Echo der Liebe
tiefer Kummer. Seit Julies Tod vor fast fünf Jahren schien Rance nicht mehr ganz am Leben zu sein. Wie eine Marionette erfüllte er seine Pflichten und Aufgaben, mehr aber auch nicht.
Auch Cora vermisste Julie, vielleicht sogar noch mehr als er, denn nichts auf der Welt war schmerzlicher, als das eigene Kind zu begraben. Aber ihren Enkelinnen zuliebe hatte sie sich mit ihrer Trauer abgefunden. Die Mädchen waren erst sechs und zehn Jahre alt. Sie brauchten ihre Großmutter. Natürlich brauchten sie auch Rance, der die beiden auf seine eigene, zerstreute Art liebte. Doch offenbar schaffte er es, die Gefühle für seine beiden Töchter auf Eis zu legen, sobald er auf Geschäftsreisen ging - was sehr häufig der Fall war.
"Es wird eine Buchhandlung" erklärte Cora während die Mädchen in ihren Laden flitzten, um sich auf das Glas mit Süßigkeiten zu stürzen, das auf der Theke stand. Drinnen begrüßten Coras drei Mitarbeiterinnen die beiden Kleinen erfreut. "Die unsere kleine Stadt sehr gut gebrauchen kann."
Äußerst misstrauisch betrachtete Rance den Laden. "Das wird eine Menge Arbeit", stellte er fest. "Außerdem haben unabhängige Buchhandlungen es heutzutage nicht leicht. Die Leute kaufen doch am liebsten in diesen riesigen Buchhandelsketten oder im Internet."
Seine Schwiegermutter ignorierte den Einwand. "Ich habe einen angemessenen Preis bekommen", sagte sie und stemmte die Hände in die Hüften. Dank der vielen Jahre Baton-Twirling war Cora auch mit über sechzig noch sehr schlank. Sie kleidete sich gern auffallend. Heute trug sie schicke Jeans, eine Seidenbluse und eine mit Strass bestickte Weste. Die Haarfarbe wechselte Cora so oft wie ihre Unterwäsche. Im Moment glänzte es kastanienbraun.
"Was ist los, Rance? Du siehst aus wie eine Gewitterwolke, die über den Himmel zieht und kurz davor ist, verdammt viel Regen abzulassen."
Rance seufzte, und einen Moment tat er Cora fast leid.
"Ich wollte fragen, ob Rianna und Maeve für ein paar Tage bei dir bleiben können", sagte er, ohne sie anzusehen. "Ich habe einen wichtigen Termin in San Antonio, im Hauptbüro. Sogar Jesse kommt, woran du erkennst, wie wichtig der Termin ist."
McKettrickCo, der Konzern, der Rances Familie unendlich reich gemacht hatte, stand kurz vor seinem Börsengang. Das führte jedoch zu großen Unstimmigkeiten zwischen den Familienmitgliedern. Wenn sich nun alle in San Antonio trafen, musste es sich wirklich um einen wichtigen Termin handeln. Rances Cousin Jesse interessierte sich bekanntermaßen überhaupt nicht für die Firmengeschäfte. Aber vielleicht wollte er künftig ja doch mehr Verantwortung übernehmen, seit er plante, Cheyenne Bridges zu heiraten, überlegte Cora.
Nach ihrer Meinung wären Rance und sein Cousin Keegan besser beraten, sich Jesses altem Lebensstil anzuschließen - nämlich die monatlichen Schecks aus den Gewinnen einzustreichen und sich einfach des Lebens zu erfreuen.
"Rance", begann Cora vorsichtig, "Rianna hat Samstag Geburtstag. Sie will eine Party feiern. Und Maeve bekommt Montagmorgen ihre Zahnspange, für den Fall, dass du das vergessen hast."
"Dieses Treffen ist wichtig", entgegnete Rance ernst und ein wenig schuldbewusst.
"Rianna und Maeve sind wichtiger", warf Cora ein.
"Aber wir sprechen schließlich auch über ihre Zukunft", wandte Rance mit ruhiger Stimme ein. Weil noch andere Passanten auf der Straße waren, rang er sich ein steifes Lächeln ab.
"Ach komm, das ist doch eine faule Ausrede. Du hast für sie schon mehr als genug Treuhandfonds eingerichtet." Sie beugte sich ein wenig vor, um ihren Standpunkt klarzumachen. "sie brauchen einen Vater."
Wie Cora es vorausgesehen hatte, machte das Rance noch zorniger. "Sie haben einen", brummte er.
"Tatsächlich? Jesse kümmert sich mehr um die beiden als du. Er war es, der letzte Woche zu ihrem Twirling-Auftritt gekommen ist, während du in Hongkong oder Paris oder weiß der Teufel wo warst."
"Müssen wir dieses Gespräch unbedingt auf dem verdammten Gehsteig führen?"
"Jedenfalls werden wir es nicht drinnen führen, wo deine Töchter alles mit anhören können."
Rance warf genervt die Arme in die Luft. "Rianna und Maeve haben kein Problem damit", behauptete er. "Wir können die Geschichte mit der Zahnspange verschieben, und Sierra wird an Riannas Geburtstag eine kleine Party auf der Ranch schmeißen."
Im Gegenzug verschränkte Cora die Arme vor der Brust. Zwar spielte sie ihre Trumpfkarte nicht gern aus, aber genau das war es, was Rance
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