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Echo Einer Winternacht

Titel: Echo Einer Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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hinüber.
    »On parle français, oui?«
    Was hatte das zu bedeuten? »Ça va«, antwortete Alex und fragte sich, ob er mit seinem bisschen Urlaubsfranzösisch dem gewachsen sein würde, was Hélène ihm sagen wollte. »Mais lentement.«
    »Ich drücke mich einfach aus«, sagte sie auf Französisch. »Ich brauche deinen Rat. Verstehst du?«
    Hélène zitterte. »Ich kann es kaum glauben, dass ich jetzt so etwas auch nur denke. Aber ich will nicht, dass man mir die Schuld daran gibt.« Sie umklammerte seine Hand. »Ich habe Angst, Alex.
    Ich bin die Frau aus der Fremde. Ich bin verdächtig.«
    »Ich glaube nicht.« Er versuchte beruhigend zu klingen, aber seine Worte schienen ohne Wirkung an Hélène abzuprallen. Sie nickte. »Alex, da ist etwas, was nicht gut aussehen wird. Ich werde sehr schlecht dastehen. Ich bin einmal jede Woche allein ausgegangen. David dachte, ich träfe französische Freunde.«
     
    Hélène knüllte das Taschentuch zu einem festen Ball zusammen.
    »Ich habe ihn belogen, Alex. Ich habe ein Verhältnis.«
    »Ah«, sagte Alex. Eigentlich war es zu viel, zu allem anderen, was er an diesem Abend schon erfahren hatte. Und er wollte nicht Hélènes Vertrauter sein. Er hatte sie noch nie gemocht und glaubte nicht, dass sie ihm ihre Geheimnisse anvertrauen sollte.
    »David hatte keine Ahnung. Gott helfe mir, ich wünschte jetzt, ich hätte das nie getan. Ich habe ihn geliebt, weißt du? Aber er brauchte mich so. Und es war schwer. Dann habe ich vor einer Weile eine Frau kennen gelernt, sie war in allem ganz verschieden von David. Ich wollte nicht, dass es sich so entwickeln würde, aber wir wurden ein Liebespaar.«
    »Ah«, sagte Alex wieder. Sein Französisch war nicht gut genug, dass er sie fragen konnte, wie sie, verdammt noch mal, Mondo das antun konnte, wie sie behaupten konnte, einen Mann zu lieben, den sie ständig betrog. Außerdem war es nicht gerade klug, vor einer Polizistin einen Streit anzufangen. Man brauchte keine Fremdsprache zu beherrschen, um Klang der Stimme und Körpersprache zu verstehen. Nicht nur Hélène hatte das Gefühl, in einem Albtraum zu sein. Einer seiner ältesten Freunde war ermordet worden, und seine Witwe gestand, dass sie eine Affäre mit einer Lesbe hatte? Er konnte es nicht fassen. Solche Dinge passierten doch Leuten wie ihm nicht.
    »Ich war heute Abend bei ihr. Wenn die Polizei das herausfindet, werden sie denken, aha, sie hat eine Geliebte, sie müssen also unter einer Decke stecken. Aber das stimmt nicht.
    Jackie war keine Bedrohung für meine Ehe. Ich hatte nicht aufgehört, David zu lieben, nur weil ich mit jemand anderem schlief. Soll ich also die Wahrheit sagen? Oder soll ich nichts sagen und hoffen, dass sie es nicht merken?« Sie wich etwas zurück, so dass sie Alex mit furchtsamem Blick in die Augen sehen konnte. »Ich weiß nicht, was ich tun soll, und ich hab wirklich Angst.«
     
    Alex spürte, wie ihm die Wirklichkeit entglitt. Was wollte sie eigentlich? War das ein groteskes doppeltes Täuschungsmanöver von ihr, mit dem sie versuchte, ihn auf ihre Seite zu ziehen? War sie wirklich so unschuldig, wie er angenommen hatte? Er bemühte sich, die französischen Vokabeln zu finden, um das auszudrücken, was er sagen musste. »Ich weiß nicht, Hélène, ich glaube, ich bin nicht derjenige, den du fragen solltest.«
    »Ich brauche deinen Rat. Du bist doch selbst in dieser Situation gewesen und weißt, wie das ist.«
    Alex holte tief Luft, er wünschte, er wäre irgendwo sonst, nur nicht hier. »Wie steht’s mit deiner Freundin, dieser Jackie? Wird sie für dich lügen?«
    »Sie wird genauso wenig verdächtigt werden wollen wie ich.
    Ja, sie wird lügen.«
    »Wer weiß davon?«
    »Von uns?« Sie zuckte die Achseln. »Niemand, glaube ich.«
    »Aber sicher bist du nicht?«
    »Man kann nie sicher sein.«
    »Dann meine ich, du wirst die Wahrheit sagen müssen. Wenn sie es nämlich später entdecken, wird es viel verdächtiger aussehen.« Alex rieb sich das Gesicht und wandte den Blick ab.
    »Ich kann es nicht glauben, dass wir so reden, kaum dass Mondo tot ist.«
    Hélène wich zurück.
    »Ich weiß, du findest mich wahrscheinlich gefühllos, Alex.
    Aber ich habe den Rest meines Lebens Zeit, den Mann zu beweinen, den ich liebte. Und ich habe ihn geliebt, das kannst du mir glauben. Im Moment will ich aber sichergehen, dass ich nicht die Schuld an etwas zugeschoben bekomme, das nichts mit mir zu tun hat. Ausgerechnet du solltest das doch verstehen

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