Echo Einer Winternacht
aller Beweise kommen.
In zwei kurzen Monaten, gebe Gott, würde sie das Kind zur Welt bringen, das sie sich beide schon so lange wünschten.
Eigentlich hatten sie mit der Gründung einer Familie nur warten wollen, bis sie sich häuslich niedergelassen hatten, aber dann fing es an so auszusehen, als hätten sie es zu lange aufgeschoben. Drei Jahre hatten sie es versucht und bereits einen Termin in der Reproduktionsklinik gemacht, als Lynn plötzlich schwanger wurde. Es war wie ein erster neuer Anfang nach fünfundzwanzig Jahren.
Alex wandte sich vom Fenster ab. Sein Leben würde sich ändern. Und wenn er eine bewusste Anstrengung machte, konnte er vielleicht den Würgegriff der Vergangenheit lockern.
Heute Abend würde er anfangen. Er würde einen Tisch im Restaurant auf dem Dach des Museum of Scotland reservieren lassen und Lynn zu einem schönen Essen ausführen, statt zu Hause zu sitzen und zu grübeln.
Als er nach dem Telefon greifen wollte, klingelte es.
Erschrocken starrte Alex es einen Moment blöde an, bevor er abnahm. »Hier Alex Gilbey.«
Es dauerte eine Weile, bis er die Stimme am anderen Ende einordnen konnte. Es war kein Fremder, nur jemand, von dem er nicht gerade jeden Nachmittag einen Anruf erwartet hätte, und schon gar nicht heute. »Alex, hier ist Paul. Paul Martin.«
Wegen der hörbaren Aufregung des Sprechers war es noch schwerer, die Stimme zu erkennen.
Paul. Ziggys Paul. Ein Teilchenphysiker, was immer das sein mochte, der wie ein Fußballer gebaut war. Der Mann, der die letzten zehn Jahre ein Strahlen auf Ziggys Gesicht gezaubert hatte. »Hi, Paul. Das ist aber eine Überraschung.«
»Alex, ich weiß nicht, wie ich es sagen soll …« Pauls Stimme stockte. »Ich habe schlechte Nachrichten.«
»Ziggy?«
»Er ist tot, Alex. Ziggy ist tot.«
Alex hätte fast den Hörer geschüttelt, als meine er, ein technischer Defekt habe dazu geführt, dass er Pauls Worte missverstand. »Nein«, sagte er. »Nein, das muss ein Irrtum sein.«
»Ich wünschte, es wäre so«, sagte Paul. »Es ist kein Irrtum, Alex. Das Haus, es ist in der Nacht abgebrannt. Völlig ausgebrannt. Mein Ziggy … er ist tot.«
Alex starrte an die Wand und sah nichts. Ziggy spielte Gitarre, ein sinnloses Summen in seinem Kopf. Aber jetzt spielte er nicht mehr.
21
bwohl James Lawson schon Stunden damit verbracht hatte, Datum
O
und Unterschrift mechanisch auf
verschiedene Papiere zu setzen, war es ihm gelungen, die Bedeutung dieses Tages völlig zu verdrängen. Dann bekam er eine Anfrage von DC Parhatka in die Hand, der um die Genehmigung für einen DNA-Test bei einem Verdächtigen im Rahmen seiner Ermittlung bat. Erst das Datum kombiniert mit dem Team für ungelöste Fälle ließ es in seinem Kopf klicken.
Jetzt konnte er das Wissen nicht mehr verdrängen, dass heute Rosie Duffs fünfundzwanzigster Todestag war.
Er fragte sich, wie Graham Macfadyen damit umging, und in Erinnerung an das peinliche Gespräch rutschte Lawson unbehaglich auf seinem Stuhl herum. Zuerst hatte er ihm nicht geglaubt. Während der Untersuchungen zu Rosies Tod war niemals ein Kind erwähnt worden. Weder Freunde noch die Familie hatten auch nur die leiseste Andeutung eines solchen Geheimnisses gemacht. Aber Macfadyen behauptete dies unbeirrt.
»Sie müssen doch gewusst haben, dass sie ein Kind hatte«, beharrte er. »Bestimmt hat doch der Pathologe dies bei der Obduktion festgestellt?«
Lawson stand sofort die schwankende Gestalt von Dr. Kenneth Fraser vor Augen. Er war zur Zeit des Mordes schon halb in Pension gewesen und roch im Allgemeinen eher nach Whisky als nach Formaldehyd. Die meiste Arbeit, die er im Lauf seines langen Arbeitslebens zu tun hatte, war nicht kompliziert gewesen. Er hatte wenig Erfahrung mit Tötungsdelikten, und Lawson erinnerte sich, dass Barney Maclennan sich gefragt hatte, ob sie jemanden damit befassen sollten, der mehr auf dem laufenden Stand der Wissenschaft war. »Es ist nie herausgekommen«, sagte er und vermied jeden weiteren Kommentar.
»Das ist ja unglaublich«, sagte Macfadyen.
»Vielleicht hat die Wunde die Beweislage erschwert.«
»Ich nehme an, das ist möglich«, sagte Macfadyen skeptisch.
»Ich hatte angenommen, dass Sie über mich Bescheid wüssten, mich aber nie hatten finden können. Ich habe immer gewusst, dass ich ein Adoptivkind war«, sagte er. »Aber ich dachte, es wäre meinen Adoptiveltern gegenüber nur fair zu warten, bis sie beide gestorben sind, bevor ich Recherchen zu meiner
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