_ebook - GER_ - Francesca Shaw - Allerliebste
hierher zu reisen. Nun, vielleicht sehen die anderen Räume nicht so schlimm aus.“ Sie bemerkte Marias Miene und fragte betroffen: „Sind sie wirklich so schlimm wie die Küche?“
„Noch war ich nicht in allen Räumen“, antwortete Maria, „aber die, welche ich gesehen habe, sind schmutzig und kaum noch möbliert.“ Antonia atmete tief durch und unterdrückte den Drang zu weinen. Rye End Hall war jetzt ihr Heim, und Maria und sie würden das Beste daraus machen müssen. „Nun, es wird dunkel. Wir werden Kerzen finden, dann Wasser heiß machen und etwas essen müssen, ehe wir schlafen gehen.“
Maria deckte den Tisch mit einem sauberen Tuch und stellte den mitgebrachten Proviant darauf. Dann machte sie Tee und bat Antonia, während man sich stärkte, ihr das nachmittägliche Abenteuer zu erzählen. Selbst die stark veränderte Version, die sie zu hören bekam, genügte, um sie mehrfach zu entsetzten Ausrufen zu veranlassen.
Gesättigt lehnte Antonia sich zurück. „Bis morgen lassen wir hier einfach alles so, wie es ist. Oh, Gott! Da sind Mäuse!“
„Ich wollte es dir nicht gleich erzählen, meine Liebe, aber als ich in die Küche kam, habe ich eine Ratte gesehen.“
„Brrr! Nun, das ist morgen unsere erste Aufgabe. Wir werden einen Rattenfänger und eine große Katze auftreiben müssen. Komm, sehen wir nach, ob wir ein Zimmer finden, in dem wir schlafen können.“
Auf dem erschütternden, im Licht einer brennenden Kerze vorgenommenen Rundgang fand man mehrere schmutzige Zimmer, von denen jedoch nur drei Betten enthielten. Schließlich einigte man sich auf den Raum, der offenbar von der früheren Haushälterin bewohnt gewesen war.
Das Bett war, nachdem man es mit eigener Bettwäsche bezogen hatte, zumindest sauber, wenngleich nicht sonderlich bequem. Selbst der Modergeruch hielt die Damen nicht wach. Sobald sie sich hingelegt hatten, waren sie eingeschlafen.
Am nächsten Morgen saßen sie um sieben Uhr schon in der Küche beim Frühstück und hielten Kriegsrat.
Maria bewunderte die Unternehmungslust der Freundin. In all den Jahren, die sie Antonia jetzt kannte, hatte sie gelernt, deren Tatkraft zu respektieren und die Courage, mit der sie alle Widrigkeiten überwunden hatte. Maria war sicher, dass Antonia auch dieses Haus in Ordnung bringen werde, fand jedoch, diese Last hätte ihr nicht aufgebürdet werden müssen.
„Maria! Maria! Du hast mir überhaupt nicht zugehört! Wir müssen eine Liste der Vorräte machen. Eine von uns beiden muss nach Rybury gehen und sehen, was wir dort kaufen können. Zweifellos wird der junge Jem aus dem Gasthof gegen ein kleines Entgelt bereit sein, uns den Rest der benötigten Sachen aus Berkhamsted zu holen. Außerdem wird er uns gewiss einen Rattenfänger beschaffen. Im Übrigen muss es im Dorf eine Frau geben, die hier sauber machen kann. Wenn möglich, sollten wir zwei Frauen anheuern. Zu viert schaffen wir es vielleicht, dieses Haus wieder in einen bewohnbaren Zustand zu versetzen.“ Das Licht der Frühlingssonne drang schwach durch die vollkommen verschmutzten Fensterscheiben. Maria ging zur Hintertür, machte sie auf und ließ frische Luft und den Geruch feuchten Grases herein. Gleich darauf kam der junge Jem. Er hielt seine Mütze in der Hand und war von der Wichtigkeit seiner Nachricht ganz durchdrungen.
„Guten Morgen! Ich bitte um Entschuldigung, meine Damen, aber meine Mama hat gesagt, ich soll Sie fragen, ob Sie etwas brauchen, das ich Ihnen holen oder ob ich Ihnen sonstwie behilflich sein kann.“
„Gott hat dich geschickt, Jem.“ Antonia strahlte ihn an. „Komm herein und setz dich, bis ich alle Dinge aufgeschrieben habe, die wir benötigen. Und sag mir, ob es im Dorf Frauen gibt, die herkommen und bei uns sauber machen würden.“
„Oh, ja, Madam. Nun, das heißt … hm …“
„Natürlich für einen Wochenlohn“, warf Miss Donaldson ein. „Außerdem brauchen wir einen Rattenfänger.“
„Er heißt Walter Armitage“, erwiderte Jem. „Und wie ist es mit einer Katze, Madam?“
„Es wäre wunderbar, wenn du eine für uns finden könntest. So, hier ist die Liste.
Weißt du noch alles, was wir brauchen?“
„Vorräte, Rattenfänger, Katze, Putzfrauen“, antwortete Jem zuversichtlich. „Und brauchen Sie vielleicht einen Jungen, Madam, der Ihnen als Faktotum dienen kann?“ Er drehte die Mütze zwischen den Händen hin und her und machte eine hoffnungsvolle Miene.
„Ja, den werden wir brauchen“, antwortete Antonia und schaute
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