_ebook - GER_ - Francesca Shaw - Allerliebste
müssen mir verzeihen“, erwiderte er glatt. „Ich erinnerte mich an den Riss im Ärmel, aber leider nicht an Sie. Wenn ich es recht überlege, meine ich jedoch, dass Sie einen Hut und einen Mantel trugen, nicht wahr?“
„Ich hatte beides im Wald abgelegt, als Ihre Männer mich überfielen.“
„Zweifellos nur deshalb, um leichter meine Fasane fangen zu können“, erwiderte Marcus trocken.
„Ich habe Ihnen bereits gesagt, dass ich nicht wusste, dass sie Ihr Eigentum sind.
Natürlich habe ich sie nicht gefangen. Ich … ich habe sie auf dem Weg gefunden.“ Antonia hatte nicht die Absicht, die beiden Jungen zu verraten.
„Ts, ts, Miss Dane“, sagte Marcus tadelnd. „Sie sind eine schlechte Lügnerin. Hören Sie auf, mir etwas vormachen zu wollen. Ich glaube, Sie haben die Vögel nicht gefangen und sie auch nicht auf dem Weg gefunden. Beschreiben Sie mir den Übeltäter, von dem Sie sie bekommen haben, Madam, denn Sie tun sich keinen Gefallen, wenn Sie ihn vor mir schützen.“
„Lügnerin? Wie können Sie es wagen, Sir! Es ist mir vollkommen gleich, wie ich vor Ihnen dastehe. Wenn ich Ausflüchte machte, dann einfach nur, weil ich nicht die Absicht habe, einen Ihrer unglücklichen Pächter, der zum Wildern gezwungen ist, um leben zu können, Ihrem Zorn auszuliefern!“ Vor Wut bebend setzte Antonia sich straff auf.
„Meine Pächter hungern nicht, Miss Dane.“ Marcus ging zu ihr. Als er die Hände auf die Armlehnen des Sessels stützte, musste sie sich zwingen, nicht vor seinem kalten Blick zurückzuweichen. „Bevor Sie mir Vorträge über meine Pächter halten, sollten Sie, Madam, sobald Sie in Ihrem geerbten Haus sind, sich darin umschauen und den Zustand zur Kenntnis nehmen, in dem Ihr verblichener Vater seine Angestellten und Pächter zurückgelassen hat.“
Rasch neigte Marcus sich vor und drückte Miss Dane einen harten, besitzergreifenden, sinnlichen Kuss auf den Mund. Sie war im Moment viel zu verdutzt, um sich zu wehren. Dann zuckte sie zurück und gab Seiner Lordschaft eine schallende Ohrfeige.
Er richtete sich auf und rieb sich verlegen die Wange. „Ich nehme an, ich habe das verdient, muss jedoch gestehen, Miss Dane, dass Ihre … Verschrobenheit mir den gesunden Menschenverstand geraubt hat.“
Im Nu war sie auf den Beinen. „Das denke ich nicht, Sir! Ich glaube, Ihre ungeheure Arroganz bringt Sie dazu zu glauben, Sie könnten sich nehmen, was Sie wollen!
Machen Sie sich nicht die Mühe, dem Butler zu läuten, Mylord. Ich finde den Weg.“ Sie hatte die Hand schon auf der Türklinke, als Marcus leise sagte: „Miss Dane.“ Sie ärgerte sich, weil sie sich umdrehte. „Ja?“
„Füttern Sie Ihre Pächter, Miss Dane, dann müssen sie wenigstens nicht mehr mein Eigentum stehlen, um leben zu können.“
KAPITEL 2
Antonia ging durch das schief in den verrosteten Angeln hängende Parktor von Rye End Hall. Die Torhäuser waren leer. Die hübschen kleinen Beete, an die sie sich erinnerte, waren von Unkraut und Gestrüpp überwuchert. Sie eilte die Allee hinunter und dachte sich für Maria eine bereinigte Version ihres Abenteuers aus, in der sie den Kuss nicht erwähnen würde. Miss Donaldson mochte von zierlicher Gestalt und ausgesprochen förmlich sein, würde indes keine Hemmungen haben, nach Brightshill zu gehen und Seiner Lordschaft vorzuhalten, was sie von seinem unerhörten Betragen dachte.
Die Eingangstür des Hauses wurde geöffnet, und Maria kam heraus. Die Angst in ihrer Miene verwandelte sich sogleich in Erleichterung. „Da bist du ja, meine Liebe!
Ich habe soeben überlegt, ob ich dich suchen solle.“ Sie hielt inne, als sie Antonias schrecklich unordentliches Aussehen bemerkte.
„Was hast du gemacht? Du hast Blut im Gesicht. Bist du verletzt? Bist du im Wald gestürzt?“ Sie zog Antonia ins Haus, schob sie durch die Halle und drängte sie zu der im hinteren Teil gelegenen Küche.
„Nein, nein“, versicherte Antonia hastig. „Das ist nicht mein Blut, sondern das von Fasanen. Ich habe ein aufregendes Abenteuer erlebt, Maria, und noch eine Begegnung mit Lord Allington, unserem Ärgernis erregenden Nachbarn, gehabt.“
„Ärgernis erregend, meine Liebe?“
Müde setzte Antonia sich auf eine Bank und schaute sich in der verwahrlosten Küche um. Zumindest hatte Maria bereits den Fußboden gefegt.
„In kaum sechs Monaten kann das Haus doch nicht derart heruntergekommen sein!“ sagte sie erschüttert. „Kein Wunder, dass der Anwalt uns davon abgeraten hat,
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