Echo Einer Winternacht
sein.
Sie wird sich aufregen, weil sie ihr Baby nicht bei sich hat. Sie werden ihr beistehen müssen.«
Er konnte sich an nichts mehr erinnern außer an einen wichtigen Moment, als er in das durchsichtige Bettchen geblickt und seine Tochter zum ersten Mal vor sich gesehen hatte. »Kann ich sie berühren?«, hatte er ehrfürchtig gefragt. Ihre winzigen Finger sahen so zart aus, die Augen waren geschlossen, Fäden dunklen Haares klebten an ihrem Kopf.
»Geben Sie ihr einen Finger«, hatte die Hebamme ihn angewiesen.
Er hatte vorsichtig die Hand ausgestreckt und die runzlige Haut ihres Handrückens gestreichelt. Ihre winzigen Finger öffneten sich und griffen fest zu. Und schon war Alex ihr verfallen.
Er hatte bei Lynn gesessen, bis sie aufwachte, und erzählte ihr dann von ihrer gemeinsamen wunderbaren Tochter. Blass und erschöpft, hatte Lynn geweint. »Ich weiß, dass wir uns geeinigt hatten, sie Ella zu nennen, aber ich will ihr den Namen Davina geben. Nach Mondo«, sagte sie. Es traf ihn mit aller Macht. Er hatte nicht einmal mehr an Mondo gedacht, seit er im Krankenhaus angekommen war.
»Oh Gott«, sagte er, und die Schuldgefühle verdrängten seine Freude. »Das ist ein guter Gedanke. Oh Lynn, ich weiß nicht, was ich sagen soll. Mein Kopf ist völlig durcheinander.«
»Du solltest nach Hause gehen. Und schlafen.«
»Ich muss Anrufe machen und es den Leuten mitteilen.«
Lynn klopfte ihm leicht auf die Hand. »Das kann warten. Du musst schlafen. Du siehst völlig erschöpft aus.«
Und so war er gegangen und hatte versprochen, später wiederzukommen. Aber er kam nicht weiter als bis zum Eingang des Krankenhauses, wo ihm klar wurde, dass er nicht die Kraft hatte, es bis nach Hause zu schaffen. Noch nicht. Er hatte die Bank gefunden, war darauf zusammengesunken und fragte sich, wie er die nächsten paar Tage überstehen sollte. Er hatte eine Tochter, aber seine Arme waren leer. Er hatte noch einen Freund verloren und mochte nicht einmal daran denken, was das hieß. Und irgendwie musste er die Kraft finden, Lynn zu unterstützen. Bis jetzt hatte er sich immer treiben lassen im sicheren Wissen, dass Ziggy oder Lynn auf seiner Seite sein würden, wenn es Schwierigkeiten gab.
Zum ersten Mal in seinem Leben als Erwachsener fühlte sich Alex schrecklich allein.
James Lawson hörte die Neuigkeit von David Kerrs Tod, als er am folgenden Morgen zur Arbeit fuhr. Als sie ihre Wirkung getan hatte, konnte er sich ein grimmiges, zufriedenes Lächeln nicht verkneifen. Es stand schon so lange an, und jetzt hatte Barney Maclennans Mörder endlich das bekommen, was er verdiente. Dann kehrten seine Gedanken zu Robin und dem Motiv zurück, das er ihm geliefert hatte, und ihm war nicht mehr so wohl. Er nahm das Autotelefon. Sobald er im Präsidium ankam, ging er in den Raum, wo die ungelösten Fälle untersucht wurden. Zum Glück war Robin Maclennan der Einzige, der schon da war. Er stand an der Kaffeemaschine und wartete, bis das heiße Wasser durch das Kaffeepulver lief und in die Tasse darunter tropfte. Die Maschine war der Vorwand für Lawsons Besuch bei Robin, der zusammenfuhr, als sein Chef plötzlich sagte: »Haben Sie die Neuigkeit schon gehört?«
»Welche Neuigkeit?«
»Davey Kerr ist ermordet worden.« Lawson musterte den Detective Inspector mit schmalen Augen. »Gestern Abend. In seinem Haus.«
Robins Augenbrauen hoben sich. »Im Ernst?«
»Es kam im Radio. Ich habe Glasgow angerufen, um sicherzugehen, dass es unser David Kerr war, und siehe da: Er war’s.«
»Was ist passiert?« Robin wandte sich ab und gab Zucker in eine Tasse.
»Auf den ersten Blick sah es aus wie ein Einbruch, der schief gelaufen ist. Aber dann merkten sie, dass er zwei Stichwunden hatte. Na ja, ein normaler Einbrecher wird, wenn er Panik bekommt, vielleicht einmal zustechen, aber sich dann davonmachen. Dieser hat sich abgesichert, dass Davey Kerr nicht mehr da sein würde, um davon zu erzählen.«
»Was meinen Sie also damit?«, fragte Robin und nahm sich eine Tasse Kaffee.
»Nicht ich meine das, sondern die Polizei von Strathclyde. Sie untersuchen andere Möglichkeiten. So haben sie sich ausgedrückt.« Lawson wartete, aber Robin sagte nichts. »Wo waren Sie gestern Abend, Robin?«
Robin blitzte Lawson zornig an. »Was soll denn das heißen?«
»Beruhigen Sie sich, Mann. Ich beschuldige Sie nicht. Aber machen wir uns doch nichts vor, wenn irgendjemand ein Motiv hat, Davey Kerr zu ermorden, dann sind Sie es. Also, ich
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