Echo der Liebe
euch."
"Wie willst du die Gewohnheit ablegen, ein McKettrick zu sein?", wunderte sich Rianna.
Rance lachte.
Maeve auch.
Und schließlich - aber vermutlich nur, weil sie gutmütig war, und nicht, weil sie es verstand - lachte Rianna auch.
"Man kann nicht aufhören, ein McKettrick zu sein, Dummerchen", erklärte Maeve ihrer Schwester, während sie umdrehten, um zurückzureiten. "Selbst wenn du heiratest, bleibst du noch immer eine."
"Ich werde nie heiraten", verkündete Rianna mit der Sicherheit einer Siebenjährigen. "Ich will wie Echo werden, wenn ich groß bin. Dann habe ich ein rosa Auto und einen weißen Hund und verkaufe Bilderbücher mit Pferden drin."
Rances Herz zog sich zusammen. Nur zu schnell wären seine Töchter erwachsen, Frauen und keine kleinen Mädchen mehr. Dann würden sie sich Hochzeitskleider aussuchen und in die Flitterwochen fahren. Und natürlich wären sie dann noch immer McKettricks. Doch wie Sierras ältere Schwester Meg würden sie Triple M verlassen und hin und wieder zu Besuch kommen, wenn ihre vollen Terminkalender es zuließen. Sie hätten Ehemänner und Kinder. Und auch wenn das alles richtig und nur natürlich war, machte es Rance in diesem Moment furchtbar traurig.
Die Zeit verging so schnell, sie rann einem durch die Finger wie Sand. Und er tat so, als würden Rianna und Maeve für immer klein bleiben: Ständig nahm er sich vor, nächste Woche oder nächsten Monat mehr Zeit mit ihnen zu verbringen. Doch er musste es sofort tun, jetzt, wo sie klein waren und den Tod ihrer Mutter vermutlich noch nicht wirklich verkraftet hatten.
Als er im Stall die Pferde absattelte, kamen ihm die Mädchen ständig in die Quere. Aber das störte ihn nicht. Hauptsache, sie waren da. Sie waren sieben und zehn. Und noch war er der wichtigste Mann in ihrem Leben.
Danach gingen sie ins Haus und aßen Müsll zu Abend, laut lachend, weil sie wussten, dass Cora einen Anfall bekommen würde, wenn sie davon erfuhr. Der Abend war wunderschön - nur etwas fehlte.
Echo.
Kapitel 16
Am nächsten Morgen beobachtete Rance schweigend, wie seine Töchter feierlich am Grab ihrer Mutter standen. Sie hatten Blumen gepflückt, Pusteblumen und Glockenblumen und zarte rosa Gewächse, die er nicht identifizieren konnte.
Er selbst hatte keine Blumen dabei. Nichts konnte es mit den bunten Sträußchen aufnehmen, die von kleinen, schweißnassen Händen mit der unbefangenen Liebe, zu der nur Kinder fähig waren, vor den Grabstein gelegt wurden.
Nach ein paar Minuten veränderten sich die kleinen Gesichter. Kinder wussten nicht viel über den Tod. Dazu waren sie viel zu lebendig. Maeve und Rianna hüpften davon, um zwischen den Statuen und Grabsteinen anderer, längst vergangener McKettricks zu spielen.
Er blieb allein am Grab. Die Papiere, die er gefaltet in der Hemdtasche trug, schienen sich durch den Stoff in seine Haut zu brennen und noch tiefer bis in sein stolzes Herz hinein. Als die Mädchen gestern Nacht friedlich geschlafen hatten, hatte er endlich die bittere Pille geschluckt, Julies Computer angestellt und die Datei geöffnet, von der er wusste, dass es sie gab. Vielleicht hatte sie gewollt, dass er sie eines Tages fand. Oder sie hatte einfach geglaubt, genug Zeit zu haben, um sie irgendwann zu löschen.
Das spielte jetzt keine Rolle mehr.
Er legte eine Hand auf seine Brusttasche. "Es tut mir leid, Julie", flüsterte er heiser. Ein schneidender Schmerz fuhr durch seinen ganzen Körper und schnürte ihm die Kehle zu.
Er hörte Coras Wagen den gewundenen Weg hinaufrattern. Sah, wie sie ausstieg und auf ihn zukam. Doch er konnte nichts sagen. Konnte nicht einmal mit der kleinsten Bewegung zeigen, dass er ihre Gegenwart bemerkte.
Sie berührte seinen Arm. "Es ist schon gut, Rance", sagte sie sanft.
Stumm und mit Tränen in den Augen schüttelte er den Kopf.
Cora legte einen Strauß aus dem Supermarkt neben die Wildblumen der Mädchen. "Rianna hat angerufen und mir erzählt, dass ihr heute Morgen hier seid. Sie hat auch gesagt, dass du die ganze Nacht in julles Büro am Computer gesessen hast. Vielleicht irre ich mich ja, aber ich schätze, du hast die ganzen E-Malls gefunden."
Immer noch brachte Rance kein Wort heraus.
"Sie hat ihn nicht geliebt, Rance", fuhr Cora fort. "Sie hat nur versucht, deine Aufmerksamkeit zu bekommen. Darum hat sie die Dateien nicht gelöscht."
Endlich gelang es ihm, seine Stimme wiederzufinden. Aber sie klang brüchig, und er hätte sie beinahe selbst nicht erkannt.
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