Earth Girl. Die Prüfung
es sich vermutlich um loses Geröll handelte, aber bei anderen hatte ich keinen blassen Schimmer. «Ich bin mir sicher, Sir.»
«In Ordnung», willigte Playdon ein. «Jarra ist Tagger. Fian, Sie sind an ihrer Rettungsleine. Falls Sie sehen, dass sich irgendwo in ihrer Nähe der Schutt bewegt, warten Sie nicht ab, stellen Sie keine Fragen, ziehen Sie sie einfach raus!»
«Ja, Sir!» Fian hatte sich offensichtlich meinen Militärstil angewöhnt.
«Jarra, stellen Sie Ihr Kommsystem so ein, dass Sie auf dem Notfallkanal sprechen.» Playdon reichte mir die Markierungspistole. «Werfen Sie einen Blick auf die Sensoren, bevor Sie anfangen. Am besten, Sie ignorieren alles außer den Signalen der verschütteten Schutzanzüge und den wichtigsten Orientierungspunkten.»
Ich sah auf den Monitor. Die Positionen der verschollenen Mitglieder von Cassandra 2 waren durch grüne Punkte markiert. Ich versuchte, mir diese im Verhältnis zu dem riesigen Betonbrocken in der Nähe einzuprägen. Es gab zwei Gruppen von je drei Leuten und vier Einzelpunkte. Einer der Einzelnen musste diesem Betonklotz nur knapp entkommen sein. Schutzanzüge können zwar eine Menge abpuffern, doch auch sie haben ihre Grenzen.
«Fertig.» Ich schwebte aufs Geröllfeld hinaus.
Es gibt ein altes Kinderspiel aus prähistorischen Zeiten. Man hat einen Haufen Holzstäbchen vor sich und muss eines davon aus der Mitte herausziehen, ohne dass die anderen sich bewegen. Tagging war ganz ähnlich. Ich musste Gesteinsbrocken markieren, die sich dann von den Hebeteams wegräumen ließen, ohne dass dabei andere Felsen herunterfallen durften. Bei instabilen Haufen wie diesen konnte es zu einem gefährlichen Erdrutsch führen, wenn ich einen Fehler machte. Außerdem lagen unter diesem ganzen Schutt Menschen vergraben, die durch meine Fehler sterben konnten. Wenn ich nichts tat, würde ihre Zeit aber auch ablaufen. Gar nicht stressig. Überhaupt nicht stressig.
Als Erstes gab ich mir ein paar Minuten Zeit, um entscheiden zu können, wo ich anfangen sollte. Dann ging ich es langsam an, indem ich ein paar freistehende Brocken markierte, die eher keine Auswirkung auf andere haben würden. An einigen Stellen sackte der Schutt immer noch in sich zusammen, deshalb wollte ich, dass sich alles erst so weit wie möglich beruhigte, ehe ich irgendetwas Drastisches unternahm.
Dann zog ich mich an den Rand zurück. «Lifter an die Arbeit! Ich will, dass der Schutt in Richtung Sensor 3 weggeschafft wird. Ihr könnt ihn in der Kuhle dort abwerfen.»
Es war seltsam peinlich, mich selbst über den Notfallkanal zu hören. Ich stellte mir vor, wie Erde 19 zuhörte, und hoffte inbrünstig, dass ich nichts entsetzlich Dummes machte, bevor sie ankamen, um zu helfen. Ich hätte wetten können, dass ihr Teamleiter sich auf die Zunge biss, um uns nicht zu befehlen, einfach abzuwarten und nichts zu tun. Das hätte ich wirklich gerne gemacht, aber das Cassandra-Team lag tief verschüttet und über mein ganzes Arbeitsgebiet verteilt. Den Mitgliedern von Erde 19 würden nach ihrer Ankunft nur etwa vierzig Minuten bleiben. Egal wie erfahren sie waren, diese Zeit würde ihnen nicht reichen, um alle auszugraben.
Amalie und Krath begannen mit Hilfe der Traktorstrahlen die Betonklötze aus dem Weg zu räumen. Die ersten beiden Brocken bewegten sich furchtbar langsam. Offensichtlich waren auch die Hebearbeiter nervös, doch bei den nächsten ging es dann schneller.
Damit waren die einfachen erledigt. Jetzt wurde es schwierig. Ich beschloss, gegenüber von einer Senke im Schutt anzufangen und eine horizontale Schicht quer über den Verunglückten abzutragen. Es ist immer sicherer, ein ebenes Arbeitsfeld zu haben, vor allem in einer Situation wie dieser. Die verschütteten Schutzanzüge waren schon bis aufs äußerste beansprucht. Ein Erdrutsch obendrauf könnte fatale Folgen haben.
Sobald ich eine gleichmäßige Fläche geschaffen hatte, konnte ich in die Tiefe gehen, Schicht für Schicht. Ich markierte zwei weitere Felsen, die von den Liftern abtransportiert wurden. Als ich gerade einen Marker auf den dritten setzte, ließ mich Playdons Stimme innehalten.
«Jarra, ich kann mich täuschen, aber dieser große Felsen dort macht mir Sorgen. Der daneben ist genauso groß, und sie lehnen aneinander. Darunter befindet sich ein Hohlraum. Wenn Sie den einen bewegen, wird der andere fallen.»
Ich sah mir den Felsen noch mal an und auch den gleich großen Brocken daneben. «Wir müssen ihn aber
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