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Echo Einer Winternacht

Titel: Echo Einer Winternacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Val McDermid
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seinem Gesicht nicht das Geringste entnehmen, was ihn etwas beunruhigte. »Sie schreiben in Ihrem Brief, dass Sie Informationen zum Fall Rosemary Duff hätten?«, begann er vorsichtig.
    »Das stimmt.« Macfadyen beugte sich leicht vor. »Rosie Duff war meine Mutter.«
     
    20
    Dezember 2003
    ie Zeitschaltuhr aus einem Videorekorder, eine Farbdose, ein Viertelliter Benzi
    D
    n, ein paar Teilstücke von
    Elektroleitungen. Nichts Bemerkenswertes, nichts, was nicht in jeder beliebigen Ansammlung von Haushaltskram im Keller oder im Geräteschuppen im Garten zu finden wäre. Eigentlich harmlos.
    Außer wenn diese Dinge auf eine ganz bestimmte Art und Weise zusammengebastelt sind und zu etwas völlig anderem, Barbarischem werden.
    Als die Schaltuhr den eingestellten Zeitpunkt erreichte, entzündete ein Funke zwischen zwei Drähten das Gemisch aus Benzin und Luft. Die Dose explodierte, der Deckel flog nach oben und verspritzte brennendes Benzin auf umherliegendes Altpapier und Holzstücke. Alles lief wie im Lehrbuch ab, perfekt und tödlich.
    Die Flammen fanden neue Nahrung in Rollen alter Teppichböden, halb leeren Farbdosen, dem lackierten Holz eines Dingis, in Fiberglas und Treibstoff für den Außenbordmotor, Gartenmöbeln und Spraydosen, die zu Fackeln und Flammenwerfern wurden, als das Feuer stärker aufflammte. Asche flog hoch in die Luft, als hätte ein Geizhals ein hausgemachtes Feuerwerk gezündet.
    Über allem sammelte sich dichter Rauch. Während das Feuer im Dunkeln weiter dröhnte, zogen die Rauchschwaden durchs Haus, zuerst träge und dann immer schneller. Als Vorreiter kamen unsichtbare, dünne Dunstschleier, die durch die Fußbodenritzen auf der heißen Luftströmung weiter nach oben zogen. Sie reichten aus, um bei dem schlafenden Mann einen unbehaglichen Hustenreiz hervorzurufen, waren aber nicht so beißend, dass er davon aufwachte. Als der Rauch folgte, war er als gespenstischer Nebelschleier im Mondlicht zu sehen, das durch die vorhanglosen Fenster kam. Auch am Geruch wurde er wahrnehmbar und wäre für jeden eine Warnung gewesen, der in der Lage war zu reagieren. Aber der Rauch hatte die Wahrnehmungskraft des schlafenden Mannes schon geschwächt. Hätte ihn jemand an der Schulter gerüttelt, wäre er vielleicht noch aufgewacht und zum Fenster getaumelt, das Rettung versprach. Aber er war nicht mehr in der Lage, sich selbst zu helfen. Im Schlaf sank er in tiefe Bewusstlosigkeit, und bald nach der Bewusstlosigkeit kam der Tod.
    Das Feuer krachte, sprühte Funken und schickte rote und goldene Kometenschweife in den Himmel. Balken ächzten und fielen krachend zu Boden. Es war so spektakulär und schmerzlos, wie ein Mord nur sein kann.
     
    Trotz der Heizungswärme in seinem Büro fröstelte Alex Gilbey.
    Grauer Himmel, graue Schieferziegel, grauer Stein. Der Raureif, der die Dächer auf der anderen Straßenseite überzogen hatte, war den ganzen Tag über kaum weniger geworden. Entweder hatten sie da drüben eine phantastische Isolierung, oder die Temperaturen waren seit der Morgendämmerung des späten Dezembertages nicht über den Gefrierpunkt gestiegen. Er schaute auf die Dundas Street hinunter. Wie Weihnachtsgespenster waberten die Autoabgase des Verkehrs vorbei, der die Straßen zur Stadtmitte noch mehr verstopfte als sonst. Besucher der Stadt, die ihre Weihnachtseinkäufe machen wollten, wussten nicht, dass es in den Wochen vor den Festtagen im Zentrum Edinburghs schwerer war, einen Parkplatz zu finden als ein perfektes Geschenk für ein wählerisches junges Mädchen.
     
    Alex sah wieder zum Himmel hinauf. Bleierne, niedrige Wolken waren die Vorboten von Schnee, auf den sie so dezent hinwiesen wie ein schreiender Werbespot auf den Ausverkauf eines Möbelladens. Seine Laune wurde noch schlechter. Dieses Jahr war er bis jetzt ganz gut zurechtgekommen. Aber wenn es schneite, war es um seine Entschlusskraft geschehen, und er verfiel in seine übliche vorweihnachtliche Schwermut. Und ausgerechnet heute hätte er sich gewünscht, dass es nicht schneite.
    Genau vor fünfundzwanzig Jahren war er über etwas gestolpert, das ihn seit damals jedes Jahr in der Weihnachtszeit in einen Strudel schlimmer Erinnerungen riss. Bei allem guten Willen der Menschen oder, in seinem Fall, der Frauen konnte niemand den Jahrestag von Rosie Duffs Tod aus Alex’ innerem Kalender streichen.
    Er musste wohl, dachte er, der einzige Hersteller von Glückwunschkarten sein, der diese lukrativste Zeit des Jahres hasste. In den Büros

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