
Ich versuchte schwach zu lächeln. „Da bin ich aber gespannt.“
Am Ende wurde es jedoch so schlimm, dass ich fast schon Wahnvorstellungen hatte und wirres Zeug redete. Als ich das Auto vor Johnnys und meiner Wohnung parkte, wusste ich, dass ich hohes Fieber hatte. Oben angekommen und in meinen Bademantel gehüllt, konnte ich dem Quecksilber im Thermometer förmlich dabei zusehen, wie es auf 39,6 Grad kletterte. Ich legte mich ins Bett. Ich schlief, ich stöhnte, ich jammerte. Das brachte mich aber keinen Schritt bei der Überlegung weiter, worüber Johnny Dillinger eigentlich redete. Was mochte ihm dabei das Herz gebrochen haben?
„Okay, Johnny. Ich erinnere mich an die Grippe. Es
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